Die beschlossenen Maßnahmen des Brüssel-Treffens sind im Wesentlichen:
- Griechenland soll einen Schuldenschnitt von 50 Prozent bekommen. Die privaten Gläubiger erlassen dem maroden Staat die Hälfte seiner Schulden. Das entspricht rund 100 Milliarden Euro. Mit dem Schuldenschnitt bekommt Griechenland die Aussicht, in ein paar Jahren wieder ohne ausländische Finanzhilfen auszukommen.
- Die Banken sollen rekapitalisiert werden. Die Finanzhäuser sollen mehr Geld für Notsituationen zurücklegen. Sie müssen bis Juni 2013 ihre Kernkapitalquote auf neun Prozent erhöhen. Dieses Geld muss immer und sofort verfügbar sein.
- Mithilfe eines finanztechnischen Hebels soll die Schlagkraft der EFSF auf eine Billion Euro erhöht werden, ohne dass die tatsächliche Summe von 440 Milliarden Euro erhöht werden muss. Auf welche Weise das geschieht – zwei Modelle stehen zur Auswahl – sollen nun die Finanzminister prüfen und vorlegen.
- Schließlich hat Italien auf Druck von Deutschland und Frankreich in ein umfangreiches Sparprogramm eingewillt. Denn das Land ist besonders von einem Schuldenberg geplagt.
Insgesamt lobt die SPD-Fraktion die Beschlüsse dieses Gipfels. „Die Nacht hat einiges gebracht, auf dem sich aufbauen lässt“, sagte der SPD-Finanzexperte Joachim Poß. „Die kritisch-konstruktive Diskussion am Morgen im Bundestag hat erheblich dazubeigetragen, diese Beschlüsse zu fassen. Das war sehr nützlich für Brüssel.“ Poß konstatierte, dass er sich nicht vorstellen mag, was wohl passiert wäre, hätte es keine Einigung auf dem Treffen gegeben. Lobenswert ist aus seiner Sicht insbesondere der Schuldenschnitt (Haircut) für Griechenland, den die SPD schon seit Monaten gefordert hatte.
Auch die Rekapitalisierung der Banken empfindet Poß als positiv. Gleichwohl sei der Genesungsprozess für die Eurozone noch nicht beendet. Zwar sei es einerseits sinnvoll, die Schlagkraft der EFSF durch eine Hebelung zu erhöhen, andererseits „ist das aber ein Ritt auf der Rasierklinge“, sagte Poß. Das bleibe auch so. „Da werden noch viele Diskussionen zu führen sein.“
Er vermisst nach eigenen Angaben eine Erwähnung über die Regulierung der Finanzmärkte. „In der Gipfel-Erklärung fehlt dieser Ansatz völlig“, so Poß. Und auch die von der SPD gewünschte Finanztransaktionssteuer werde nur am Rande erwähnt. Das hätte er sich prominenter platziert vorstellen können. „Aber hier bleibt Merkel im Obligo“.
Wendung um 180 Grad
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel begrüßte die Entscheidungen des EU-Gipfels zur Finanzkrise. Es seien in Brüssel wichtige Schritte getan worden, sagte er am Donnerstag im Deutschlandfunk. "Das war in allerletzter Sekunde eine Wendung um 180 Grad". Gabriel mahnte zugleich eine Regulierung des Bankensektors an, um weitere Risiken zu vermeiden. Er sagte zudem, es sei noch nicht sicher, ob die privaten Banken ihre stärkere Einbeziehung in die Rettung Griechenlands auch akzeptieren würden.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sprach von einem guten Signal, um Griechenland zu retten. Sie warf der Bundesregierung aber eine zögerliche Politik vor. "Den Schuldenschnitt zum Beispiel hätte man früher machen müssen, das wäre dann weniger riskant geworden. Das hat Frau Merkel auch aktiv verhindert", sagte Nahles.
Der SPD-Haushälter Carsten Schneider sagte bei "Phoenix", die Beteiligung der privaten Gläubiger bei der Griechenland-Umschuldung von 50 Prozent sei "okay".
Die EU-Staatschefs haben auf ihrem Gipfeltreffen in Brüssel verschiedene Maßnahmen zur Rettung des Euro in die Wege geleitet. Zuvor war die Bundeskanzlerin mit einem Rahmenmandat durch den Bundestag ausgestattet worden, das ihr Verhandlungsspielräume ermöglichte. Die SPD-Fraktion hatte für einen gemeinsam Antrag aller Fraktionen (bis auf die Linke) gestimmt.