Digitalisierung heißt mehr Chancen und mehr Risiken
Die Digitalisierung unserer Welt bietet viele Chancen: Gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe und wirtschaftliches Innovationspotenzial. Für Verbraucherinnen und Verbraucher birgt sie aber auch Risiken z. B. für ihre Persönlichkeitsrechte, den Schutz ihrer Daten und durch Abmahnabzockerei. Die schwarz-gelbe Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass Verbraucherinnen und Verbraucher lediglich ausreichend viele Informationen erhalten müssen, um dann als „mündige“ Verbraucher agieren und den Markt selbst durch ihr Handeln beeinflussen zu können. Deshalb verfolgen Union und FDP auch keine verbraucherpolitischen Gesamtkonzepte – weder für die analoge noch für die digitale Welt.
Digitale Welt verbraucherfreundlich gestalten
Die SPD-Fraktion will mit ihrem Positionspapier „Die digitale Welt verbraucherfreundlich gestalten“ und dem gleichnamigen Antrag (Drs. 17/13886) Leitplanken einziehen. Dazu gehören die Bereiche Verbraucherinformation, allgemeine Netzpolitik, Datenschutz und Finanzdienstleistungen im Internet.
Die Interessen von Verbraucherinnen und Verbrauchern müssen auch in der komplexen digitalen Welt geschützt werden. Dies muss unter zwei Maßgaben beachtet werden:
- Verbraucherinnen und Verbraucher, die über Computer, Smartphones und Tabletts interagieren, haben kein persönliches Gegenüber, dessen Aktionen und Reaktionen sie einschätzen und bewerten können.
- Die Kenntnisse und die Erfahrungen im Umgang mit digitalen Medien sind bei Verbaucherinnen und Verbrauchern unterschiedlich ausgeprägt. Deshalb muss das Schutzniveau so gestaltet sein, dass es alle erfasst.
Qualität statt Quantität bei Verbraucherinformationen
Die Qualität von Verbraucherinformationen muss stimmen. Anstatt Verbraucherinnen und Verbraucher einer Flut von Informationen auszusetzen, geht es darum, die wesentlichen und notwendigen Informationen in verständlicher Form bereitzustellen. Aber auch die erforderlichen rechtsverbindlichen Einwilligungserklärungen müssen dem Medium angemessen und eindeutig gestaltet sein.
Schnelles Internet und Netzneutralität
Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten fordern ein Recht auf schnelle Internet-Verbindungen für alle ein, was durch eine Universaldienstverpflichtung gesetzlich abgesichert werden soll. Ebenso ist die so genannte Netzneutralität gesetzlich zu verankern. Danach sollen alle Daten unabhängig von kommerziellen Interessen bei Transport und Zugang gleichbehandelt werden.
Datenschutz ist Verbraucherschutz
Damit die Persönlichkeitsrechte der Verbraucherinnen und Verbraucher gewahrt bleiben, will die SPD-Fraktion hohe Datenschutzstandards durchsetzen. Dazu gehört eine starke Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO).
Dabei soll das so genannte Marktortprinzip gelten. Das besagt, dass die Regeln des europäischen Datenschutzrechts für die Verarbeitung von Daten europäischer Verbraucherinnen und Verbrauchern angewendet wird. Am Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und am Einwilligungsvorbehalt ist festzuhalten. Dafür gilt es, Wege zu finden, die Einwilligung in der digitalen Welt für datenverarbeitende Stellen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher praktikabler zu machen. Datenschutz durch Technik und damit die Möglichkeiten der Anonymisierung und Pseudonymisierung soll durch die DS-GVO gefördert werden. Ziel ist, das Erheben von personenbezogenen Daten soweit möglich von vornherein zu vermeiden bzw. zu begrenzen.
