Der Umfang der gewährten Hilfen liegt bei rund 86 Milliarden Euro. Davon werden ca. 54 Milliarden für den Schuldendienst, 7 Milliarden für den Abbau von Zahlungsrückständen, 7,6 Milliarden zum Aufbau von Reserven und bis zu 25 Milliarden Euro für die Rekapitalisierung von Banken benötigt. Die Finanzhilfe wird in Form eins Darlehens gewährt. Die maximale durchschnittliche Laufzeit der Darlehenstranchen wird rund 32,5 Jahre betragen.

Damit das Programm in Kraft treten kann, mussten einige nationale Parlamente zustimmen, so auch der Deutsche Bundestag. An diesem Mittwoch hat das deutsche Parlament den Weg für das Hilfsprogramm nun freigemacht. Durch seine Zustimmung wird der deutsche Regierungsvertreter ermächtigt, im Gouverneursrat des ESM dem Verhandlungsergebnis zuzustimmen. Danach sollen unmittelbar 13 Milliarden Euro fließen für Schuldentilgung und Zinszahlzungen an Griechenland fließen. Weitere 10 Milliarden Euro werden für die Rekapitalisierung griechischer Banken auf ein Sonderkonto überwiesen.

Aus Sicht der SPD-Fraktion war es wichtig, das Programm nach den konstruktiven und guten Verhandlungen rechtzeitig vor dem 20. August zu beschließen, um so die ansonsten notwen-dig gewordene weitere Brückenfinanzierung für Griechenland zu umgehen. Denn das vorliegende Programm ist nicht nur besser als vorherige Vorschläge, sondern es zeichnet sich auch dadurch aus, dass alle Seiten aufeinander zugegangen sind. Erstmals seit den Verhandlungen über die Hilfspakete für Griechenland ist so etwas wie eine positive politische Dynamik auf allen Seiten entstanden. Neue Verzögerungen hätten immer die Gefahr in sich getragen, dass sich die politische und wirtschaftliche Lage in Griechenland weiter destabilisiert. Deshalb ist es gut, dass es zu dieser schnellen positiven Entscheidung gekommen ist.

Die Details des Reformprogramms:

Die SPD-Bundestagsfraktion steht mit überwältigender Mehrheit für das verhandelte dritte Hilfsprogramm. Das hat vor allem damit zu tun, dass viele Mängel der vorherigen Programme nicht wiederholt werden. Im Zentrum des Memorandum of Understanding stehen nämlich nicht nur pure Haushaltsvorgaben und Sparziele, sondern strukturelle Verbesserungen der griechischen Wirtschaft und Verwaltung.

  • Das MoU stellt klar, dass Griechenland seine Staatsfinanzen weiter sanieren muss, setzt aber keine unrealistischen Haushaltsziele.
  • Es führt ein neues Konzept im Umgang mit Staatsbetrieben ein, bei der Sanierung und professionellen Unternehmensführung im Vordergrund stehen. Es geht nicht bloß darum, durch schnelle Privatisierungen Haushaltslöcher zu stopfen, sondern es soll eine wirtschaftliche Modernisierung stattfinden.
  • Es zielt auf den Aufbau eines effektiveren und effizienteren Sozialstaates. Zum ersten Mal in der griechischen Geschichte soll eine soziale Grundsicherung für alle eingeführt werden. Gerade die europäischen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben sich dafür eingesetzt.
  • Es sieht eine umfassende Reform der griechischen Verwaltung vor, bei der Professi-onalisierung, Entpolitisierung und Transparenz im Vordergrund stehen, damit künftig Korruption effektiver bekämpft werden kann.
  • Nicht zuletzt wird ein zentrales Ziel der SPD-Fraktion in den vergangenen Jahren, der Kampf gegen Steuerhinterziehung in Griechenland und die Suche nach griechischen Steuerhinterziehern in Europa, neues Gewicht bekommen. Griechenland will kurzfris-tig neue strafrechtliche Bestimmungen gegen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug einführen. Steuerbetrug und Steuerhinterziehung sollen dabei auf alle Steuerarten ausgeweitet und Strafen verschärft werden.
  • Bei der Rekapitalisierung der Banken kommt es nun doch zu einer Beteiligung der An-teilseigner der griechischen Banken (Bail-in). Es war immer eine politische Forderung der SPD-Fraktion im Zusammenhang mit der europäischen Bankenunion, dass die Anteilseigner von Banken auch an den Kosten für deren Rettung beteiligt werden. Die Rettung von Banken kann nicht primär Aufgabe der Steuerzahler sein. Deshalb ist diese Ergänzung des MoU für die SPD-Fraktion eine sehr positive Entwicklung. Und ganz wichtig dabei ist, dass die Einlagen der privaten Sparer davon nicht betroffen sind.

