Das schwarz-gelbe Kürzungspaket beinhaltet bekanntlich zwei Maßnahmen zulasten der Rentenkasse. Beim ALG II soll der Zuschuss an die Rentenversicherung abgeschafft werden (1,8 Milliarden Euro pro Jahr) und die Erstattung einigungsbedingter Leistungen soll künftig entfallen (0,3 Milliarden Euro pro Jahr). Damit werden der Rentenversicherung künftig 2,1 Milliarden Euro jährlich entzogen. Dass diese Maßnahme mit einer seriösen Haushaltskonsolidierung nichts zu tun hat, versteht sich von selbst. Schließlich wird dadurch lediglich ein Problem der Staatsschulden in die Rentenkasse verschoben.

Unklar waren bisher jedoch die konkreten Auswirkungen der Maßnahmen auf die Rentenkasse. Deshalb wollten wir in der gestrigen Regierungsbefragung von Bundesfinanzminister Schäuble wissen, ob in der Kabinettsberatung auch eine Prognoserechnung in Hinblick auf die Entwicklung des allgemeinen Beitragssatzes in der Rentenversicherung vorgelegen habe und wie die mittel- und langfristige Entwicklung des Beitragssatzes eingeschätzt würde. Bundesminister Schäuble antwortete "wir haben die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Rentenversicherung in der Tat sehr sorgfältig geprüft." Diese Maßnahme würde, so Schäuble weiter, nicht dazu führen, dass sich die Schwankungsreserve auch nur annähernd einem kritischen Bereich näherte. Mit dieser Maßnahme, so der Minister weiter "ist keine Veränderung des Rentenversicherungsbeitragssatzes induziert. Die Folgen dieser Maßnahme werden, ohne dass eine kritische Entwicklung zu befürchten ist, innerhalb des gesicherten Bereichs der Schwankungsreserve aufgefangen."

Ein Blick in den aktuellen Rentenversicherungsbericht von Ende November 2009 (BT-DS 17/52) offenbart ein völlig anderes Bild, als es Bundesminister Schäuble gestern gegenüber dem Parlament gezeichnet hat. Dort wird auf Seite 24 die Entwicklung der Nachhaltigkeitsrücklage bis zum Jahr 2020 und darüber hinaus prognostiziert. Entsprechend dem gesetzlich vorgegebenen Beitragssatzziel, wonach bis zum Jahr 2020 der Beitragssatz zur Rentenversicherung die Marke von 20 Prozent nicht überschreiten soll, wird dort für das Jahr 2020 bei einer niedrigen Beschäftigungsentwicklung eine Nachhaltigkeitsrücklage in Höhe von 15,9 Milliarden Euro und damit die Einhaltung des Zieles errechnet. Legt man dieser Berechnung nun die von Schwarz-Gelb beschlossene Kürzung in Höhe von jährlich 2,1 Milliarden Euro zugrunde, ergibt sich künftig ein völlig anderes Bild: Bereits in den Jahren 2013 und 2014 schmilzt künftig die Nachhaltigkeitsrücklage bis auf 3,1 beziehungsweise 3,2 Milliarden Euro so stark zusammen, dass eine Unterschreitung der Mindestrücklage droht. Die Mindestrücklage muss laut Gesetz 0,2 Monatsausgaben betragen und liegt heute bei etwa 3,2 Milliarden Euro. Deshalb kann eine Anhebung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung infolge der schwarz-gelben Kürzungsmaßnahmen bereits in den Jahren 2013/2014 nicht ausgeschlossen werden. Schreibt man die geplante Kürzung bei der Rentenkasse fort, wird die Mindestrücklage ab dem Jahre 2019 klar unterschritten. Hier liegt sie bei nur noch 1,9 Milliarden Euro, weshalb eine Beitragssatzanhebung unausweichlich ist. Deshalb ist der schwarz-gelbe Griff in die Rentenkasse nicht nur unsozial, sondern auch ein klarer Bruch des gesetzlich vorgegebenen Beitragssatzzieles. Hierzu muss sich die Bundesregierung umgehend erklären.