Wie in der Vergangenheit ist der König mit seinen Reformvorschlägen mutig vorangegangen. Wenn seine Ankündigungen umgesetzt werden, gleicht sich Marokko weiter an westliche konstitutionelle Monarchien an: Mit Gewaltenteilung, Gleichstellung der Geschlechter und der Verlagerung von Kompetenzen vom Monarchen auf die Regierung. Im Unterschied zu früher reicht das Reformpaket aber nicht aus, um die Menschen auf der Straße hinter dem Monarchen zu versammeln. Er steht jetzt vor allem vor der Aufgabe, sein Volk von den Reformen zu überzeugen.

Die politischen Reformen haben Marokko schon sehr weit vorangebracht, unter anderem auch den Status der bevorzugten Partnerschaft mit der Europäischen Union ermöglicht. Unabhängig davon bestehen grundsätzliche Probleme weiter. Da ist zunächst der ungelöste Konflikt um die von Marokko besetzte Westsahara. Und der weiterhin unzureichend entwickelte Bildungssektor, der bislang nichts gegen die hohe Rate an Analphabeten gerade außerhalb der Städte ausrichten konnte. Marokko braucht also noch einen langen Atem. Deutschland und Europa müssen deshalb die Entwicklung genau verfolgen und - soweit Marokko dies wünscht - auch aktiv unterstützen. Dabei müssen wir auf die Umsetzung der angekündigten Reformen genauso drängen wie auf eine Lösung der im Westen fast vergessenen Westsaharafrage. Dann wird Marokko auch weiterhin ein wichtiger Partner der EU in Nordafrika sein - politisch, wirtschaftlich und kulturell.