In der Lesung erinnerte Gudrun Landgrebe an Clara Zetkin, die vor 100 Jahren den Weltfrauentag mitbegründete, an die SPD-Abgeordnete Marie Juchacz, die 1919 in der Weimarer Nationalversammlung als erste Frau eine Rede vor dem deutschen Parlament hielt, den Rückschlag für die Emanzipation im Dritten Reich, aber auch den Widerstand der Geschwister Scholl und die Aufbauleistung der so genannten Trümmerfrauen nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Abgeordnete Louise Schröder beschrieb es im November 1949 vor dem Deutschen Bundestag so:

„Unsere Frauen sind es gewesen, die mit ihren bloßen Händen die Straßen von der Lebensgefahr befreit und die Trümmer aufgeräumt haben. Und als Frau, muss ich sagen, haben wir eine Ehrenpflicht gegenüber diesen Frauen, die nun plötzlich arbeitslos sind, weil wir sie nicht mehr bezahlen können.“

„Schalten Sie den Staubsauger aus“

Im Grundgesetz der eben erst neu gegründeten Bonner Republik stand nun der Gleichbehandlungsgrundsatz von Frau und Mann. In der Realität hingegen zeigte sich immer noch ein anderes Bild - wie man dem „Handbuch für die gute Ehefrau“ von 1955 entnehmen kann:

„Die meisten Männer sind hungrig, wenn sie nach Hause kommen, und eine warme Mahlzeitgehört zu einem herzlichen Empfang so wie er ihn braucht. Wenn er nach Hause kommt, schalten Sie die Spülmaschine, Trockner und Staubsauger aus. Ermahnen Sie Ihre Kinder, leise zu sein. Seien Sie glücklich, ihn zu sehen. Beklagen Sie sich nicht, wenn er zu spät heim kommt, der Abend gehört ihm.“

In den folgenden Jahrzehnten gewann die Emanzipationsbewegung neue Stärke – von Simone de Beauvoir bis Alice Schwarzer. Gudrun Landgrebe erinnerte daran, wie acht Jahre nach der Deutschen Einheit mit der SPD-geführten Bundesregierung auch frauenpolitisch ein neues Denken in die Politik Einzug hielt. Die SPD-Frauenministerinnen Christine Bergmann und Renate Schmidt postulierten eine Trendwende – „weg  von diesem Hausfrauenmodell oder Zuverdienermodell. Es müssen sich alte Rollenbilder ändern und das ist ein schwieriger Prozess." Das Elterngeld und der Ausbau der Kinderbetreuung standen für diesen Wechsel.

„Alle Frauen wollen heute das Gleiche“  

Und heute? Für die SPD steht die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern, nicht zuletzt im Beruf, ganz oben auf der Agenda. Die gleichen Rechte sind mühsam erkämpft, die tatsächliche Gleichbehandlung aber noch immer nicht erreicht.  

Landgrebe rezitierte aus dem Buch „Alphamädchen - warum Feminismus das Leben schön macht“ der drei Münchner Autorinnen Haaf, Klinger und Streidl:

„Alle jungen Frauen wollen heute das Gleiche, nämlich: genauso viel verdienen wie Männer, die gleichen Aufstiegschancen, einen gleich großen Anteil an der Macht in unserem Land und nciht vor die Entscheidung Kind oder Karriere gestellt werden. ... All das sollte eigentlich selbstverständlich sein, und doch ist es das nicht. ... Wie sind Feministinnen. Alle. Weil wir doch alle genau das wollen, was auch der Feminismus will: gleiche Verhältnisse für Mann und Frau. Also sollten wir auch etwas dafür tun.“

So lautete denn auch die Botschaft der SPD-Fraktion: Um echte Gleichstellung durchzusetzen, müssen neue gesetzliche Regelungen und bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dazu gehören vor allem eine gesetzliche Quotenregelung für Frauen in Führungspositionen, ein Gesetz zur Durchsetzung von gleichem Lohn für gleiche Arbeit sowie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch 100 Jahre nach dem ersten Weltfrauentag bleibt noch immer einiges zu tun, wie Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, Fraktionsvize Dagmar Ziegler und die frauenpolitische Sprecherin Caren Marks in ihren Redebeiträgen deutlich machten.