Schwarz-Gelb fördert Selbstbedienung der Pharmakonzerne aus den Kassen der GKV

Selbst die halbherzigen Versuche von Schwarz-Gelb im Bereich der Arzneimittel zu Einsparungen zu kommen, wurden durch Änderungen aus den Koalitionsfraktionen aufgeweicht und ins Gegenteil verkehrt. Änderungsanträge von Schwarz-Gelb zum ANMOG wurden von den Lobbyverbänden der Pharmakonzerne abgeschrieben. In ihrem Entschließungsantrag fordert die SPD-Bundestagsfraktion das Parlament auf, das ANMOG abzulehnen und von der Bundesregierung die Vorlage eines neuen Gesetzentwurf.

Denn das Gesetz wird nicht dazu beitragen, die Arzneimittelausgaben der GKV zu bremsen. Wenn die Pharmahersteller im ersten Jahr nach der Zulassung ihre Preise selbst bestimmen können und danach mit dem Spitzenverband der GKV Rabatte aushandeln sollen. Dann werden sie schon dafür sorgen, dass die Ausgangspreise so hoch sind, dass auch die Rabatte nicht zu Einsparungen führen werden.

 

Rede des gesundheitspolitischen Sprechers, Prof. Dr. Karl Lauterbach MdB, in der Debatte "Neuordnung des Arzneimittelmarktes" vom 11.11.2010:

Versorgungsqualität für Patientinnen und Patienten verschlechtert sich

Die Qualität der Versorgung von Patientinnen und Patienten wird sich durch das ANMOG verschlechtern. Vor allem werden Menschen, die an sog. seltenen Krankheiten leiden, risikoreichen Therapien ausgesetzt, denn hier soll auf jegliche Nutzenbewertung verzichtet werden. Darüber hinaus wird die Selbstverwaltung der GKV beschädigt, indem dem Gemeinsamen Bundesausschuss die Aufgabe entzogen wird, Kriterien zur Bewertung von Therapien festzulegen. Insgesamt verschlechtert sich die Nutzenbewertung von Arzneimitteln. Zudem schadet die Beschränkung der Veröffentlichungspflicht klinischer Studien auf einen Bruchteil der Transparenz.

SPD fordert: Schädliche Neuregelungen streichen

In ihrem Änderungsantrag fordern die Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen außerdem die Streichung von fünf im ANMOG vorgesehenen Neuregelungen.

Mehrkostenregelung schadet der Gemeinschaft der GKV-Versicherten

Die Mehrkostenregelung soll zurück genommen werden, denn sie erschwert die Kalkulationsgrundlage und Planungssicherheit der GKV, denn Rabattverträge werden so unattraktiv für die Hersteller. Die Regelung sieht vor, dass Patientinnen und Patienten künftig anstatt des von den Krankenkassen vorgesehenen Arzneimittels, für das ein Rabattvertrag ausgehandelt wurde, ein wirkstoffgleiches anderes Medikament gegen eine Aufschlagszahlung erhalten können. Bisher musste dafür der Betrag, wenn keine medizinische Begründung vorlag, komplett von den Patientinnen und Patienten bezahlt werden. Durch die Änderung können die Krankenkassen keine Abnahmemenge mehr garantieren. Davon profitieren Pharmakonzerne und die Gemeinschaft der GKV-Versicherten zahlt drauf.

Kein Kartellrecht für Krankenkassen

Die gesetzlichen Krankenversicherungen dürfen nicht mit privatwirtschaftlichen, gewinnorientierten Unternehmen gleichgesetzt werden. Doch genau das tut Schwarz-Gelb, indem die Koalition für die GKV das Kartellrecht einführt. Doch die Krankenkassen sind öffentliche Körperschaften, die angehalten sind für 90 Prozent der Bevölkerung gemeinschaftlich eine wirtschaftliche und leistungsfähige Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Die Anwendung des Kartellrechts bedeutet nun, dass die Kassen künftig nicht mehr gemeinsam Rabattverträge für Arzneimittel aushandeln können. Nun soll jede Kasse für sich und damit über geringere Abnahmemengen verhandeln. Profiteure sind erneut: Die Pharmaproduzenten.

Keine Beweislastumkehr beim Nachweis von Zusatznutzen von Arzneimitteln

Die vorgesehene Beweislastumkehr in Bezug auf den Nachweis eines Zusatznutzens eines Arzneimittels führt dazu, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) künftig belegen muss, dass ein Arzneimittel keinen Zusatznutzen hat. Dies macht es nahezu unmöglich, Arzneimittel auszuschließen. Und dies geht zu Lasten der Arzneimittelausgaben der GKV und stellt eine Gefährdung der Patientinnen und Patienten dar. Deshalb soll dieses Vorhaben aus dem ANMOG gestrichen werden.

Keine Öffnung der integrierten Versorgung für Konzerninteressen

Die von Rösler eingeführte Beteiligung der Pharmaunternehmen und der Hersteller von Medizinprodukten an der integrierten Versorgung von chronisch Kranken ist eine massive Fehlentscheidung. Denn so entscheiden die Hersteller mit über die Therapie von Patientinnen und Patienten. Das führt dazu, dass die Behandlung nicht mehr von medizinischen Erwägungen, sondern von Unternehmensinteressen geleitet wird. Dadurch wird das Verhältnis von Arzt und Patient stark beeinträchtigt.

Keine Änderung des Rechtsweges bei Vergabeklagen

Die Sozialdemokratinnen fordern darüber hinaus den Verzicht auf die Übertragung der Zuständigkeit bei vergaberechtlichen Streitigkeiten, z.B. zu Rabattverträgen der GKV, von den Sozial- auf die Zivilgerichte. Denn dadurch werden Einsparungen durch Rabattverträge der GKV gefährdet, weil die Erfolgsaussichten klagender Pharmahersteller vor Zivilgerichten größer sind.