Die Bundesregierung muss dringend die Mittel für die Haiti-Soforthilfe erheblich aufstocken. Wir erleben dort eine humanitäre Katastrophe und die zuständigen Minister des Äußeren und für Entwicklungszusammenarbeit sehen weitgehend tatenlos zu. Angesichts der schrecklichen Bilder, die uns Tag für Tag aus dem Erdbebengebiet erreichen, ist die zögerliche Freigabe von Hilfsgeldern durch die Bundesregierung völlig unverständlich. Bislang wurden lediglich zehn Millionen Euro Soforthilfe bewilligt - nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Im Vergleich zum Umgang der damaligen Regierung Schröder mit dem Tsunami 2004 ist das Verhalten der Bundesregierung jetzt absolut enttäuschend. Es reicht nicht, wenn sich die Bundeskanzlerin auf Spendengalas im Fernsehen feiern lässt. Es müssen Taten folgen.

Es ist skandalös, dass Bundeskanzlerin Merkel angesichts der Tragödie in Haiti und der sich daraus ergebenden langfristigen Notwendigkeit für eine massive Entwicklungszusammenarbeit mit dem in dieser Woche eingebrachten Haushalt das Versprechen Deutschlands bricht, die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit gemäß des in der EU vereinbarten Stufenplans in diesem Jahr auf 0,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu steigern.

Wir brauchen für Haiti Soforthilfe jetzt und ausreichende Mittel für den nachhaltigen Wiederaufbau in den kommenden Jahren. Hier sollte Deutschland eine Führungsrolle innerhalb der EU für einen Marshall-Plan für Haiti übernehmen. Haiti war schon vor der Erdbebenkatastrophe eines der ärmsten Länder der westlichen Welt - wirtschaftlich ausgezehrt durch Korruption und vor allem durch eine ungerechte Welthandelsordnung. So liegt die heimische Landwirtschaft in Haiti seit Jahren am Boden, weil sie mit den stark subventionierten Importprodukten aus Europa und den USA nicht konkurrieren kann. Wir stehen in der Verantwortung, nun unseren Teil zu einem Neuanfang beizutragen.

Während sich die Bundesregierung mit ihren Zusagen offenbar schwer tut, ist die Spendenbereitschaft der Deutschen enorm. Ohne diese Spenden wäre es den zahlreichen Hilfsorganisationen nicht möglich, vor Ort zu sein und zu helfen.