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Manfred Zöllmer (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Finanzaufsicht ist wohl so etwas wie das schwarze Loch der Koalition. Es hat viele Ankündigungen gegeben, und alles ist irgendwie verschwunden. Ich will das Ganze ein bisschen nachzeichnen und beginne mit den Koalitionsverhandlungen am 8. Oktober 2009.
Ich zitiere: Die künftigen Koalitionäre CDU, CSU und FDP haben sich auf ein erstes Vorhaben geeinigt: Die Bankenaufsicht wird bei der Bundesbank konzentriert.
Mit dieser Position zur Finanzaufsicht ist Schwarz-Gelb in diese Koalition gestartet. Ich kann mich noch sehr gut an Aussagen von Herrn Wissing erinnern er ist gerade nicht anwesend , der im Finanzausschuss deutlich gemacht hat: Dies ist unser wichtigstes Reformvorhaben zur Regulierung der Finanzmärkte.
Wir müssen feststellen: Sie sind mit dieser Position krachend gegen die Wand gefahren. Dieses Vorhaben, das ich eben beschrieben habe, war schon damals falsch. Dies haben wir als Sozialdemokraten von Anfang an deutlich gemacht.
(Beifall bei der SPD Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Andere auch!)
- Genau, andere auch.
Ich frage die Koalition: Warum gibt es eigentlich immer noch keinen Gesetzentwurf zur Finanzaufsicht? Es gibt bisher nur einen Referentenentwurf. Zu dem nach Ihrer Aussage wichtigsten Reformthema dieser Legislaturperiode gab es bisher nur heiße Luft.
(Ingrid Arndt-Brauer (SPD): Armselig!)
Man kann weiterverfolgen, was dann passierte. Am 16. Dezember 2010 war sich die Koalition angeblich über die Reform der nationalen Finanzaufsicht einig. Na wie schön! Zehn Eckpunkte wurden der staunenden Öffentlichkeit präsentiert.
Was passierte dann? Gar nichts. Ein Jahr lang passierte gar nichts. Dann, am 13. Januar 2011, stand im Handelsblatt unter dem Titel „Streit um Neuordnung der Finanzaufsicht“ ich zitiere : Die Koalition hat sich auf eine Reform der Finanzaufsicht verständigt, doch wichtige Fragen sind noch nicht geklärt. Experten warnen bereits vor einem Kompetenzgerangel der Aufseher, das im Krisenfall wertvolle Zeit kosten könnte.
Jetzt sind wir wieder ein Jahr später, und ich muss feststellen: Sie sind keinen Schritt weitergekommen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie können sich innerhalb dieser Regierung offensichtlich nicht einigen. Dies ist ein eklatantes Armutszeugnis für diese Koalition. Denn natürlich müssen Konsequenzen aus den Fehlern der Bankenaufsicht vor der Finanzmarktkrise gezogen werden; das ist ganz wichtig. Die Rolle der BaFin muss präzisiert werden. Ihre Aufgaben im Bereich von Aufsicht und Verbraucherschutz müssen angepasst werden. Die Zusammenarbeit mit der Bundesbank muss präzisiert werden. Wir warten deshalb dringend auf Ergebnisse.
Ich kann vielleicht noch einmal einen nicht völlig unbekannten ehemaligen Kollegen zitieren. Er wörtlich gesagt hat:
Ich kann es nicht nachvollziehen, wenn wir - also Sie - die notwendige Reform der Finanzaufsicht auf die lange Bank schieben würden. .. Das wäre eine ungute Situation.
So Herr Dautzenberg, ehemaliger finanzpolitischer Sprecher. Diese ungute Situation haben Sie herbeigeführt.
(Zuruf von der CDU/CSU: Ihr habt doch die Drachen gefüttert, und jetzt müssen wir sie zähmen!)
Da Sie zu dem Thema „nationale Aufsicht“, welches von der Regierung bearbeitet und vorgelegt werden müsste, nichts beitragen konnten, beschäftigen Sie sich in dem vorliegenden Antrag mit dem Verhältnis Europas zur Bundesrepublik.
(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Jetzt kommt er zum Thema! Das war aber ein langer Anlauf!)
Natürlich war es ein langer Anlauf. Aber das musste man Ihnen noch einmal deutlich machen.
(Zuruf von der FDP: Nein, das wäre nicht notwendig gewesen!)
Jetzt haben Sie ein Problem. Denn die Sozialdemokraten haben einen Antrag zu Basel III und den Sparkassen eingebracht, der morgen diskutiert wird. Dabei geht es um das, was Sie hier eben angesprochen haben,
(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Na also!) nämlich um das Verhältnis der deutschen zur europäischen Aufsicht.
(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Jetzt kommt das Lob!)
