Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Die Kollegin Walter-Rosenheimer hat – wie auch die Kollegin Zollner und der Kollege Koob – bereits ausgeführt, dass im sonnenverwöhnten Orlando bei einem sinnlosen, brutalen und selbstzerstörerischen Anschlag 49 Menschen ihr Leben gelassen haben. Aber auch ihre Träume, ihre Sehnsüchte, ihre Lebensplanungen – all das, was sich jeder von uns wünscht, und junge Menschen erst recht – wurden zerstört und zunichtegemacht. Und warum? Aus Hass, vielleicht aus Selbsthass, vielleicht aus Abneigung gegen Schwule, gegen Lesben, Trans und Queere, sicher aber aus Homophobie in seiner widerlichsten Fratze. Aber was geschah nach der Erkenntnis, dass es kein IS-Anschlag war, dass nicht der islamistische Terrorismus dahintersteckte? Eigentlich nichts, weder in der Gesellschaft noch in der Politik. Wo waren denn wie beim Anschlag auf das Magazin Charlie Hebdo die breite Solidarität, die Aufkleber, die Transparente? Ich hätte mir gewünscht, dass es hier in Deutschland ebenfalls Transparente mit der Aufschrift „Je suis gay“ – ich bin schwul, ich bin lesbisch, ich bin queer – gibt.

 

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ich hätte mir Solidaritätsbekundungen gegenüber denjenigen gewünscht, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren auf den Tribünen, denen der Angriff galt. Leider Fehlanzeige! Ich sage: Welch fatales Signal! Wie müssen sich junge Menschen in unserem Land in der Phase der Selbstfindung, die die Kollegin Zollner so treffend dargestellt hat, in der Phase der Pubertät in der Schule, im Sport, in Vereinen und in der Familie fühlen? Die jungen Menschen müssen gerade in dieser Lebensphase wissen – das sage ich an uns gerichtet –: Ihr gehört zu uns, wir sind für euch da. Ich würde fast sagen – biblisch gesprochen –: Fürchtet euch nicht in diesem Land.

 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Beate WalterRosenheimer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

 

Ich bin den Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen außerordentlich dankbar, dass sie das Thema „jung, queer, glücklich“ auf die Agenda gesetzt haben und dabei die gleichen Fragen stellen, die uns bewegen und die wir Sozialdemokraten uns bereits im Frühjahr im Rahmen unseres Dialogforums gestellt haben. Gemeinsam mit Fachleuten sind wir der festen Überzeugung: Wir brauchen in diesem Land ein breites Bündnis gegen Trans- und Homophobie. Wir brauchen Aufklärung statt Angst.

 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Beate WalterRosenheimer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

 

Wir sind der Auffassung, dass sich der Einsatz – der Staatssekretär ist noch anwesend – unseres Bundesministeriums des Innern deutlich verbessern lässt und freuen uns, wenn diesem Hohen Haus endlich ein beratungsfä- higer nationaler Aktionsplan gegen Homophobie vorgelegt wird.

 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

 

Denn so steht es im Koalitionsvertrag, und so, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen wir es, wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten erst recht. Eines wollen wir nicht mehr, nämlich dass junge Menschen, wie der Schüler, der mich jüngst in Berlin besuchte, abends an der Bushaltestelle angepöbelt, beleidigt und genötigt werden. Christian, so heißt der junge Mann, hatte den Mut, Anzeige zu erstatten. Er hatte den Mut, sich zu wehren und Öffentlichkeit herzustellen. Hut ab dafür, sage ich, und Danke.

 

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Wilfried Lorenz [CDU/CSU])

 

Und doch: Wir, das deutsche Parlament, wir, die deutsche Gesellschaft, müssen all diejenigen, die noch nicht den Mut aufbringen konnten, sich zu outen, nicht den Mut aufbringen konnten, Anzeige zu erstatten, weil sie wissen, dass sie auf dem entsprechenden Polizeirevier womöglich auch wieder belächelt werden, dazu ermutigen. Wir müssen ihnen unseren besonderen Schutz angedeihen lassen. Jeder in diesem Land muss wissen: Ein Angriff auf Schwule, auf Lesben, Bi, Trans, Queer ist ein Angriff auf unsere Gesellschaft und unsere Freiheit. Es muss endgültig klar sein: Wir sind hetero, wir sind schwul, wir sind lesbisch, bi, trans, queer, transgender, sexuell in gleicher Orientierung, wir sind Deutschland. Das wünsche ich mir. In diesem Sinne: Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)