Steuer- und Regulierungsschlupflöcher ermöglichen Firmen und Personen weltweit, sich der Rechtslage ihrer Heimatländer zu entziehen. Das hat gravierende Auswirkungen auf Steueraufkommen und Finanzstabilität der Staaten. Diese fehlerhaften Entwicklungen bekämpft die SPD mit äußerstem Nachdruck. Denn erst Steuergerechtigkeit und eine solidarische Finanzierung des Gemeinwesens schaffen die Grundlage für einen handlungsfähigen Staat und die Realisierung sozial- und wirtschaftspolitischer Ziele.

 

 

In dieser Woche forderte der SPD-Finanzexperte Peer Steinbrück die Regierung im Plenum auf, endlich ihrer Pflicht nachzukommen und Steuerbetrug zu beenden. "Steuerbetrug und legale Steuervermeidung ist kein Randphänomen und keine Bagatelle. Es ist ein hoch giftiges System", sagte Steinbrück. Insgesamt verliere der deutsche Fiskus 180 Milliarden Euro, und das Geld fehle dann, um soziale Brennpunkte zu vermeiden, Kinderbetreuung und Infrastruktur zu schaffen. Ohne Steuerbetrug und ohne das Ausmaß an legaler Steuervermeidung von Großkonzernen, die das Steuergefälle innerhalb der EU ausnutzten, könnten die Steuern niedriger und Investitionen in die wichtigesten Zukunftsbereiche wie Bildung größer sein. Vieles sei möglich, wenn man ehrgeizig und härter gegen Steuerhinterziehung vorginge. "Frau Merkel, Sie drücken nicht nur beide Augen zu. Sie haben Steuervermeidung für Unternehmen noch erleichtert", stellte Steinbrück klar.

Er ergänzte, dass die Regierung versucht hatte, mit dem löchrigen Schweizer Steuerabkommen, den Ankauf von Steuer-CDs zu verbieten. Damit wäre das größte Druckmittel gegenüber Steuerhinterziehern verhindert worden. Steinbrück: "Das eklatanteste Versagen dieser Regierung ist der Entwurf des Steuerabkommens mit der Schweiz, das nur durch Rot-Grün verhindert wurde."

Jahrzehntelang konnten Steuerpflichtige unversteuertes Vermögen vor dem deutschen Fiskus in Steueroasen verstecken, weil diese Amts- und Rechtshilfe verweigerten. Im Herbst 2008 initiierte der damalige SPD-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück mit seiner französischen Amtskollegin den gemeinsamen Widerstand gegen diese Politik. 2009 erklärten daraufhin Steueroasen weltweit ihre Bereitschaft zu einem Mindestmaß an Kooperation. Allerdings sieht der Minimalstandard der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nur eine Auskunftserteilung auf begründete Anfrage im Einzelfall vor.

Steuerhinterziehung ist kein nationales "Geschäftsmodell"

Die SPD-Fraktion fordert mit dem Antrag "Globale Steuergestaltung verhindern - Regulierungsschlupflöcher stopfen" (Drs. 17/13716) die deutsche Bundesregierung auf, sich aktiv in die Arbeiten der OECD und der Europäischen Kommission zur Bekämpfung von aggressiver Steuerplanung und Steueroasen einzubringen. Sie sollte auf europäischer und internationaler Ebene für eine leistungsgerechte Besteuerung im Inland eintreten und die aggressive Steuergestaltung internationaler Konzerne nicht länger als nationales "Geschäftsmodell" akzeptieren. Denn Unternehmensgewinne müssen in den Steueroasen nur sehr gering oder überhaupt nicht versteuert werden. Die steuerlichen Begünstigungen werden dabei insbesondere Unternehmen gewährt, die in dem Land wirtschaftlich überhaupt nicht tätig sind. Ziel der SPD-Initiative ist es, die Zusammenarbeit zwischen den Ländern zu verbessern. Mit internationalen Abmachungen und Sanktionen sollen Transparenz und Kooperation bei grenzüberschreitenden Steuerangelegenheiten durchgesetzt werden. Unkooperative Staaten und Steueroasen sollen auf schwarzen Listen geführt werden. Schließlich muss ein Gesetz zur Bekämpfung von Steuerkriminalität vorgelegt werden, in dem strafbefreiende Selbstanzeigen bei Steuerhinterziehung nach einer Übergangsfrist beschränkt werden sollten. Zudem sollte darin klargestellt werden, dass Finanzbehörden berechtigt sind, zur Aufklärung von Steuerstraftaten Daten über mutmaßliche Steuerhinterzieher zu erwerben.

Internationale Unternehmen in die Pflicht nehmen

Gemeinsam mit der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen setzt sich die SPD an diesem Freitag für eine weitere Neuregelung ein. Mit dem Antrag "Steuerzahlungen multinationaler Unternehmen transparent machen" (Drs. 17/13717) fordern die Fraktionen von der Bundesregierung einen Gesetzentwurf, der die länderbezogene Berichterstattung für deutsche Unternehmen verbindlich macht. Unternehmen werden damit verpflichtet, ihre Steuerzahlungen, Gewinne, Umsätze, Beschäftigten und Kapitalbestände nach Ländern aufzuschlüsseln und offenzulegen.

Außerdem soll sich die deutsche Regierung mit dem Europäischen Rat, dem Europäischen Parlament und der EU-Kommission dafür stark machen, dass auch auf EU-Ebene zeitnah dieses Country-by-Country-Reporting für alle Branchen eingeführt wird. Das muss besonders für große Kapitalgesellschaften und internationale Unternehmen gelten. Denn so könnte man der Besteuerungslücke entgegen wirken, deren Umfang vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung auf rund 92 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt wird. Die Möglichkeit, dass Unternehmen ihre Gewinne ins Ausland verlagern können, wird unter anderem als Grund für diesen immensen Verlust an Steuergeldern genannt.

Lina Beling