Die Tarifautonomie ist ein zentraler Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland. SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil machte am Mittwoch im Bundestag deutlich: Dazu gehört auch die bewährte Tarifeinheit, weil sie eine Zersplitterung des Tarifvertragssystems bisher verhindert und so einer Spaltung von Belegschaften entgegengewirkt hat. Heil: „Tarifautonomie und Tarifeinheit sind sowohl im Interesse der Unternehmerinnen und Unternehmer, der Wirtschaft in Deutschland, als auch der Beschäftigten in diesem Land.“
Bislang besagte der Grundsatz der Tarifeinheit, dass in Unternehmen normalerweise nur ein Tarifvertrag gelten soll. Dieser Grundsatz musste nach zwei Urteilen des Bundesarbeitsgerichts 2010 aufgegeben werden. Allerdings ließ das Bundesarbeitsgericht in seiner Begründung explizit offen, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit hat, die Tarifeinheit gesetzgeberisch zu regeln.
Schwarz-Gelb bleibt untätig
Genau das forderten daraufhin der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände in einer gemeinsamen Initiative. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck boten Kanzlerin Merkel schon im Sommer 2010 an, eine gemeinsame Lösung zu suchen. Im November 2010 gab es eine persönliche Zusage der Kanzlerin, bis Januar 2011 eine Regelung auf den Weg zu bringen.
„Was wir dann erlebt haben, ist typisch Schwarz-Gelb, nämlich die Tatsache, dass Sie im Wesentlichen nur in der Lage sind, sich wechselseitig zu blockieren“, kritisierte Hubertus Heil am Mittwoch im Bundestag. Die SPD habe das Thema erneut auf die Tagesordnung des Parlaments gesetzt, „weil wir erleben, dass trotz vielfältiger Ankündigungen der Bundeskanzlerin seit 2010 in diesem Bereich nichts passiert ist.“
SPD fordert Gesetzentwurf
Hubertus Heil forderte die Regierung auf, endlich einen Gesetzentwurf vorzulegen und mit den Sozialpartnern abzustimmen. Wenn weiterhin nichts passiere, „werden wir in kürzerer Zeit erleben, dass die Tariflandschaft in Deutschland immer mehr zersplittert, dass kleine wirkungsmächtige Spartengewerkschaften ganze Belegschaften bzw. ganze Betriebe lahmlegen, um ihre speziellen Interessen durchzusetzen.“
Auch die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Anette Kramme, kritisierte, das Geschäftsmodell vieler Spartengewerkschaften beruhe nicht darauf, die Interessen einer gesamten Belegschaft, sondern Einzelinteressen durchzusetzen. Schuld daran seien auch Arbeitgeber. Kramme erinnerte daran, dass Tarifverträge mit Scheingewerkschaften abgeschlossen und dadurch Tarifverträge der DGB-Gewerkschaften verdrängt würden.
Der SPD-Arbeitsmarktexperte Josip Juratovic: „Die Tarifeinheit ist der Kitt für den sozialen Zusammenhalt im Betrieb und in der Gesellschaft.“