Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen für mehr Demokratie, und wir stehen dem Anliegen, das Volk direkt entscheiden zu lassen, sehr offen gegenüber. Uns ist aber eines wichtig, nämlich nicht das Volk und diejenigen, die das Volk repräsentieren – wir hier in diesem Haus –,  gegeneinander auflaufen zu lassen, sondern die Demokratie insgesamt zu stärken. Das muss unser gemeinsames Anliegen sein.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es lohnt sich, für die Demokratie zu streiten, auch zu vorgerückter Stunde, und es lohnt sich auch, hier in diesem Haus wiederholt Anträge einzubringen. Das ist für mich ein Zeichen von Beharrlichkeit. Das ist eigentlich eine politische Tugend, und ich danke dafür, dass dieser Antrag heute vorgelegt wird.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen für mehr Demokratie, und wir stehen dem Anliegen, das Volk direkt entscheiden zu lassen, sehr offen gegenüber. Uns ist aber eines wichtig, nämlich nicht das Volk und diejenigen, die das Volk repräsentieren – wir hier in diesem Haus –,

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Ganz unwichtig! – Jürgen Braun [AfD]: Das ist die Wahrheit, Herr Castellucci!)

gegeneinander aufaufen zu lassen, sondern die Demokratie insgesamt zu stärken. Das muss unser gemeinsames Anliegen sein, die Demokratie insgesamt zu stärken.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Petra Pau [DIE LINKE])

Denn das Volk und diejenigen, die das Volk repräsentieren, gegeneinanderzustellen, das ist das Werk der Populisten; das haben wir in dem Beitrag, der vor meinem stattgefunden hat, wieder einmal gemerkt.

(Beifall bei der SPD)

Das Volk und uns, die das Volk repräsentieren, näher zusammenzubringen, ist für mich auch das zentrale Argument für die Einführung von direkter Demokratie. Ich glaube einfach, wenn das Volk am Ende eine Entscheidung treffen kann, sind wir in diesem Raum automatisch in der Situation, sehr viel intensiver mit der Bevölkerung in Kontakt zu sein, für unsere Anliegen zu werben, zu hören, was die Bürgerinnen und Bürger dazu zu sagen haben. Es bringt uns näher zusammen. Diese Nähe und dieses Miteinander – Demokratie lebt vom Mitmachen – wollen wir fördern. Darauf kommt es an, wenn wir die Demokratie in unserem Land erhalten wollen.

(Beifall bei der SPD)

An dieser Stelle, liebe Frau Pau, haben wir einen Unterschied in dem Antrag, den die SPD immer dann vorlegt, wenn Sie einen zu diesem Thema vorlegen, und dem, den Sie vorgelegt haben. Wir sagen nämlich: Wenn ein Volksbegehren erfolgreich war und es zu einem Volksentscheid kommen soll, dann kann das Parlament Vertreter entsenden, und auch diejenigen, die das Volksbegehren angestrengt haben, können Vertreter entsenden. Beide können dann miteinander verhandeln und vielleicht einen Kompromiss aushandeln. Dann wird dieser Kompromiss entweder direkt umgesetzt oder zur Abstimmung gestellt. Ich fnde, das ist Demokratie, dass wir die Bevölkerung im Ringen um Kompromisse mitnehmen; denn der Kompromiss ist der Kern von Demokratie.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte auf den Punkt eingehen, der hier schon kritisch erwähnt worden ist. Wie ist es mit dem Wahlrecht für Menschen, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft haben? Ich mache mir diesen Punkt, den Sie hier vorgeschlagen haben, nämlich alle Menschen, die in Deutschland leben, bei der direkten Demokratie einzubeziehen, nicht zu eigen. Aber ich verweise darauf, dass die SPD dafür ist, dass wir auf kommunaler Ebene anfangen und sagen: Auf kommunaler Ebene sollen alle Menschen, die in Deutschland regelmäßig leben, das Wahlrecht haben. Das gewährt ihnen Teilhabe, und die steht ihnen auch zu.

(Petra Pau [DIE LINKE]: Ein Anfang!)

Ich habe Ihnen das letzte Mal geantwortet, dass die Staatsangehörigkeit der Schlüssel ist. Wir sollten also dafür werben, dass Menschen, die dauerhaft in diesem Lande sind, die Staatsbürgerschaft annehmen und über diese Staatsbürgerschaft dann natürlich auch das Recht haben, an Wahlen oder der direkten Demokratie teilzuhaben. Wenn man Ihren Gedanken nimmt und sagt, auch diejenigen, die die deutsche Staatsbürgerschaft nicht haben, sollen wählen dürfen, dann könnte man umgekehrt sagen, dann sollen sie aber nicht mehr da wählen dürfen, woher sie ursprünglich kommen. Es beschäftigt uns ja auch, dass Menschen in diesem Land sind und auch anderswo wählen. Dass Wahlkämpfe aus anderen Ländern in Deutschland geführt werden, stört uns häufg. Freilich, das können wir in diesem Land nicht entscheiden, aber es zeigt, dass es sich lohnt, über diese Konstruktion nachzudenken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich denke, da, wo man lebt, wo man Steuern zahlt, wo man arbeitet, sollte man voll teilhaben können.

Dafür werben wir auf kommunaler Ebene. Über die Fragen von direkter Demokratie werden wir in der Expertenkommission, die die Koalition im Koalitionsvertrag beschlossen hat, miteinander sprechen. Ich wünsche Ihnen einen guten Abend.

(Beifall bei der SPD)