Einhellig haben die Bundestagsfraktionen am Mittwoch den Terroranschlag in Istanbul verurteilt und den elf Opfern, darunter auch zehn Deutsche, ihr Mitgefühl ausgesprochen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte in einer auf Verlangen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD anberaumten Aktuellen Stunde zur Lage im Nahen und Mittleren Osten: „Wir sind vereint mit den Angehörigen in der Trauer über die Opfer, vereint auch in Wut und Abscheu gegenüber dieser heimtückischen Tat.“ Deutschland, versprach er, werde sich nicht von Mord und Gewalt einschüchtern lassen, sondern „ganz im Gegenteil“ gemeinsam mit seinen Partnern dem Terror weiter entgegentreten.

Außenpolitik funktioniert nicht aus der Sofaecke

Steinmeier will im Februar ein Kulturfestival in der saudischen Hauptstadt Riad besuchen, auf dem Deutschland mit einem Pavillon vertreten ist. Im Gespräch ist auch ein Besuch im Iran. Wegen der Menschenrechtslage in Saudi-Arabien gibt es allerdings Kritik an der Reise – sowohl aus der Opposition als auch vom Koalitionspartner CDU/CSU. Der Bundesaußenminister stellte in der Bundestagsdebatte daher noch einmal klar, dass er zwar die Skepsis verstehe, doch wer in der Region etwas bewegen wolle, müsse mit den Konfliktparteien reden. "Wenn ich mit allen Ländern nicht mehr sprechen würde, deren Politik wir nicht teilen, dann hätte ich in der Tat mehr Zeit, unsere prima Beziehungen zu Luxemburg zu pflegen."

Zwischen Saudi-Arabien und dem Iran bestehen seit Anfang des Jahres zunehmend Spannungen. Eine Absage der Reise lehnt Steinmeier jedoch ebenso ab wie Belehrungen aus dem In- und Ausland: "Außenpolitik funktioniert nicht aus der Sofaecke mit der Fernbedienung in der Hand", stellte er klar. Kern der deutschen Bemühungen im Nahen und Mittleren Osten sei weiterhin die Stabilisierung der Region, betonte Steinmeier. Daher werde er in diesem Jahr auch nicht weniger, sondern eher mehr Reisen in den Nahen und Mittleren Osten unternehmen – gemäß seiner Überzeugung: „Außenpolitik muss raus in die Welt und das Gespräch suchen“.

Man dürfe selbstverständlich bei den massiven Menschenrechtsverletzungen nicht wegschauen, aber gleichzeitig weiterhin den Dialog auch mit schwierigen Partnern nicht abreißen lassen, so Steinmeier weiter. Er sei sehr hoffnungsvoll, dass es „nach fünf langen Jahren des Blutvergießens in Syrien“ gelungen sei mit dem sog. Wiener Prozess alle Parteien an einen Tisch zu bekommen. Gerade deshalb erwarte Steinmeier von „Teheran und Riad“ jetzt auch, dass sich die beiden Regionalmächte weiterhin auf die verabredeten Verhandlungswege einlassen und die Situation nicht bilateral eskalieren lassen.

Syrien-Konflikt ohne Saudi-Arabien nicht zu lösen

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Niels Annen, stellte sich in seinem Debattenbeitrag hinter Steinmeier. Der Anschlag von Istanbul zeige einmal mehr, wie wichtig es sei, Kontakte „nicht nur zu unseren Freunden“ aufrechtzuerhalten und die Gesprächsfähigkeit in der Region zu verbessern. „Ich teile die Kritik an Saudi-Arabien“, stellte Annen klar. Aber das Janadriyah-Festival sei die einzige kulturelle Veranstaltung in ganz Saudi-Arabien und ein vorsichtiger, sehr langsamer Schritt des Landes in Richtung Moderne.

Deutschland präsentiere in seinem Pavillon die Arbeit des Bundestages und seine demokratische Kultur. „Und das soll ein Außenminister nicht besuchen dürfen?“, fragte Annen empört. „Ja, wo leben wir denn!“ Deutschland müsse in diesen Zeiten doch selbstbewusst für seine eigenen Werte einstehen.

Als Sprecherin für Kulturdiplomatie betonte auch die SPD-Außenpolitikerin Michelle Müntefering die große Bedeutung von „Kunst und Kultur“ als „die dritte Säule der Diplomatie“. Der sanfte Wandel, den man dadurch bewirke, sei nicht zu unterschätzen.
Gleichzeitig mahnte sie die Unterstützung salafistischer Gruppen aus Saudi-Arabien an und „die massiven Menschenrechtsverletzungen“ in Saudi-Arabien und im Iran. Selbstverständlich seien auch Menschenrechte ein strategisches Interesse Deutschlands, stellte Müntefering klar, „das müssen sie auch sein“.

Um die bedrückende Situation im Bereich Menschenrechte und Humanitäre Hilfe im Nahen und Mittleren Osten zu verbessern, engagiere sich Deutschland bereits vor Ort – vor allen auch über Partnerorganisationen – sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Ute Finckh-Krämer. Gerade weil die Staaten zahlreiche „Worst Practise“-Beispiele böten, war es der Parlamentarierin ein Anliegen, in ihrer Plenarrede noch einmal ausdrücklich den zahlreichen Non-Profit-Organisationen und dem Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechte für ihr stetes humanitäre Engagement vor Ort zu danken.

 

Jasmin Hihat (spdfraktion.de) / dpa