Mit dem Beschluss des dritten Hilfspakets ist die Arbeit an dem Programm natürlich nicht abgeschlossen. Ganz im Gegenteil: Durch regelmäßigere und genauere Programmüberprü-fungen müssen die Euro-Partner sicherstellen, dass die Vereinbarungen auch eingehalten werden. Für die SPD-Fraktion war immer klar: Hilfe kann es nicht ohne Gegenleistungen geben. Und die Gegenleistung der griechischen Regierung muss die konsequente Umsetzung der jetzt vereinbarten Reformen sein. Mit den mehr als 50 bereits vom griechischen Parla-ment beschlossenen Vorabmaßnahmen (prior actions) hat die griechische Regierung ein wichtiges Zeichen gesetzt, um das in den letzten Monaten und Jahren verloren gegangene Vertrauen wieder aufzubauen. Die griechische Regierung muss insbesondere bei der Verwaltungsreform und dem Privatisierungsfonds nun rasch die hohen Erwartungen erfüllen.

Schuldentragfähigkeit und die Rolle des IWF:

Die Herausforderung für die Euro-Gruppe besteht in den nächsten Monaten darin, einen glaubhaften Weg zur Sicherstellung der Schuldentragfähigkeit Griechenlands zu finden. Bereits im Juli wurde vereinbart, dass es nach einer erfolgreichen Programmüberprüfung im Herbst zu Gesprächen mit Griechenland über mögliche Schuldenerleichterungen kommt. Denn ohne solche Schuldenerleichterungen ist nach allen derzeitigen Prognosen eine langfris-tige Tragfähigkeit der Schulden Griechenlands nicht zu erreichen. Das ist auch die Voraussetzung für die weitere finanzielle Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF). Da ein klassischer Schuldenschnitt nach den europäischen Regeln ausgeschlossen ist (No-Bail-out-Klausel), wird es dabei vor allem um längere Laufzeiten und tilgungsfreie Zeiten gehen.

Die Beteiligung des IWF an einem neuen Finanzhilfeprogramm für Griechenland war und ist für die SPD-Bundestagsfraktion ein zentrales Kriterium. Auch an den Verhandlungen über das jetzt beschlossene Hilfsprogramm war der IWF mit seiner fachlichen Expertise umfassend beteiligt. Eine erneute auch finanzielle Beteiligung des Währungsfonds wäre zwar zu begrüßen. Entscheidend ist jedoch, dass der IWF auch künftig mit seiner Erfahrung und Beratung ein Teil der Institutionen bleibt, die Griechenland auf dem Weg zurück zu Wachstum und Beschäftigung und schließlich auch wieder einer Finanzierung am internationalen Kapitalmarkt begleiten.

Die SPD-Bundestagsfraktion wirbt mit Nachdruck dafür, weiter Verantwortung und Solidarität zu verknüpfen, dann kann Europa gelingen. Insgesamt hat sich bei den Verhandlungen der letzten Wochen gezeigt, dass Kooperation der einzige Weg ist, zu einer Lösung zu kommen.