Daten sammeln nicht ohne Einverständnis
Zielvorgaben des Datenschutzes wie Datensparsamkeit, Datenvermeidung und die Zweckbindung jeglichen Umgangs mit Daten sollen durch die DS-GVO stärker zur Geltung kommen. Dabei sollen die Grundsätze „Privacy by default“ (Angebote werden datensparsam konzipiert und eingerichtet) und „Privacy by Design“ (Daten werden nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Verbraucherinnen und Verbraucher gesammelt) präventiv beim Datenschutzes unterstützen. Zur Profilbildung sind Regeln zu etablieren, nach denen bereits bei der Erhebung der Daten und nicht erst bei deren Verarbeitung angesetzt wird. Sie sollen die Souveränität der Betroffenen über ihre Daten bekräftigen. Darüber hinaus sollen die Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Recht auf Datenportabilität haben. Das heißt sie sollen die von ihnen erhobenen Daten z. B. beim Wechsel eines Internetdienstleisters uneingeschränkt mitnehmen können. Dazu müssen einheitliche Standards definiert und geregelt werden. Die DS-GVO soll zudem den rechtlichen Rahmen geben, damit gut ausgestattete und starke Aufsichtsbehörden eine konsistente Anwendung des Datenschutzrechts in ganz Europa durchsetzen können. Durch hohe Strafen und Bußgelder sollen finanzielle Anreize gegeben werden, wirksame Datenschutz- und Datensicherheitsstandards in Unternehmen zu implementieren.
Standardisierte Verfahren bei Online-Bezahldiensten
Die SPD-Fraktion fordert, die seit Mai 2011 überfällige Umsetzung der E-Privacy-Richtlinie, nach der Cookies in der Regel nur gesetzt werden dürfen, wenn die Internetnutzerinnen und -nutzer ihre Einwilligung dazu gegeben haben (Einwilligungsvorbehalt). Des Weiteren sollen standardisierte Verfahren für Online-Bezahlmodelle gelten, so dass Verbraucherinnen und Verbraucher den Zahlungsdienstleister frei wählen können und so dauerhaft ein funktionierender Preis- und Leistungswettbewerb ermöglicht wird.
Marktwächter für die digitale Welt einführen
Ein „Marktwächter digitale Welt“ soll eingeführt werden. Er soll die Marktstrukturen beobachten, Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern sammeln und systematisch auswerten, Missstände an die zuständigen Aufsichtsbehörden melden und im Zweifel die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher durchsetzen. Darüber hinaus soll der Marktwächter in der Verbraucherbildung aktiv sein. Er soll bei den Verbraucherschutzzentralen und ihrem Bundesverband angesiedelt werden. Mit der der Einführung eines „Marktwächters digitale Welt“ soll im Unterlassungsklagegesetz (UKlaG) klargestellt werden, dass Datenschutzvorschriften, soweit sie Verbraucherrechte betreffen, Verbraucherschutzgesetze im Sinne des UKlaG sind. Dadurch können Verbraucherorganisationen gegen schlechte bzw. rechtswidrige Datenschutzbestimmungen rechtlich besser vorgehen.
Abmahnabzocke bremsen – Privatkopien zulassen
Außerdem wollen die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die Möglichkeit von Privatkopien in der digitalen Welt zu erhalten. Massenhafte Abmahnungen von Urheberrechtsverletzungen durch Private sollen eingedämmt werden. Dazu wird eine Streitwertobergrenze mit klar gefasstem Anwendungsbereich eingeführt. Insbesondere sind Ausnahmetatbestände mit unbestimmten Rechtsbegriffen abzulehnen. Auch der „fliegenden Gerichtsstands“ bei Urheberrechtsverstößen im Internet muss eingeschränkt werden.
Am Puls der Verbraucher sein
Die SPD-Fraktion fordert als Grundlage für verbraucherpolitische Maßnahmen ein, dass die verbraucherbezogene Forschung ausgebaut wird. Ein Verbraucherpanel soll jährlich repräsentative Daten zum Verbraucherverhalten liefern. Ein Sachverständigenrat für Verbraucherfragen soll Gutachten sowie Lösungsvorschläge zu verbraucherpolitischen Fragen erarbeiten und ein Verbrauchercheck soll bei Gesetzesvorhaben die Auswirkungen auf Verbraucherinnen und Verbraucher überprüfen.