Auch der 1. Mai 2010 steht unter dem Eindruck der Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Krise ist nicht vorbei. Es war kluge sozialdemokratische Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, die schlimmere Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt bislang verhindert hat – über gezielte Investitionen zur Stützung der Konjunktur und die Ausweitung der Kurzarbeit.
Auch wenn es zaghafte Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung gibt: Wir brauchen weitere Impulse für Investitionen, nachhaltiges Wachstum und die Sicherung von Beschäftigung.
Eine Lehre aus der Krise heißt auch: Unser Land braucht starke Arbeitnehmerrechte, einen Ausbau der Mitbestimmung und einen starken Sozialstaat. Der Mensch steht im Mittelpunkt.
Löhne
Es ist inzwischen nicht mehr selbstverständlich, dass man für harte, ordentliche Vollzeitarbeit am Ende des Monats auch so viel Lohn in der Tasche hat, dass man gut davon leben kann.
Über fünf Millionen Menschen arbeiten für weniger als acht Euro die Stunde. Mindestens 1,2 Millionen arbeiten für weniger als fünf Euro. Mehr als 1,3 Millionen Menschen müssen nach ihrer Arbeit sogar gleich zum Amt gehen, weil ihr Lohn nicht zum Leben reicht.
Mit solchen Zuständen muss endlich Schluss sein in Deutschland. Darum unterstützt die SPD die Forderung des DGB nach einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. Unbefristete Vollzeitarbeit zu ordentlichen Löhnen. Das muss wieder der Normalfall sein in Deutschland.
Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit
Wir wollen gleiche Bezahlung für Männer und Frauen erreichen. Die meisten Frauen wollen ebenso wie Männer ein Normalarbeitsverhältnis mit existenzsichernder Bezahlung.
Die Realität am Arbeitsmarkt sieht allerdings ganz anders aus. Frauen erhalten bei gleicher bzw. gleichwertiger Arbeit im Durchschnitt 23 Prozent weniger Lohn als Männer. Selbst bei gleicher Ausbildung, gleichem Alter und gleichem Beruf sind es immer noch 12 Prozent. Freiwillige Vereinbarungen zwischen den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft und der Bundesregierung helfen rein gar nichts, das haben die vergangenen Jahre gezeigt.
Wir wollen deshalb verbindliche gesetzliche Regelungen einführen, auf die sich Frauen berufen können, wenn sie von Lohndiskriminierung betroffen sind.
Alleinerziehende
Besonders schwer haben es Alleinerziehende am Arbeitsmarkt, die ohne Partner Beruf und Familie in Einklang bringen müssen und für sich und ihre Kinder ein Existenz sicherndes Einkommen erzielen müssen. Insbesondere Alleinerziehende brauchen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bessere Rahmenbedingungen durch den Ausbau der Betreuungsinfrastruktur und durch gezielte Maßnahmen der Arbeitsförderung sowie den Zugang zu Qualifizierungsangeboten. Wir haben dazu ein Konzept erarbeitet, Wir wollen, dass Alleinerziehende eine optimale Unterstützung erhalten.
Leiharbeit
Dringenden Handlungsbedarf gibt es auch bei der Leiharbeit. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz wurde 2003 mit zwei Zielsetzungen verändert. Erstens sollte Leiharbeit stärker als Instrument genutzt werden, um Überstunden abzubauen und eine Chance auf Einstieg in Arbeit zu geben. Zweitens wollten – die SPD und die Gewerkschaften – bei der Leiharbeit den Grundsatz : „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ festschreiben.
Was als Stärkung der Tarifautonomie gedacht war, ist aber zunehmend zum Einfallstor für den Missbrauch der Leiharbeit geworden: Löhne werden gedrückt, Kündigungsschutz wird ausgehebelt. Da machen sich Scheingewerkschaften zum Handlanger der Lohndrückerei, indem sie Scheintarifverträge abschließen. Dem wollen wir einen Riegel vorschieben.
Wir sind fest entschlossen: die Leiharbeit muss begrenzt werden. Das Prinzip vom gleichen Lohn für gleiche Arbeit muss durchgesetzt werden. Die Lohndrückerei muss ein Ende haben.
Auch der konzerninternen Verleihung müssen wir Schranken setzen, damit nicht Stammbelegschaften durch Leiharbeiter ersetzt werden. Darüber hinaus wollen wir dafür sorgen, dass die Betriebsräte in den Einsatzbetrieben zukünftig über Umfang und Dauer der Leiharbeit im Unternehmen mitbestimmen.
