Zu den abgeschlossenen Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2023 erklären die haushaltspolitischen Sprecher der Ampel-Fraktionen Dennis Rohde (SPD), Sven-Christian Kindler (Bündnis 90/Die Grünen) und Otto Fricke (FDP):

„Wir haben in den parlamentarischen Haushaltsverhandlungen deutliche Zeichen für die Unterstützung jüdischen Lebens in Deutschland gesetzt. Trotz angespannter Haushaltslage konnten wir den Regierungsentwurf an wichtige Finanzierungsbedarfe anpassen, die jüdisches Bewusstsein stärken und die religiöse Toleranz in unserer Gesellschaft erhöhen. Jüdische Gemeinden bilden das Rückgrat des jüdischen Lebens in Deutschland, stehen aber vor neuen Aufgaben und Herausforderungen. Mit einer höheren Finanzierung des Zentralrats der Juden, der Synagoge in Berlin Wilmersdorf und des Centrum Judaicum gehen wir die Aufgabe unseres Koalitionsvertrags, jüdisches Leben zu fördern und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu bekämpfen, entschlossen an.

Funktionierende Strukturen in den jüdischen Gemeinden spielen eine zentrale Rolle dafür, eine positive Zukunft für jüdisches Leben in Deutschland zu sichern. Die Staatsverträge des Zentralrats der Juden mit dem Bund und allen 16 Bundesländern legen die finanzielle Grundlage für diese Strukturen und können nach Ablauf von fünf Jahren an neue Bedarfe angepasst werden. Bisher erhielt der Zentralrat vom Bund jährlich einen Betrag von 13 Millionen Euro. Diesen erhöhen wir ab 2023 auf 22 Millionen Euro. Damit stärken wir auch die Bemühungen der jüdischen Gemeinden, das Erinnern an die Schoa mit immer weniger werdenden Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aufrecht zu erhalten und neu zu denken, aber auch jenseits der Schoa und des Nahostkonflikts ein authentisches Bild des heutigen Judentums in Deutschland zu vermitteln. Die Angebote an vielfältigen jüdischen, progressiven Initiativen und Vereinen wachsen erfreulicherweise immer weiter an, werden aber aus dem Staatsvertrag des Zentralrats unterstützt. Darunter fallen zum Beispiel wichtige Bildungsprojekte wie die Prävention von Antisemitismus in Schulen und die Jüdische Akademie, die Diskurse zu aktuellen Fragestellungen anstoßen und begleiten soll und Angebote für unterschiedliche Altersgruppen und Bildungshintergründe anbieten möchte. Gleichzeitig stehen jüdische Gemeinden vor der personellen und finanziellen Herausforderung, eine wachsende Anzahl neuer Mitglieder aus der Ukraine, Belarus und Russland zu betreuen und zu integrieren. Zudem müssen die leider notwendigen Sicherheitsstandards für jüdische Einrichtungen weiter erhöht werden. Deswegen ist es gerade jetzt wichtig, die Strukturen der jüdischen Gemeinden weiter zu stärken.

Neben der höheren Finanzierung des Zentralrats der Juden unterstützen wir die Erweiterung der Synagoge der Chabad-Gemeinde in Berlin-Wilmersdorf mit zusätzlichen acht Millionen Euro, um das Projekt zu stärken. Durch den Erweiterungsbau wird sie zur größten Synagoge im Nachkriegsberlin und somit auch bundesweit für jüdisches Bewusstsein und Engagement bedeutsam. Dabei soll die Synagoge als Begegnungsort nicht nur eine neue Phase für jüdisches Leben in Deutschland ermöglichen, sondern für alle Menschen der Stadt ein Ort des Austauschs, der Toleranz und des Respekts sein. So werden auch Veranstaltungen mit anderen Religionen geplant, in denen Christen und Muslime gleichermaßen willkommen sind. Wir erwarten insoweit, dass das Land Berlin seinen Teil der Finanzierung für die Erweiterung der Synagoge bereitstellt.

Außerdem unterstützen wir das Centrum Judaicum mit zusätzlichen 400.000 Euro. Die zum Centrum Judaicum gehörende Neue Synagoge zählte in der der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu den bedeutendsten Orten der Berliner jüdischen Gemeinschaft. Der Stüler-Bau stellte mit seinem Nebeneinander von maurisierenden Architekturelementen und Neuerungen wie etwa einer Orgel ein bedeutendes Denkmal für die Identitätssuche der jüdischen Gemeinde in Preußen dar. Trotz eines von den Nationalsozialisten in der sog. Reichspogromnacht gelegten Brandes konnte das Gebäude noch einige Zeit seine Rolle als Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde behaupten, ehe es von der Wehrmacht in Beschlag genommen wurde. Durch Bombentreffer zur Ruine geworden, wurde erst 1988 beschlossen, das Gebäude wiederaufzubauen. Heute dient die Synagoge der jüdischen Gemeinde zu Berlin als Begegnungs- und Diskussionsraum, auch Gottesdienste finden hier wieder statt.“