Auf Initiative der SPD-Fraktion lud der Sportausschuss im April dieses Jahres zu einem Austausch, wie homosexuellen Sportlerinnen und Sportlern effektiver geholfen werden kann. Das Signal ist eindeutig: Die Abgeordneten wollen einer kleinen, aber gut vernetzten Zielgruppe zeigen, dass sie an ihrer Seite stehen. Sie sind nicht allein.
Mit ihrem Antrag „Förderung eines offenen Umgangs mit Homosexualität im Sport“, den die SPD am 1. Dezember in den Bundestag einbringen wird, will die Fraktion politische Unterstützung der Sportler signalisieren und Maßnahmen aufzeigen, was zu tun ist, um auch in dieser letzten Bastion der Homophobie der Toleranz zu ihrem Recht zu verhelfen. Denn was hat die sexuelle Orientierung mit der Leistung der Sportlerin oder des Sportlers zu tun? Ist es nicht egal, wer wen privat liebt? Es geht um den Sport, um Fairness. Nirgendwo sonst wird dieser Begriff so oft gebraucht wie im Spitzensport – dann muss er auch für das Leben seiner Stars gelten.
Initiativen wenig in den Medien
Die Möglichkeit, sich offen zu seiner sexuellen Identität zu bekennen, ist Ausdruck des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2, Absatz 1 des Grundgesetzes. Niemand darf Furcht vor Diskriminierung haben.
Und es gibt auch zahlreiche Initiativen und Projekte, in denen schwul-lesbische Sportler aktiv werden können, die ihnen eine Art Heimat geben können. Leider nehmen die Medien das nicht in dem Maße auf, wie es sein müsste. Auch Studien zu dem Thema werden immer öfter unternommen. Vereine haben schwul-lesbische Fanclubs, und weltweit werden homosexuelle Wettkämpfe durchgeführt – etwa die Gay Games in San Francisco oder die European Games in Den Haag. Das reicht aber nicht.
Die SPD-Fraktion fordert in einem Maßnahmenbündel die Bundesregierung auf, Betreuungsangebote für Sportler zu schaffen, die ihnen helfen, ihre sexuelle Identität konfliktfrei mit ihrem Beruf zu verbinden.
Sie fordert:
- die Mittel für die Antidiskriminierungsstelle (ADS) des Bundes im Haushalt 2012 um 2,7 auf den von der Großen Koalition avisierten Ansatz von 5,6 Millionen Euro zu erhöhen und durch die ADS zusätzliche Aktivitäten im Bereich der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität zu entfalten;
- die Übertragung von positiven Erfahrungen aus der Anti-Rassismusarbeit des DFB und der Fanprojekte zu fördern und zu diesem Zweck insbesondere Kooperationsvorhaben zwischen Lesben- und Schwulenverbänden sowie Sportvereinen oder Fanprojekten zu unterstützen;
- die Fortbildung von Trainerinnen und Trainern sowie die Entwicklung von Ausbildungskonzepten zur Sensibilisierung für Homosexualität zu fördern. Über den Einsatz an den Bundesleistungszentren hinaus sollten diese Konzepte und Materialien für die Jugendarbeit von Spitzenverbänden und Sportvereinen zur Verfügung gestellt werden;
- eine breit angelegte Kampagne für „Vielfalt“ im Sport anzuregen und zu fördern, die an die erfolgreichen Antirassismus-Kampagnen von DFB und DOSB anknüpft und ebenso stark für die Vorbeugung gegen Homophobie wirbt. Eine Zusammenarbeit mit dem Bündnis für Demokratie und Toleranz oder der Bundeszentrale für politische Bildung wäre hier zu prüfen;
- in Abstimmung mit den Ländern die Bildung eines dezentralen Netzes von Beratungsstellen der Sportverbände zu fördern, an die sich von Diskriminierungen betroffene homosexuelle Sportler und Sportlerinnen wenden können;
- wissenschaftliche Forschung über die Mechanismen von „Homophobie im Sport“ sowie mögliche Gegenstrategien, z. B. im Rahmen der Magnus-Hirschfeld-Stiftung oder des Bundesinstituts für Sportwissenschaft, gezielt zu fördern.
Erst im Zuge eines allgemeinen Wandels der Einstellungen entsteht ein gesellschaftliches Klima, in dem auch Spitzensportlerinnen und Spitzensportler selbstbewusst – auch öffentlich – ihre Homosexualität benennen werden. Aufgrund ihrer Vorbildfunktion sind offen schwule und lesbische Spitzensportlerinnen und Spitzensportler wünschenswert, um den Meinungswandel in der Gesellschaft zu befördern. Sie verdienen Rückendeckung aus Politik und Gesellschaft, wenn sie sich zu diesem Schritt entschließen.
Neben allgemeinen Bildungsbemühungen sind in dieser Frage vor allem Aktivitäten der Sportvereine vor Ort nötig. Viele Vereine sind damit allein überfordert und bedürfen dazu fachlicher Beratung und Unterstützung durch Sportverbände und Behörden von Bund und Land.