Die SPD begleitet das Gesetzgebungsverfahren zur Reform der Sicherungsverwahrung konstruktiv. Der Entwurf der Koalition ist grundsätzlich unterstützungswürdig, erklärt Christine Lambrecht.

 

Die SPD begleitet das Gesetzgebungsverfahren zur Reform der Sicherungsverwahrung konstruktiv. Der Entwurf der Koalition ist grundsätzlich unterstützungswürdig. Danach kann die Sicherungsverwahrung künftig nur noch mit dem Urteil oder unter Vorbehalt mit dem Urteil verhängt werden. Nur zum Teil wird jedoch das Versprechen eingelöst, im Gegenzug die nachträgliche Sicherungsverwahrung abzuschaffen.

 

Die Bedenken, die Schwarz-Gelb zur Abschaffung der nachträglichen Sicherungsverwahrung veranlassen, werden im Entwurf bei bestimmten Altfällen allerdings über Bord geworfen. Es geht um jene Täter, die ihre Taten bereits vor Inkrafttreten der jeweiligen neuen Gesetzesfassungen begangen haben. Für sie bestimmt der Entwurf lapidar die Weitergeltung des bisherigen Rechts. Bei Alt- und Neufällen ist das geplante Gesetz somit widersprüchlich.

 

Vollkommen offen gelassen hat Schwarz-Gelb die Frage, wie sie mit der Sicherungsverwahrung für Jugendliche verfahren will. Es wäre aber nicht nachvollziehbar, wenn die in der Entwurfsbegründung geäußerten Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der nachträglichen Sicherungsverwahrung nicht auch zu einer Neuregelung der Sicherungsverwahrung auch im Jugendgerichtsgesetz führen.

 

Grundsätzlich zu begrüßen ist, dass der Anwendungsbereich der Sicherungsverwahrung beschränkt werden soll. Aber auch hier eben nur grundsätzlich. Denn mit Hilfe einer entsprechenden Generalklausel und entgegen anderslautenden Ankündigungen will Schwarz-Gelb dann doch die Sicherungsverwahrung auch bei Eigentums- und Vermögensdelikten gelten lassen. Die Sicherungsverwahrung muss aber schweren und schwersten Gewalt- und Sexualverbrechen vorbehalten bleiben.

 

Die Gesellschaft muss vor denjenigen geschützt werden, die infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte von Dezember 2009 aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden oder bereits entlassen wurden. Auf dünnes Eis begibt sich Schwarz-Gelb allerdings mit dem Vorschlag eines neuen Gesetzes zur Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter. Dünn ist hier der Begriff der "psychische Störung". Diese Störung ist nach dem Entwurf Voraussetzung für eine Therapieunterbringung. Der Begriff wird allerdings nicht definiert. Es ist aber notwendig, zu wissen, was hier gemeint ist. Ist ein gefährlicher Gewalttäter "psychisch krank" - also unzurechnungsfähig -, dann dürfte man ihn mit dem Urteil gar nicht erst ins Gefängnis stecken, sondern müsste ihn gleich in die Psychiatrie einweisen. Zu fragen ist daher, ob es einen Regelungsspielraum gibt, um einen zurechnungsfähigen - weil nicht psychisch kranken - Gewalttäter mit dieser neuen Form der Unterbringung aus dem Verkehr zu ziehen.

 

Diese und eine Reihe weiterer Punkte gilt es, bei der Expertenanhörung am 10. November zu beleuchten. Auch wenn Eile Not tut: bei der Auswertung der Stellungnahmen der Experten sollten wir uns die nötige Zeit nehmen und es gründlich tun.