„Die Vermögenskonzentration in den westlichen Industriegesellschaften führt selbst bei wachsendem Lebensstandard und steigender sozialer Absicherung der Arbeitnehmer zu einer Disparität, die der persönlichen Freiheit jede Grundlage entzieht“, sagte Gabriel.

Der SPD-Vorsitzende kritisierte, dass 50 Prozent aller neuen Arbeitsverhältnisse befristet seien und 1,5 Millionen Menschen sich ihr täglich Brot bei der „Tafel" holen müssten. Obendrein vereinigten die oberen zehn Prozent mehr als die Hälfte des Nettovermögens auf sich, während die unteren 50 Prozent gerade mal ein Prozent hielten. So sehe die tatsächliche Lage in Deutschland aus, wie sie der Armuts- und Reichtsumsbericht von Sozialministerin Ursula von der Leyen darstellt, befand Gabriel.

Regierung verleugnet die Realität

Die Bundesregierung ignoriere diese Entwicklung. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) wolle den Bericht noch „ressortabstimmen und dann verändern“, so Gabriel – und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe gesagt, sie setze auf einen „gemeinsamen Standpunkt“.

Diesen Umgang mit dem Armutsbericht kritisierte Gabriel scharf: „Die Wirklichkeit lässt sich nicht ressortabstimmen und die lässt sich auch nicht fälschen. Es geht auch nicht darum, dass CDU/CSU und FDP zu einem gemeinsamen Standpunkt kommen – sondern es geht darum, dass Sie mal merken, was in Deutschland los ist!“

Deutschland braucht eine faire Lastenverteilung

Die Politik müsse für eine faire Verteilung der Lasten sorgen – und dazu sei das Steuerrecht der „entscheidende Hebel“. Deutschland braucht ein neues soziales Gleichgewicht. Dabei gehe es nicht um Ideologie, Sozialneid oder „Reichenverfolgung“, im Gegenteil: Wohlstand sei nicht denkbar ohne herausragende persönliche Leistung und viel Anstrengung. „Aber niemand wird alleine reich. Immer gehören Arbeitnehmer dazu.“ Deshalb wolle die SPD, „dass die, die diesen Wohlstand erarbeiten, fair und gerecht daran teilhaben und die Lasten wieder fairer verteilt werden.“ Dies sei „Patriotismus für unser Land“.

Wohlhabende müssen mehr schultern

Gabriel fordert deshalb eine Debatte über gerechtere Besteuerung – und damit „auch über den Beitrag höherer Vermögen, Erbschaft und Kapital“. Der Staat stehe vor der Herausforderung, zugleich Schuldenabbau, Bildungsinvestitionen und Ausbau der Infrastruktur betreiben zu müssen.

Im Unterschied zu Schwarz-Gelb sage die SPD klar, wie sie diese Ausgaben finanzieren will: Mit dem Abbau überflüssiger Steuersubventionen, einer Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent ab einem Einkommen von 100.000 Euro pro Person und einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer, „die Ländern bis zu 10 Milliarden Euro mehr verschafft“.