Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Antisemitismus gibt es leider überall, um das ganz klar und deutlich zu sagen. Antisemitismus findet man nicht nur an den politischen Rändern der deutschen Parteienlandschaft, sondern auch in deren Mitte. Der eindeutige Unterschied zur Linkspartei ist, dass bei allen anderen Parteien jede Art des Antisemitismus sofort und
ohne Wenn und Aber zurückgewiesen wird, und zwar nicht von einigen wenigen, sondern von allen, insbesondere von allen Kolleginnen und Kollegen hier im Deutschen Bundestag.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist bei Ihnen leider nicht der Fall, und das ist der Grund für die heutige Aktuelle Stunde. Seit Monaten kommen aus den Reihen der Linkspartei Äußerungen, Forderungen und Aktivitäten, die wir zunächst nur fassungslos zur Kenntnis nehmen können. Daher freue ich mich, dass wir heute im Bundestag über diese hässliche Problematik sprechen können.

 

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Ich möchte mit dem jüngsten Beispiel anfangen, an dem man diese Tatsache deutlich machen kann. In der Hansestadt Bremen riefen vor wenigen Wochen Mitglieder oder Freunde des Bremer Friedensforums zum Boykott israelischer Waren auf.
(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das ist echt unglaublich!)

Wir erinnern uns alle an die Bilder von den sogenannten Friedensaktivisten, die in Bremen mit Schildern vor einem Supermarkt demonstrierten, auf denen zum Beispiel stand: Boykottiert Israels Früchte! – Auf dem genannten Plakat sah man zudem ein Stück Orange, das mit Blut verschmiert war.
(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Unerhört!)

Diese wirklich widerliche Aktion, die sofort die Bilder aus dem Dritten Reich in uns allen wachrief, wurde von allen demokratischen Parteien in Bremen scharf verurteilt. Lediglich die Partei Die Linke weigerte sich, den gemeinsamen Aufruf zu unterschreiben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich frage mich: War dies ein Einzelfall? Vor fast genau einem Jahr versuchten Aktivisten mit der sogenannten Gaza-Flottille die Blockade des Gazastreifens auf dem Seeweg zu durchbrechen. Obwohl Israel angekündigt hatte, das Vorhaben zu blockieren, und gleichzeitig anbot, die auf den Schiffen transportierten Hilfsgüter nach Gaza zu bringen, hielten die Aktivisten an ihrem Plan fest. Wir kennen alle das Ergebnis. Schaut man jetzt, ein Jahr später, mit Ruhe auf die Ereignisse, bestätigt sich leider der damalige Verdacht, dass die Organisatoren bewusst die Eskalation herbeigeführt haben. Das Schiff wurde beim Auslaufen aus dem Istanbuler Hafen mit antisemitischen Gesängen verabschiedet. Darauf ist die Studie, die Grundlage dieser Diskussion ist, eingegangen. Unsere Kolleginnen Annette Groth und Inge Höger sowie der ehemalige Bundestagsabgeordnete Norman Paech waren dabei.

Wenn es sich bei dieser Fahrt tatsächlich um eine Solidaritätsaktion für die Menschen in Gaza gehandelt hätte, wieso nahmen die Aktivisten das Angebot dann nicht an? Wieso waren auf dem Boot überhaupt Islamisten, und wieso gab es ein Frauendeck? Wir sind schließlich im 21. Jahrhundert. Wieso haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich nicht ganz deutlich von den antisemitischen Parolen distanziert oder diese verhindert? Und – das finde ich besonders skandalös –: Warum haben sich die Teilnehmer eigentlich nicht für die sofortige Freilassung von Gilad Schalit eingesetzt, der seit genau 1 795 Tagen im Gazastreifen in Haft ist?
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –
Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Unsere Partei hat dazu einen Antrag gestellt!)

Dass deutsche Parlamentarier bei dieser illegalen Aktion mitgemacht haben, finde ich unglaublich.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

War das eine Einzelmeinung in der Linkspartei? Wohl kaum. Groth, Höger und Paech wurden nach ihrer Heimkehr nach Berlin von der Vorsitzenden der Linkspartei, Gesine Lötzsch, herzlich empfangen und traten anschließend auf vielen zwielichtigen Veranstaltungen auf, um gegen Israel zu wettern. Eine Distanzierung von den Islamisten an Bord fand jedoch nicht statt.

Können wir denn wirklich glauben, dass es darum ging, den Menschen im Gazastreifen zu helfen? Steckte hinter dieser Aktion nicht vielmehr die Ablehnung des Existenzrechts Israels?
(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist Ihre Behauptung!)

Diese Frage muss, so meine ich, geklärt werden. Deshalb sage ich: Wir dürfen es nicht länger hinnehmen, dass unter dem Deckmantel der Israel-Kritik antisemitische Vorurteile oder antisemitische Kampagnen salonfähig werden.
(Zurufe von der CDU/CSU: So ist es! – Sehr richtig!)

Der Freiheitskämpfer Natan Sharansky, ehemaliger Dissident und Häftling im Sowjetkommunismus, späterer israelischer Politiker und heutiger Chairman of the
Jewish Agency for Israel, hatte recht, als er mit seiner „3-D“-These deutlich machte, wann Israel-Kritik antisemitisch wird, nämlich dann, wenn die Existenzberechtigung
des jüdischen Staates delegitimiert wird, wenn Israel dämonisiert wird und wenn Israel mit Doppelstandards verurteilt wird.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Linkspartei, fordere ich Sie auf: Nehmen Sie Abstand von dieser Politik! Bekennen Sie sich zum Existenzrecht Israels!
(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Lesen Sie die Erklärung des Parteivorstands! Wie
oft denn noch! Das ist alles schon erfolgt!)

Und schließlich – ganz praktisch – an Sie gewandt: Ich möchte in diesem Hause keine derart unschönen Aktionen mehr erleben wie das demonstrative Sitzenbleiben nach der Rede des israelischen Staatspräsidenten Shimon Peres.

Herzlichen Dank.