Auftrag der Enquete-Kommission

Das Internet ist das freiheitlichste und effizienteste Informations- und Kommunikationsforum der Welt und trägt maßgeblich zur Entwicklung einer globalen Gemeinschaft bei. Die digitale Gesellschaft bietet neue Entfaltungsmöglichkeiten für jeden Einzelnen ebenso wie neue Chancen für die demokratische Weiterentwicklung unseres Gemeinwesens, für die wirtschaftliche Betätigung und für die Wissensgesellschaft. Die Nutzung dieser Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten gehört längst zum Alltag der überwältigenden Mehrheit der Menschen in unserem Land.

Lars Klingbeil, Sprecher der Arbeitsgruppe zur bisherigen Arbeit der Internetenquete

Gegenwärtig ist folgende Veränderung zu beobachten: Das Internet ist nicht länger nur eine technische Plattform, sondern entwickelt sich zu einem integralen Bestandteil des Lebens vieler Men-schen, denn gesellschaftliche Veränderungen finden maßgeblich im und mit dem Internet statt. Die Herausbildung einer „digitalen Gesellschaft“ ist mit erheblichen Chancen aber auch Heraus-forderungen verbunden. Dies betrifft beispielsweise die Grundrechte und in besonderem Maße das Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, die auch in der digitalen Gesellschaft zu wahren sind. Eine der Kernfragen ist die Frage der Rechtsdurchsetzung in weltweiten Netzen. Das Internet macht nicht an Landesgrenzen halt. Vielmehr macht die globale Entwicklung des Internets deutlich, dass es neue internationale Ansätze geben muss, die politischen Fragen der Digitalisierung zu beantworten. Herausforderungen ergeben sich für alle gesellschaftlichen Bereiche, für die demokratisch verfasste Gesellschaft insgesamt und für zahlreiche Rechtsbereiche, vom Urheberrecht bis zum Verbraucherschutz.

Die Enquete-Kommission soll diese Fragestellungen untersuchen, politische Handlungsempfehlungen erarbeiten und den staatlichen Handlungsbedarf, national und international, benennen. Bis Ostern 2011 soll die Enquete-Kommission einen ersten Zwischenbericht und bis zur parlamentarischen Sommerpause 2012 ihren Schlussbericht vorlegen. Der Enquete-Kommission sollen 17 Mitglieder des Bundestages und 17 Sachverständige angehören. Die Fraktion der CDU/CSU benennt 6 Mitglieder, die Fraktion der SPD 4 Mitglieder, die Fraktionen der FDP 3, LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN je zwei Mitglieder.

Zweifel an Haltung der Union zum Thema Freiheit im Internet

Hinter den Kulissen ist zu vernehmen, dass es sich aus Sicht der Union bei der Einrichtung der Enquete-Kommission vor allem um einen symbolischen Akt handelt, um die Internetcommunity zu beschwichtigen - die entscheidenden Fragen seien ohnehin nicht Gegenstand der Entscheidungsfindung in der Enquete-Kommission, sondern würden in den zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages behandelt.

Nachdem die Union in den vergangenen Jahren vor allem immer weitergehende Überwachungsmaßnahmen und Einschränkungen der Freiheitsrechte gefordert hat, wäre es wünschenswert, wenn sie nun auch die Freiheit im Internet als Thema anerkennt. Insofern bleibt allerdings abzuwarten, ob und wie sie ein solches Bekenntnis bei den konkret anstehenden Themen auch tatsächlich umgesetzt wird. Zweifel sind erlaubt. Noch im Dezember wollten Teile der Union nämlich die Wiedereinsetzung des bewährten Unterausschusses Neue Medien verhindern. In diesem Zusammenhang bleibt auch zu fragen, was aus der in der Koalitionsvereinbarung noch vollmundig angekündigten Vorlage einer neuen Internetstrategie wird - eine Konzeption ist bislang jedenfalls nicht erkennbar.

Eigenes netzpolitisches Arbeitsprogramm der SPD-Bundestagsfraktion

Die SPD-Bundestagsfraktion versteht Netzpolitik als einen grundlegenden und umfassenden Ansatz, der sich in den unterschiedlichen Politikfeldern widerspiegeln muss. Schließlich handelt es sich bei den meisten Fragestellungen um Querschnittsthemen mit unterschiedlichen Zuständigkeiten. Hier hat sich der Unterausschuss Neue Medien in den vergangenen Legislaturperioden als verbindendes Element bewährt. Er sollte weiter aufgewertet werden und sich mit den drängenden netzpolitischen Fragestellungen befassen.

Die Medienpolitiker der SPD-Fraktion werden in den kommenden Wochen ein eigenes netzpolitisches Arbeitsprogramm erarbeiten. Wir setzen dabei auf einen Dialog mit der Netzgemeinde und werden geeignete Instrumente finden, um die Arbeit in der Enquete-Kommission und im Unterausschuss transparent zu machen und mit dem Angebot zur politischen Partizipation zu verbinden. Wir brauchen einen umfassenden Ansatz von Netzpolitik, der nicht in Symbolen stecken bleibt und der gesellschaftlichen Dimension des Internets in vollem Umfang gerecht wird. Wir müssen die Chancen des Internets schützen und entwickeln, ohne den Anspruch des Rechts in Frage zu stellen.

Sinnvoll ist zudem, dass auch in den Ländern vergleichbare parlamentarische Gremien eingesetzt werden, die sich mit den Fragestellungen der digitalen Gesellschaft befassen. So hat beispielsweise das SPD-regierte Land Rheinland-Pfalz bereits im Juni 2009 eine Enquete-Kommission des rheinland-pfälzischen Landtags mit dem Titel "Verantwortung in der medialen Welt" eingesetzt, die sich mit der gegenwärtigen Medienkultur beschäftigt und daraus Handlungsempfehlungen für einen verantwortungsvollen und zukunftsorientierten Umgang mit den neuen Medien erarbeiten soll.