Ein Hauch von Geschichte lag über dem Fraktionssaal der SPD, als Steinmeier die Familie von Otto Wels begrüßte, die Schwiegerenkelin, die Urenkelin und den Ururenkel. Auch Bischof Markus Dröge war gekommen, sein Großvater war einer der sozialdemokratischen Abgeordneten, die gegen das Ermächtigungsgesetz stimmten.

Frank-Walter Steinmeier konstatierte, dass Wels nicht nur Sozialdemokrat, sondern vor allem Demokrat war - und begrüßte mit diesen Worten Bundestagspräsident Norbert Lammert.

"Hätten wir, die Abgeordneten von heute, auch den Mut, den Otto Wels damals hatte?", fragte Steinmeier in den Saal. Für ihn war Wels' Rede auch ein "Zeichen für Unbestechlichkeit". Parlamentarische Demokratie sei keine Selbstverständlichkeit, sie müsse auch heute immer wieder verteidigt werden.

Sigmar Gabriel, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands erinnerte daran, dass keine Partei in Europa älter sei als die deutsche Sozialdemokratie. Er mahnte, wir alle müssen daran denken, was Leute wie Wels und seine Genossen damals für den Kampf um die Demokratie aufgegeben haben.

Adolf Hitler war damals der Redner nach Wels, und er verspottete den Sozialdemokraten. Seine Worte kämen "zu spät".

Gabriel: "Otto Wels, seine Rede und die Genossinnen und Genossen damals sind das stolzeste Erbe der Sozialdemokratie."

Wels habe bewiesen, dass "Herkunft nicht über Haltung entscheidet". Freiheit, so Gabriel, lasse sich nur genießen, wenn wir uns dauerhaft für sie einsetzen.

Eindrucksvoll rezitierte der Schauspieler Ulrich Matthes aus der Rede von Otto Wels am 23. März 1933. Der berühmte Historiker Heinrich August Winkler führte in einem spannenden historischen Abriss aus, wie die Weimarer Zeit zugrunde ging und wie es zur Radikalisierung der Massen kam.

 

Ulrich Matthes liest die Rede von Otto Wels

 

Rede von Heinrich August Winkler zum Ermächtigungsgesetz

 

Lebensnah und lebendig schilderten anschließend drei Jugendliche in einer Diskussionsrunde mit Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier, warum sie sich in Jugendparlamenten für Demokratie und Politik engagieren und für was sie sich einsetzen. Alle verwiesen darauf, dass Erfolge schon im Kleinen zu erreichen seien, etwa durch einen Antrag, ein neues Klettergerüst zu beschaffen oder einen Zebrastreifen zu bekommen. Die Themen, die Jugendliche heute bewegen, seien Themen wie Sexismus, Homophobie, aber auch Rassimus. Das Wichtigste sei es, den Jugendlichen Ängste zu nehmen, sich zu äußern, sie sollten motiviert werden, sich einzumischen. Jeder dürfe den Mut haben, seine Meinung zu sagen und sich zu engagieren.

Alexander Linden

 

Beitrag zur Otto-Wels-Veranstaltung im Deutschlandfunkt auf Soundcloud