Doch die Regierung hat keine Rezepte zur Bewältigung der Wirtschaftskrise, zur Bändigung des Finanzsektors und zur Haushaltskonsolidierung. Stattdessen betreibt sie Flickschusterei, bedient ihre Klientel und verunsichert die Bürger mit ihren unausgegorenen und unbezahlbaren Projekten einer Steuerreform und einer Kopfpauschale.
In der Generaldebatte hat der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Frank-Walter Steinmeier der schwarz-gelben Bundesregierung völlige Unfähigkeit und Schönfärberei bescheinigt. Union und FDP hätten in den ersten 100 Tagen “nicht nur einen Fehlstart” hingelegt, sondern “politisches Totalversagen“ gezeigt, sagte Steinmeier.
Keine Konsolidierungsstrategie
Haushaltskonsolidierung ist trotz entsprechender Beteuerungen des Bundesministers der Finanzen und der Koalition kein vorrangiges Ziel. Der Bundesfinanzminister hat sich geweigert, eine mittelfristige Finanzplanung mit klarer Konsolidierungsstrategie vorzulegen. Zumindest bis zur Wahl in Nordrhein-Westfalen will sich die Regierung wegducken und Grausamkeiten erst danach verkünden. Schwarz-Gelb hat mit 80,2 Milliarden Euro für 2010 die höchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik zu verantworten.
Ein Teil der Nettokreditaufnahme ist durch die Finanz- und Wirtschaftskrise sowie die daraus folgende konjunkturelle Entwicklung bedingt. Die Koalition hat die Neuverschuldung aber bei weitem nicht in dem Umfang abgesenkt, wie es möglich und angesichts der konjunkturellen Entwicklung auch dringend geboten ist. Stattdessen hat sie den Spielraum vorrangig zur Finanzierung von Wahlgeschenken verbraucht, insbesondere für die Begünstigung von Hoteliers und Unternehmen.
Seit der Aufstellung im Dezember haben sich Ausgabensätze beim Arbeitsmarkt, bei den Zinsen sowie bei der Steinkohle nochmals ohne jedes Zutun der Regierung um weitere 5,5 Mrd. Euro vermindert. Die schwarz-gelbe Koalition hat es dennoch gerade einmal geschafft, die Neuverschuldung um diesen Betrag abzusenken. Von Einsparungen kann unter dem Strich also entgegen dem von der Koalition erweckten Anschein keine Rede sein.
Regierungskoalition blockiert Investitionen
Die Koalition hat die Strukturen des Haushaltes gravierend verschlechtert. Zum einen sind die Investitionen um 400 Millionen Euro gekürzt worden, was mit Kofinanzierungen und Drittmitteln einen Nachfrageausfall von rund 1 Milliarde Euro in diesem Schlüsselbereich für die wirtschaftliche Entwicklung bedeutet. Zum anderen sind die Verpflichtungsermächtigungen im Haushaltsgesetz pauschal um etwa 4 Milliarden Euro gekürzt worden. Dadurch können entsprechend längerfristig angelegte Aufträge nicht im vollen Umfang vergeben werden und in Einzelfällen sogar große Projekte durch die unsinnige pauschale Kürzung völlig blockiert werden, weil sie nicht mehr durchfinanziert sind.
Sperrung von Mitteln für die aktive Arbeitsmarktpolitik
Während Minister Westerwelle gegen Arbeitsuchende wettert, hat die Koalition 900 Millionen. Euro für die Arbeitslosen gesperrt, die durch Fortbildungs- und Eingliederungsmaßnahmen gerade versuchen, am Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen. Dies ist ein zynischer Schlag ins Gesicht der Fleißigen. Die Sperre wirkt faktisch wie eine Kürzung, wenn sie nicht bis spätestens Ende April aufgehoben wird. Wer allerdings glaubt, dass sich die Koalition auf die Entsperrung der Mittel so schnell einigen kann, der unterschätzt die koalitionsinternen Grabenkämpfe völlig. Deshalb wird es ab der zweiten Jahreshälfte zu einem drastischen Rückgang bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik kommen. Gerade bei Bildungsmaßnahmen, Lohnkostenzuschüssen, Programmen für Jugendlichen ode beim erfolgreichen Programm 50Plus wird es zu Einschnitten kommen. Damit steigt die Arbeitslosigkeit – der Aufschwung hat so keine Chance. Das Nachsehen haben Regionen, die ganz besonders von Arbeitslosigkeit gebeutelt sind.
