Die SPD-Bundestagsfraktion erwartet von Außenminister Westerwelle auf der Tagung der NATO-Außenminister einen Vorstoß in Sachen Abrüstung. Wenn der Außenminister das Ziel des Koalitionsvertrages ernst nimmt, die taktischen Atomwaffen der Vereinigten Staaten aus Deutschland und Europa abzuziehen, muss er heute in Brüssel Flagge zeigen. Beim NATO-Außenministertreffen vom 3. bis 4. Dezember muss er dafür werben, dass die Rolle der Atomwaffen im neuen strategischen Konzept herab gestuft wird. Die Verbündeten müssen der Aufgabe der Politik der "nuklearen Teilhabe" zustimmen, damit die FDP den Abzug taktischer Atomwaffen erreichen kann. Verteidigungsminister zu Guttenberg hat bei seinem Besuch in den USA bereits signalisiert, dass der Koalitionspartner an diesem Ziel kein besonderes Interesse hat.
Zugleich sollte der Außenminister in der NATO auf eine Initiative zu Verhandlungen mit Russland über eine globale Nulllösung bei taktischen Atomwaffen in Europa drängen. Dies wäre die beste Chance, den Abzug der Atomwaffen der Vereinigten Staaten aus Deutschland und Europa in die Tat umzusetzen.
In der heutigen Abrüstungsdebatte des Bundestages wird die SPD-Fraktion einen umfassenden Antrag zur nuklearen Abrüstung für die kommende Sitzungswoche ankündigen. Sie setzt große Hoffnungen auf den Abschluss eines START-Nachfolgeabkommens zwischen den Vereinigten Staaten und Russland. Wenn tatsächlich ein Abbau der strategischen Atomwaffen um ein Drittel vereinbart würde, wäre dies ein guter Aufschlag für die Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags im Mai 2010.
Diese Überprüfungskonferenz ist die nächste große Etappe bei den Bemühungen um nukleare Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie für die Stärkung des Nichtverbreitungsregimes. Die letzte Überprüfungskonferenz endete 2005 mit einem totalen Misserfolg. Die SPD-Fraktion fordert, dass die Bundesregierung sich bei der Überprüfungskonferenz im Mai 2010 für eine neue Abrüstungsdynamik einsetzt. Dazu gehören der Abbau der Atomwaffenarsenale, der Verzicht auf den Ersteinsatz von Atomwaffen und negative Sicherheitsgarantien für Nichtnuklearwaffenstaaten. Deutschland muss sich für ein Inkrafttreten des Atomteststoppvertrages und das Zustandekommen eines Abkommens zum Verbot der Herstellung von Spaltmaterial engagieren.
Eine Welt, frei von Atomwaffen ist keine Utopie. Mit dem neuen Ansatz von US-Präsident Obama und seinem Bekenntnis zum Ziel einer atomwaffenfreien Welt bietet sich die Chance zu substanziellen Fortschritten bei der nuklearen Abrüstung zu gelangen. Sonst besteht die Gefahr, dass wir an der Schwelle zu einem neuen Atomzeitalter stehen. Deutschland muss in dieser Situation seiner traditionellen Rolle gerecht werden, Motor der internationalen Abrüstungspolitik zu sein.