Die Koalitionsvereinbarung der neuen Bundesregierung ist aus forschungspolitischer Sicht einseitig und ohne Gestaltungsanspruch. Zwar kündigen Union und FDP mit großspurigen Worten eine Schwer-punktsetzung im Bereich Bildung, Forschung und Innovation und eine Steigerung der Haushaltsansätze an, in der Koalitionsvereinbarung sucht man aber vergebens konkrete und tragfähige forschungs- und innovationspolitische Konzepte. Forschungsförderung wird stattdessen zu sehr auf Wirtschaftsförderung verengt, ein fortschrittlicher Gestaltungsanspruch für Forschung und Innovation wird nicht mehr erhoben und eine Debatte über die notwendige Forschung für den Menschen findet nicht statt.

Deutschland braucht gezielte Innovations- und Forschungsförderung und es muss darum gehen, auch neue Instrumente der Forschungsfinanzierung zu erproben. Ein solches Instrument kann die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen sein, wie es von der SPD gefordert wird. Mit den Ankündigungen von Bundesforschungsministerin Schavan, alle Unternehmen unabhängig von der Größe zu fördern, wird dieses Ziel allerdings drastisch verfehlt. Stattdessen soll nun eine ziellose Gießkannenförderung eingeführt werden. Damit dient die Forschungsförderung aber vor allem der Entlastung der Großunternehmen.

Die Koalition setzt darüber hinaus forschungs- und innovationspolitisch falsche Schwerpunkte und vernachlässigt wichtige Forschungsfelder. Problematisch wird dies vor allem dann, wenn die Forschung auf "alte" Technologien wie Atomenergie und kerntechnische Sicherheitsforschung statt auf Energie- und Energieeffizienzforschung im Bereich der Erneuerbaren Energien fokussiert wird. Wichtige Bereiche wie Dienstleistungs- und Arbeitsforschung, Demographie- und Migrationsforschung, Friedens- und Konfliktforschung, Gesundheits- und Präventionsforschung sowie die Geistes- und Sozialwissenschaften kommen dagegen zu kurz.

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert daher eine parlamentarische Debatte und einen qualitativen Diskurs über die zukünftige Ausrichtung der Innovations- und Forschungspolitik. Zwar ist im Koalitionsvertrag unter dem Stichwort Forschung viel vom Bürgerdialog die Rede und von einer zukunftsorientierten Kultur der Chancen. Dieser Bürgerdialog ist zweifelsfrei richtig und wichtig und muss hier im Parlament anfangen. Geführt werden müssen wieder mehr parlamentarische Debatten, wie die Forschung für den Menschen tatsächlich ausgerichtet werden soll. Forschung für den Menschen, wie wir sie verstehen, heißt auch: Forschung mit den Menschen.