Befristete Beschäftigung
Für Unsicherheit bei vielen Beschäftigten sorgt auch das Ausmaß von befristeten Arbeitsverhältnissen. Inzwischen arbeitet jeder zehnte Arbeitnehmer ohne feste Stelle. Bei Neueinstellungen ist jeder zweite Job nur noch befristet.
Angesichts dieser Entwicklung setzt sich die SPD-Bundestagsfraktion dafür ein, die sachgrundlose Befristung abzuschaffen. Die ist von Kohl und Blüm eingeführt worden. Sie hat nicht zu mehr Jobs geführt, sondern zu mehr Unsicherheit bei vielen Beschäftigten. Dies betrifft insbesondere diejenigen, die am Anfang ihres Berufslebens stehen. Der Kündigungsschutz wird auf diese Weise immer weiter ausgehebelt.
Wir sind der Meinung: Die gesetzliche Probezeit ist lang genug. Wer sich bewährt hat, muss einen verlässlichen Vertrag und damit Sicherheit bekommen. Darum muss die sachgrundlose Befristung weg.
Kurzarbeit
Noch ein Wort zur Kurzarbeit. Die Arbeitsministerin hat nun Ende April im Bundeskabinett endlich dafür gesorgt, dass die Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge an die verlängerte Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes angepasst wird.
Es ist ja zu begrüßen, wenn schwarz-gelbe Politiker sozialdemokratische Konzepte fortsetzen. Man muss nur sagen, dass sie von selbst nicht darauf gekommen wären. SPD und Gewerkschaften haben Druck gemacht.
Ohne die Kurzarbeit hätten wir mehrere hunderttausend Vollzeitarbeitsplätze verloren. Die Krise ist nicht vorbei. Wir brauchen die von Olaf Scholz eingeführte flexiblere Kurzarbeiterregelung noch eine ganze Weile. Es ist beschämend, wie lange Schwarz-Gelb dafür gebraucht hat, endlich Planungssicherheit zu schaffen.
Mitbestimmung
Eine zentrale Errungenschaft der Arbeitnehmer ist und bleibt die Mitbestimmung. Die Mitbestimmung gehört zu den stolzen Traditionen unseres Landes. Wir lassen hier keine Beschneidung zu. Wir wollen die Mitbestimmung erhalten und ausbauen. Sie hat die Kooperation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Unternehmen gefestigt und gehört unverändert zu den Grundlagen des wirtschaftlichen Erfolges Deutschlands. Eine Ausweitung der Mitbestimmungsmöglichkeiten ist auch ein Ausdruck demokratischer Souveränität. Sie dient der Rückbindung wirtschaftlichen Handelns an Gemeinwohlinteressen.
Die paritätische Mitbestimmung sollte bereits in Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten greifen. Die Umgehung der Mitbestimmung durch Rechtsformwahl oder Auslandsgesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland muss beendet werden. Die Mitbestimmungsmöglichkeiten sollen weiterhin im Sinne einer zukunftsweisenden Entwicklung der Arbeitsbeziehungen ausgebaut werden. Das bedeutet, dass die
Zukunftsfragen wie Ausbildung und Bildung, über die Gleichstellung von Männern und Frauen oder über die Frage der Zahl von befristet Beschäftigten und Leiharbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weiterentwickelte Themen betriebsrätlicher Mitbestimmung werden sollten.
Ein starker Sozialstaat
Ein starker Sozialstaat ist die Grundlage einer starken sozialen Marktwirtschaft. Er sorgt für sozialen Ausgleich und stärkt ökonomisches Wachstum. Er muss für soziale Sicherheit sorgen und in die Zukunft künftiger Generationen investieren. Dies ist die Basis für Emanzipation, Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben. Voraussetzung ist ein starker Staat, der solidarisch finanziert wird.
Die derzeitige Bundesregierung entzieht durch Steuergeschenke und Klientelpolitik für wenige vor allem den Kommunen die Grundlage für Daseinsvorsorge, öffentliche Investitionen und notwendige Bildungsausgaben. Gleichzeitig startet Schwarz-Gelb mit der unsozialen Kopfpauschale den Generalangriff auf die gesetzliche Krankenversicherung. Sie ist eine der wichtigsten Säulen des Sozialstaates, um die uns viele unserer Nachbarn zu Recht beneiden. Die SPD wird diesem Unterfangen einen Riegel vorschieben.