Seehofers Praxisgebühr hat Wirkung verfehlt
Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Karl Lauterbach forderte am 21. März in einer Aktuellen Stunde angesichts der guten Kassenlage der GKV, auf die 10 Euro Praxisgebühr pro Quartal zu verzichten. Sie habe ohnehin die beabsichtigte, steuernde Wirkung - die Senkung der Facharztbesuche – verfehlt. Zusätzlich verursache die Praxisgebühr viel Verwaltungsaufwand auf Seiten der Ärzte und bei den Krankenkassen. Stattdessen soll die hausarztzentrierte Versorgung weiter ausgebaut werden.
Die Praxisgebühr hatte der heutige bayerische Ministerpräsident 2003/2004 bei Verhandlungen zur Gesundheitsreform durchgesetzt. Die Union lehnt die Abschaffung der Praxisgebühr ab. Die FDP wirbt aus Wahlkampftaktik in Schleswig-Holstein um die Streichung der „Seehofergebühr“ und stellt sich damit gegen ihren unentschiedenen Gesundheitsminister Bahr, der diesen Schritt bis Ende des Jahres prüfen will. Das erneute Koalitionschaos geht zu Lasten der Krankenversicherten, die weiterhin die Gebühr zahlen müssen. Lachender Dritter ist Finanzminister Schäuble, der den gesetzlich Krankenversicherten unterdessen 2 Milliarden Euro zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes entwendet.
Außerdem hält die SPD-Fraktion den Einheitsbeitragssatz von 15,5 Prozent, den die Bundesregierung für die 140 gesetzlichen Krankenkassen festgelegt hat, für zu hoch. Sie will zur Beitragsautonomie zurückkehren, bei der jede einzelne Krankenkasse ihren Beitragssatz bestimmt. Die unsozialen Zusatzbeiträge müssen dagegen abgeschafft werden.
Wie kam es zu den Überschüssen bei der GKV?
Nach der Regierungsübernahme von Schwarz-Gelb behaupete der damalige Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) Ende 2009, die frühere SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hätte ihm ein Defizit von 10 Milliarden bei den Krankenkassen hinterlassen. Doch schnell stellte sich heraus, dass die gesetzliche Krankenversicherung 2009 ein Plus von 1,4 Milliarden verbuchen konnte. Mit seiner falschen Behauptung begründete Rösler die Einführung der Kopfpauschale. Dazu hat Schwarz-Gelb die Zügel für die Erhebung der Zusatzbeiträge gelockert und die usprüngliche Deckelung aufgehoben.
Zudem haben Union und FDP den Arbeitgeberanteil eingefroren und künftige Kostensteigerungen allein bei den Versicherten abgeladen. Für einen Pseudosozialausgleich für Geringverdiener, die durch die Zusatzbeiträge zu stark belastet wären, wurden zwei Milliarden aus Steuermitteln bereit gestellt. Im Jahr 2011 hat die Regierung den Beitragssatz kasseneinheitlich um 0,6 Prozent auf 15,5 Prozent angehoben, dabei hat sie sich enorm verschätzt. Denn die gute konjunturelle Entwicklung ließ die Einnahmen der Krankenkassen steigen. So kam es schließlich zu den Überschüssen, die bei den gesetzlichen Krankenversicherungen und dem Gesundheitsfonds insgesamt bis 2013 auf 20 Milliarden anwachsen sollen.