Dann haben Sie sich schnell überlegt, was Sie machen,
(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Da haben wir uns überlegt, was schreiben die Sozialdemokraten, und haben das dann auch aufgeschrieben! Das aber nicht mitschreiben! Um Gottes willen, das ist diskreditierend! Gegenruf des Abg. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gesagt ist gesagt! Das muss ins Protokoll! Darauf bestehe ich! Heiterkeit)
und sich dafür entschieden, einen eigenen Antrag einzubringen. Das will ich nicht kritisieren. Denn es ist nicht schlecht, wenn es der Opposition gelingt, die Regierungsfraktionen vor sich herzutreiben.
Wenn man sich Ihren Antrag anschaut, dann stellt man fest: Sie haben teilweise von uns abgeschrieben. Da kann man sich nicht beklagen; die Quelle ist dann sicherlich richtig. Konrad Adenauer hat ja zu Recht gesagt: Man soll niemanden daran hindern, klüger zu werden.
(Beifall bei der SPD)
In Ihrem Antrag beschäftigen Sie sich mit dem Verhältnis zwischen der europäischen und der nationalen Aufsicht. Ich stelle für uns fest: Wir begrüßen ausdrücklich die Reform des europäischen Aufsichtssystems. Diese war überfällig. Grenzüberschreitend agierende Banken müssen auch grenzüberschreitend überwacht werden. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Dieses europäische Finanzsystem hat seine Arbeit am 1. Januar 2011 aufgenommen. Daher ist es nachvollziehbar, dass es auch nach über einem Jahr verallgemeinernd würde man es so sagen noch an vielen Punkten quietscht und klemmt. Das gilt für die Ausgestaltung der Arbeit wer ist wofür zuständig? und besonders für die Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsehern.
Sie haben es zu Recht gesagt: Da muss man seine Claims abstecken und die Ellbogen ausfahren. Da kommt es zu Problemen. Aber wir müssen ganz klar feststellen: Wir fordern, dass die mikroprudentielle Aufsicht auch in Zukunft von den nationalen Aufsichtsbehörden wahrgenommen wird; das ist ein ganz wesentlicher Punkt.
Es muss ebenso eine abgestufte Aufsichtsdichte erhalten bleiben. Was heißt das? Die Risikostufe des beaufsichtigenden Instituts muss beachtet werden. Es kann nicht sein, dass SIFIs, also große international agierende Banken, genauso behandelt werden wie eine kleine kommunale Sparkasse. Hier muss entsprechend differenziert werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wir hatten gehofft, dass Sie in Ihren Formulierungen Konkretes von der Bundesregierung fordern. Aber diese Hoffnung war vergeblich.
(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Weil Sie nicht lesen können!)
Wir diskutieren hier im Bundestag viele Anträge, aber selten gibt es im Forderungsteil eines Antrages eine solche Ansammlung von Plattitüden und Gemeinplätzen wie hier. Ich darf einmal zwei zitieren. Da wird gefordert, „darauf zu achten, dass die mit dem aufsichtlichen Meldewesen verbundene bürokratische Belastung der Finanzinstitute nicht außer Verhältnis zu dem mit dem Meldewesen angestrebten Zweck steht“.
(Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU): Das ist einer der entscheidenden Punkte!)
- Ja, das ist ein ganz entscheidender Punkt. Da werfen Sie aber schwer mit Wattebäuschchen.
(Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Perfekt formuliert!)
Ich würde von Ihnen verlangen, dass Sie klare Forderungen in Richtung Bundesregierung stellen (Beifall bei der SPD)
und nicht in dieser allgemeinen Form formulieren „darauf hinzuwirken, dass die Arbeit des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken effektiv und transparent gestaltet wird“. Mein Gott!
(Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Super! Wer könnte da dagegen sein?)
- Das finde ich auch. Es ist wirklich eine grandiose Forderung. Man stelle sich vor, dieser Ausschuss würde ineffektiv und intransparent arbeiten! Grauenvoll!
(Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Skandalös!)
Wir als Sozialdemokraten hatten, als wir das gelesen haben, ein kleines Problem. Wir haben nämlich beim besten Willen keinen Grund gefunden, diesen Antrag in der allgemeinen Form abzulehnen.
(Peter Aumer (CDU/CSU): Super!)
Wenn wir das ganze Thema etwas konkreter diskutieren wollen, dann können wir das morgen tun, wenn wir uns mit unserem Antrag zu diesem Thema befassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ob wir diesen Antrag beschließen oder ob in China ein Sack Reis umfällt, ist völlig egal.
(Dr. Daniel Volk (FDP): Sprechen Sie jetzt von dem SPD-Antrag?)
Damit aber die Reissäcke in China stehen bleiben können, werden wir dem Antrag zustimmen. Ganz herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD;,Ingrid Arndt-Brauer (SPD), an die CDU/CSU gewandt: Wollen Sie nicht klatschen?)