„Der Antrag macht den Weg frei für wirksame Hilfen für ehemalige Heimkinder in Ost und West,“ betont die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Ziegler. „Das unvorstellbare Leid und Unrecht, das den Kindern zugefügt wurde, kann nicht rückgängig gemacht werden. Es ist aber für die Betroffenen wichtig, dass ihr Leid anerkannt und aufgearbeitet wird.“

Vor fünf Jahren hatten sich mehrere ehemalige Heimkinder, die in westdeutschen Heimen untergebracht waren, an den Petitionsausschuss des Bundestages gewandt. Viele der zwischen 1949 und 1975 in Heimen, aber auch in Behinderteneinrichtungen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie untergebrachten Kinder und Jugendliche hatten Erziehungsmethoden wie entwürdigende Bestrafungen, willkürliches Einsperren, vollständige Entmündigung sowie Gewalttätigkeiten wie körperliche und sexuelle Gewalt durch Erzieherinnen und Erzieher erleiden müssen.

Empfehlungen des Runden Tisches „Heimerziehung“

Der Petitionsausschuss erkannte das erlittene Unrecht und Leid an und bedauerte dies zutiefst. Er empfahl, die Anliegen der Heimkinder und die Aufarbeitung der Geschehnisse im Rahmen eines Runden Tisches zu beraten. Ende 2008 richtete der Bundestag einstimmig den Runden Tisch „Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren“ ein, der im Januar 2011 seine Empfehlungen vorlegte.

Zur Rehabilitierung schlug der Runde Tisch ein Maßnahmenbündel vor. Dazu gehören vor allem die Anerkennung des erlittenen Unrechts, die Vereinfachung der Akteneinsicht für Betroffene sowie Anlauf- und Beratungsstellen. Mit finanziellen Maßnahmen sollen Spätfolgen gemindert werden, etwa durch Einmalzahlungen für nicht geleistete Sozialversicherungsbeiträge oder finanzielle Hilfen zur Überwindung von Folgeschäden (z.B. Traumatherapien). Zur Finanzierung schlägt der Runde Tisch vor, einen Fonds oder eine Stiftung zu gründen.

In ihrem interfraktionellen Antrag fordern die vier Fraktionen die Bundesregierung auf, in Abstimmung mit den Ländern und den Kirchen die Lösungsvorschläge des Runden Tisches bald umzusetzen. Außerdem soll die Bundesregierung eine geeignete Rechtsform für eine Fonds- oder Stiftungslösung vorschlagen, um die Hilfen schnell und wirksam gewähren zu können.

„Bereits zum 1. Januar 2012 soll mit der Entschädigung der Opfer begonnen werden können,“ sagt die Kinderbeauftragte der SPD-Fraktion Marlene Rupprecht. Die Bundesregierung werde aufgefordert, „zügig einen Fonds oder eine Stiftung mit einer Finanzierung von 120 Millionen Euro ins Leben zu rufen. 100 Millionen Euro sind für Folgeschäden der Heimerziehung, 20 Millionen Euro für den Rentenersatzfonds vorgesehen.“

Wiedergutmachung auch für ehemalige Heimkinder in der DDR

Darüber hinaus erkennen die Fraktionen auch das Unrecht und Leid an, das Kindern und Jugendlichen in den Heimen der DDR widerfahren ist.  Sie fordern die Bundesregierung auf, Vorschläge zu machen, wie Kindern und Jugendlichen, die in DDR-Heimen Unrecht erlitten haben, entsprechende Hilfen gewährt werden können.