Das Bundesverfassungsgericht lässt in seinem heutigen Beschluss zur Regelung der elterlichen Sorge bei nicht verheirateten Eltern eine deutliche Präferenz für das sogenannte Antragsmodell erkennen. Die Bundesjustizministerin sollte ihre Position deshalb überdenken, erklärt Christine Lambrecht.
Das Bundesverfassungsgericht hat unsere Position mit seinem Beschluss vom 21. Juli 2010 (1 BvR 420/09) in zweifacher Hinsicht bestätigt: Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber das elterliche Sorgerecht für das nichteheliche Kind zunächst alleine der Mutter übertragen hat. Dem Vater muss jedoch die Möglichkeit eingeräumt werden, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob er aus Gründen des Kindeswohls an der elterlichen Sorge zu beteiligen ist.
Wir sind der Auffassung, dass Väter, die kontinuierlich und intensiv Verantwortung tragen sowie ausreichend und regelmäßig Unterhalt zahlen, die Teilhabe an der gemeinsamen Sorge ermöglicht werden soll.
Das Bundesverfassungsgericht bestätigte jedoch auch, dass der Gesetzgeber tragfähige Gründe hat, von einer gemeinsamen Sorge ab Geburt abzusehen. Denn, so erläutert das Gericht, die elterliche Übereinstimmung über die Anerkennung der Vaterschaft lässt nicht unbedingt darauf schließen, dass die Eltern bereit und in der Lage sind, die Sorge für das Kind unter hinreichender Berücksichtigung des Kindeswohls gemeinsam auszuüben. Es könne keineswegs immer von einer tragfähigen Beziehung zwischen den Eltern ausgegangen werden, die gewährleistet, dass die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge hinreichend konfliktfrei verläuft und das Kindeswohl nicht beeinträchtigt. Der Gesetzgeber könne in seine Erwägungen durchaus miteinbeziehen, dass eine generelle gemeinsame elterliche Sorge auch solche Fälle umfassen würde, in denen aufgrund massiver Konflikte zwischen den Eltern das Kindeswohl so lange in Mitleidenschaft gezogen würde, bis die gemeinsame Sorge durch gerichtliche Entscheidung wieder aufgehoben würde.
Frau Bundesjustizministerin, das Bundesverfassungsgericht lässt in seinem Beschluss eine deutliche Präferenz für das sogenannte Antragsmodell erkennen. Dies sollten Sie zum Anlass nehmen, die von Ihnen angekündigte Regelung einer gemeinsamen Sorge von nicht verheirateten Eltern ab Geburt (sogenannten Regelmodell) noch einmal zu überdenken. Die Lektüre der Entscheidung verdeutlicht die negativen Auswirkungen einer derartigen Regelung.