Steinmeier mahnt Merkel und Schäuble zur Wahrheit

"Sie kaufen sich nur Zeit!"

An diesem Freitag hat der Bundestag über weitere Hilfen für den Krisenstaat Griechenland beraten. Es geht dabei um ein Bündel an Maßnahmen, deren Folgen sich im Bundeshaushalt niederschlagen.

Frank-Walter Steinmeier hält eine Rede im Bundestag.
(Foto: picture alliance / dpa)

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gab eine Regierungserklärung ab, in der er ungewohnt deutlich zu erkennen gab, dass seine Koalition sich in der Vergangenheit oft irrte und in der er sich nun klar zur Rettung Griechenlands bekannte. Damit nimmt er die Position der SPD-Fraktion ein, was etliche Politiker von Schwarz-Gelb zuvor vehement abgelehnt hatten.

Schäubles plakative Belehrungen gegenüber dem Parlament verbat sich darum SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. „Es ist ja rührend, dass ausgerechnet Sie uns daran erinnern wollen, wie Griechenland zu retten ist. Wenn ich mich recht erinnere, waren es in den letzten Jahren immer andere, die genau das gefordert haben. Wir brauchen da keine Belehrungen von ihnen. Noch vor kurzem bekamen hier viele im kleinen Kreis leuchtende Augen, wenn es um den Rauswurf der Griechen aus der Euro-Zone ging“, sagte Steinmeier vor dem Plenum. Er verwies darauf, dass CSU-Politiker wie Markus Söder und Alexander Dobrindt immer nur die Stammtische bedient hätten. Hätte diesen „Brandstiftern“ keiner Einhalt geboten, gäbe es nun in Europa einen Flächenbrand, die Länder wären umgekippt wie Dominosteine.

An Kanzlerin Merkel (CDU) gerichtet stellte Steinmeier klar: „Sie haben die Debatte über Griechenland in unverantwortlicher Weise geführt“. Dafür sei die Kanzlerin direkt verantwortlich. „Abwarten und Zuschauen mag für den Koalitionsfrieden gut sein, für die Verantwortung in Europa ist es schlecht“, so Steinmeier. Haltung sehe anders aus.

Natürlich sei es nie nur um Griechenland gegangen bei den Rettungsmaßnahmen, „sondern um den Bestand der Währungsunion als Ganzes“ – das wüssten auch die Brandstifter.

Steinmeier gestand Schäuble zu, dass er nicht zu sagen brauche, „die Sozis hatten recht“. Aber: „Sie sollten endlich zugeben: Wir haben uns geirrt“. Heute, so erklärte der SPD-Fraktionsvorsitzende, „wäre die Chance gewesen, sich ehrlich zu machen“.

 

Rede von Frank-Walter Steinmeier zur Regierungserklärung

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Der Schuldenschnitt wird wohl kommen

Mit deutlichen Worten kritisierte Steinmeier die Informationspolitik der Bundesregierung in Sachen Griechenland. Denn die Abgeordneten hatten kaum Zeit, die Dokumente zu den aktuellen Maßnahmen zu sichten, auf der Grundlage ist es schwer, sich umgehend und umfassend ein Bild zu machen. „So geht man nicht mit dem Parlament um, das ist unfair und nicht angemessen“, stellte Steinmeier klar. Dauerhaft funktioniere das so nicht. Er fügte hinzu: „Wir erwarten, dass Sie die Erfolge Ihres Pakets im Dezember dem Parlament darlegen“. Denn das hier sei keine nachhaltige Lösung für Griechenland. „Sie haben Zeit gekauft, auch für sich selbst.“ Die Regierung scheue die Wahrheit – wegen der Wahl.

Völlig offensichtlich sei, dass der Werkzeugkasten der Regierung in Sachen Griechenland-Rettung leer sei. „Denn die Basiszahlen von Griechenland zeigen doch, dass alles am Ende auf einen Schuldenschnitt hinausläuft. Sie können das verschieben, aber es wird kommen. Und dann werden wir Sie nicht aus Ihrer Verantwortung lassen.“

Steinmeier sagte, er wisse sehr wohl, dass die Entscheidung heute nicht leicht falle, auch seiner eigenen Fraktion. Er fügte an: „Wir könnnen unsere griechischen Freunde nicht im Stich lassen“.

Der Bundestag stimmte am Freitagmittag mit einer breiten Mehrheit - auch mit der Mehrheit der Stimmen der SPD - für den Antrag von Wolfgang Schäuble und damit für weitere Griechenland-Hilfen.

 

Alexander Linden

Die Entscheidungssituation für weitere Finanzhilfen für Griechenland sei auch deshalb schwierig, da das neue Paket auch dieses Mal nicht die Lösung sei, so der Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier. Es helfe jedoch zunächst dabei, den Konkurs des Landes zu vermeiden. Die SPD werde deswegen dem Paket zustimmen.

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