Eigenes Sparkonzept der SPD-Bundestagsfraktion
Die SPD hat dagegen ein eigenes Sparkonzept vorgelegt, das die Neuverschuldung auf 77,8 Milliarden Euro absenkt. Dabei sind dennoch auch Schwerpunkte auf der Ausgabenseite gesetzt worden: Für die Entwicklungshilfe haben wir zusätzlich 1,25 Milliarden Euro beantragt, für Maßnahmen der Bildung und Forschung 230 Millionen Euro und zur Entlastung der Gemeinden 400 Millionen Euro (Kosten der Unterkunft).
Unklarer Kurs gefährdet die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands
Der misslungene Sparanlauf der Koalition macht für 2011 und die Folgejahre noch misstrauischer als bisher. Ab 2011 müssen Jahr für Jahr 10 bis 15 Mrd. Euro eingespart werden, um die Regelung der Schuldenbremse und die Vorgaben des Europäischen Stabilitätspaktes einzuhalten sowie die steigenden Zinsausgaben finanzieren zu können. Und nach wie vor verweigert die Koalition den Bürgerinnen und Bürgern jede Auskunft, wie sie diese immense Sparanstrengung erbringen will.
Der völlig unklare Kurs gefährdet die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Die Verunsicherung von Bürgern und Unternehmen lähmt die Wirtschaftskräfte dieses Landes. Gerade große Unternehmen warten ab und beschränken sich auf reine Erhaltungsinvestitionen – eine gefährliche Entwicklung. Mit ihrer völlig unambitionierten Politik gefährdet diese Koalition auch die Stabilität in der Euro-Zone. Die anderen Länder schauen mit Sorge auf den unklaren Kurs Deutschlands.
Unser Land braucht eine handlungsfähige Regierung
In einem Entschließungsantrag haben wir die Bundesregierung nochmals unter anderem aufgefordert:
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Steuersubventionen auf den Prüfstand zu stellen und das unsinnige Mehrwertsteuerprivileg für Hoteliers, das allein 1 Milliarde Euro kostet, zurückzunehmen.
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Die auf 20 Milliarden Euro veranschlagte Einführung eines „Stufentarifs“ in der Einkommenssteuer aufzugeben.
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In der Arbeitsmarktpolitik die Förderung der Menschen, die Arbeit suchen, nicht zu gefährden. Die gesperrten 900 Millionen Euro für die Eingliederung von Arbeitslosen sind sofort freizugeben, damit die Job-Center ihre Angebote jetzt nicht streichen müssen und fortfahren können, Menschen wieder in Arbeit zu bringen.
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Das Projekt einer unsozialen und ungerechten Kopfpauschale zu beerdigen. Die Zusatzbeiträge sind abzuschaffen, die pariätätische Finanzierung ist wieder herzustellen. Die Regierung darf der Explosion der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung nicht tatenlos zusehen, sondern muss endlich insbesondere die steigenden Kosten für Arzneimittel in den Griff bekommen.
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Für die Kommunen ist ein Rettungsschirm zu schaffen, der Städte, Gemeinden und Landkreise wieder so handlungsfähig macht, dass sie ihre örtlichen Aufgaben für die Bürger angemessen erfüllen können.
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In der Finanzmarktpolitik endlich von Betroffenheitsbekundungen zum Handeln zu kommen. Im Rahmen der G20 und in der EU muss die Bundesregierung die Schließung von Steueroasen voranbringen, das international gültige Regelwerk für alle Finanzakteure einschließlich Hedge-Fonds fordern. Sie muss Bonuszahlungen wirksam begrenzen und an den nachhaltigen Unternehmenserfolg binden. Die Bundesregierung muss jetzt endlich die Sonderabgabe für den Finanzsektor auf den Weg bringen. Sie muss die internationale Finanztransaktionssteuer voranbringen und notfalls eine Börsenumsatzsteuer in Deutschland einführen.
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Am Atomausstieg gemäß den getroffenen Vereinbarungen festzuhalten. Die erneuerbaren Energien sollen weiterhin auf hohem Niveau gefördert werden, um uns von den konventionellen Energieträgern immer unabhängiger zu machen und auch Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen.
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Zukunftsgerichtete Bildungs- und Forschungspolitik ist als Grundlage für die Sicherung des künftigen Wohlstands unsere Landes zu schaffen. Die Bundesregierung muss hier endlich ihrer Gestaltungsaufgabe nachkommen und sich nicht in Ankündigungen verlieren.
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In gemeinsamer Verantwortung mit Ländern und Kommunen dafür zu sorgen, dass Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Kindern und Jugendlichen ein gesundes Aufwachsen möglich ist. Dazu gehört auch der weitere Ausbau von Betreuungseinrichtungen.