Zwar sind in den letzten Jahren beim Auf- und Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung bereits Fortschritte erzielt worden. Insbesondere in strukturschwachen und ländlichen Regionen fehlt es jedoch noch an ausreichenden Angeboten. Die Große Koalition hat sich deshalb das Ziel gesetzt, durch Stärkung der Hospiz- und Palliativversorgung in ganz Deutschland ein flächendeckendes Angebot zu verwirklichen. So sollen alle Menschen dort, wo sie ihre letzte Lebensphase verbringen, auch im Sterben gut versorgt und begleitet werden. Darauf hatten sich die Geschäftsführenden Vorstände der Koalitionsfraktion auf ihrer Klausursitzung im April dieses Jahres geeinigt.

Am 17. Juni hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland (Drs. 18/5170) in 1. Lesung beraten. Grundlage für den Gesetzentwurf waren Eckpunkte, die die Koalition bereits im November 2014 erarbeitet hatte.

Versorgungslücken werden geschlossen

Seit 30 Jahren gebe es die Hospizbewegung, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Hilde Mattheis, in der Debatte: „Mehr als 1.500 ambulante Dienste, 200 stationäre Hospize, 250 Palliativstationen und 80.000 Ehrenamtliche kümmern und engagieren sich für sterbende Menschen.“ Dieses Engagement werde durch das Gesetz besser unterstützt. Zudem würden Versorgungslücken geschlossen. Mattheis machte deutlich, dass für die SPD-Fraktion Gesundheit und Pflege zur Daseinsvorsorge gehörten, die „allen Menschen Zugang zum Fortschritt in der medizinischen Versorgung“ ermögliche. Mit Blick auf damit verbundene Kostensteigerungen warb Mattheis für die solidarische und paritätische Finanzierung.

Die Patientenbeauftragte der SPD-Fraktion, Helga Kühn-Mengel, verwies darauf, dass die entsprechenden Verbände mehrheitlich den Gesetzentwurf unterstützten. Sie erinnerte auch daran, dass es das Ziel sei, zunächst „die Hospiz- und Palliativversorgung zu verbessern, bevor es um die Sterbehilfe geht“. Es habe sich in den vergangenen zehn Jahren eine Menge getan, 8000 Ärztinnen und Ärzte hätten sich als Palliativmediziner qualifiziert und 20.000 Pflegekräfte hätten sich weitergebildet, sagte Kühn-Mengel. Dies gelte es weiter auszubauen.

Damit vor allem in ländlichen Regionen die Versorgung von schwerkranken und sterbenden Menschen verbessert werde, sollten durch Programme und Netzwerke die Hausärzte stärker an der Palliativversorgung beteiligt werden, betonte die SPD-Abgeordnete, Bettina Müller. Dies sehe das Gesetz vor und dies entspreche auch dem Wunsch der Patientinnen und Patienten, die sich am Ende ihres Lebens eine Begleitung durch ihren vertrauten Hausarzt wünschten.

Welche Regelungen sieht der Gesetzentwurf vor?

Die Palliativmedizin soll Bestandteil der Regelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werden. Um die Qualität in der Palliativversorgung zu verbessern, Ärztinnen und Ärzte zusätzlich zu qualifizieren und die Netzwerkarbeit mit anderen an der Versorgung beteiligten Berufsgruppen und Einrichtungen zu fördern, sollen Ärzteschaft und GKV zusätzlich vergütete Leistungen vereinbaren.

Die sogenannte Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) soll flächendeckend verbreitet werden. Die Krankenkassen werden dazu verpflichtet, die Patientinnen und Patienten bei der Auswahl von Angeboten der Palliativ- und Hospizversorgung individuell zu beraten.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (oberstes Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland – GBA) soll in seiner Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege die einzelnen Leistungen der Palliativpflege konkretisieren.

Die finanzielle Ausstattung stationärer Kinder- und Erwachsenen-Hospize soll verbessert werden. Dazu soll der Mindestzuschuss der Krankenkassen ansteigen. Für Hospize soll der Tagessatz pro betreutem Versicherten um 25 Prozent von derzeit rund 198 Euro auf rund 255 Euro erhöht werden. Außerdem werden die Krankenkassen künftig 95 Prozent statt wie bisher 90 Prozent der zuschussfähigen Kosten tragen. Bei Kinderhospizen übernimmt die Krankenkasse bereits heute 95 Prozent. Dass der Eigenanteil in Höhe von fünf Prozent beibehalten werden soll, entspreche dem Wunsch der Hospizverbände. Denn so werde sichergestellt, dass der Charakter der vom bürgerschaftlichen Ehrenamt und Spenden getragenen Hospizbewegung erhalten bleibe, heißt es.

Die Zuschüsse für ambulante Hospizdienste sollen neben den Personalkosten auch die Sachkosten berücksichtigen (z. B. Fahrtkosten der ehrenamtlichen Mitarbeiter). Darüber hinaus soll ein angemessenes Verhältnis von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern sichergestellt werden. Außerdem soll die ambulante Hospizarbeit in stationären Pflegeeinrichtungen stärker berücksichtigt werden. Krankenhäuser sollen Hospizdienste mit Sterbebegleitungen auch in ihren Einrichtungen beauftragen können.

Sterbebegleitung soll auch Bestandteil des Versorgungsauftrages der gesetzlichen Pflegeversicherung werden. Pflegeheime sollen dazu Kooperationsverträge mit Haus- und Fachärzten abschließen. Ärztinnen und Ärzte, die sich daran beteiligen, erhalten dafür eine zusätzliche Vergütung. Außerdem sollen Pflegeheime und Einrichtungen für Behinderte ihren Bewohnern eine Planung zur individuellen medizinischen, pflegerischen, psychosozialen und seelsorgerischen Betreuung in der letzten Lebensphase organisieren können. Auch diese Leistungen sollen von den Krankenkassen finanziert werden.

Zur Stärkung der Hospizkultur und Palliativversorgung in Krankenhäusern ist vorgesehen, dass für Palliativstationen krankenhausindividuelle Entgelte mit den Kostenträgern vereinbart werden, wenn das Krankenhaus dies wünscht.