Die Unternehmen setzen darauf, dass sie in der Bundesrepublik Anlagen zur Erzeugung von Offshorewindenergie unter guten Rahmenbedingungen entwickeln, bauen und verkaufen können.
Uwe Beckmeyer (SPD):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin ein wenig entsetzt über den Stand der Erkenntnis, den dieser Bundeswirtschaftsminister uns heute und in den letzten Tagen vermittelt hat. Man fragt sich eigentlich: Wo war er die ganzen letzten drei Jahre? War diese Bundesregierung in dieser Frage in den letzten drei Jahren auch nur irgendwie aktiv? Was muss eigentlich noch alles passieren, damit die Windkraftbranche, die Offshorebranche in Deutschland überhaupt noch eine Zukunft hat?
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
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Ich komme aus einer Stadt, in der mindestens 25 Unternehmen in der Windkraftbranche tätig sind: REpower Systems, PowerBlades, Areva Wind, WeserWind, alles große Unternehmen. All diese Unternehmen haben in den letzten fünf, sechs Jahren dreistellige Millionenbeträge investiert. Die setzen darauf, dass sie in der Bundesrepublik Anlagen zur Erzeugung von Offshorewindenergie unter guten Rahmenbedingungen entwickeln, bauen und verkaufen können. Für die Rahmenbedingungen sind ausschließlich Sie, Herr Bundeswirtschaftsminister, in dieser Regierung zuständig.
(Christian Lange (Backnang) (SPD): So ist es!)
Aber wo sind diese Rahmenbedingungen? Wer hat eigentlich diese Rahmenbedingungen in den letzten Jahren nicht geschaffen? Das ist diese Bundesregierung.
Wir haben inzwischen Insolvenzen von großen Unternehmen an der Küste, die dort bisher in der Windkraftbranche tätig waren. Das zarte anfängliche Anklopfen der Ministerpräsidenten ist in diesem Herbst inzwischen zu einem Sturm geworden, weil die Unternehmen dort oben an der Küste erkennen: Diese Regierung handelt nicht. Diese Regierung verschläft das Problem. Sie sind ein Planlosigkeitsminister, nichts anderes.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich darf an dieser Stelle ganz zurückgenommen sagen: Wir haben eine enorme Chance in diesem Feld. In den nächsten Jahren können locker Investitionen von mehreren Milliarden, manche reden von 75 Milliarden, getätigt werden. Aber was erleben wir? Da kündigt EnBW an, dass der dritte Windpark jetzt im November gestoppt wird, weil unsichere Rahmenbedingungen vorhanden sind. Da fragt man sich doch: Sind das eigentlich noch nicht genügend Weckrufe, damit diese Bundesregierung endlich handelt?
Das Problem TenneT ist seit mindestens zwei Jahren in der Szene bekannt. Die haben zu wenig Kohle und zu wenig Investitionskraft. Jetzt kommt die Bundesnetzagentur und attestiert das, was gerade vom Kollegen der Grünen gesagt worden ist. Und was macht diese Bundesregierung? Gar nichts. Wo sind Ihre Gespräche mit TenneT? Wo sind Ihre Initiativen, dass TenneT seine Aufgaben als Investor für die Netze auch im Offshorebereich wahrnehmen kann? Wo sind sie?
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn Sie zur niederländischen Regierung fahren und dort erfahren, dass sie den TenneT-Leuten nicht unter die Arme greifen will, dann müssen Sie als Bundeswirtschaftsminister für Deutschland doch selbst tätig werden, um in dieser Frage endlich Klarheit zu erringen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie produzieren hier Trümmer, eine Trümmerlandschaft der Energiepolitik. Ich finde, das ist unverzeihlich; denn es gibt Tausende von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die hoffnungsvoll in diese Branche eingestiegen sind und die sich hier engagieren, junge Ingenieure, die darin eine Zukunft sehen. Alle Menschen dort werden zurzeit verunsichert, weil sie genau sehen, was in ihrem Betrieb los ist. Sie fahren momentan auf Volllast und wissen, dass sie Mitte nächsten Jahres aufgrund von nicht erfolgten weiteren Bestellungen in eine Unterbeschäftigung geraten. Da kann ich nur fragen: Wer trägt dafür die Verantwortung? Diese Bundesregierung schweigt zu diesem Problem. Diese Bundesregierung ist nicht einmal in der Lage, das Instrument der KfW-Förderbank so einzusetzen, dass sie auch tatsächlich helfen kann. Nein, Sie nehmen dieser Förderbank auch noch die letzten Reserven.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Bei diesem Punkt merkt man: Das, was Sie mit dieser Politik betreiben, passt nicht zusammen. Alle Bauteile, die ordentlich zusammengestellt werden müssen, werden von Ihnen zerstört. Die einzelnen Instrumente, die eine Regierung hat, die sie schärfen und einsetzen kann, werden von Ihnen leider nicht genutzt.
Ich bin traurig darüber,
(Volker Kauder (CDU/CSU): Das brauchen Sie nicht!)
weil die Menschen bei uns im Grunde etwas Besseres verdient haben. Sie haben die Phase des Niedergangs der deutschen Werften erlebt. Sie sehen jetzt plötzlich die Chance, eine Industrie zu etablieren, die wieder eine Perspektive bietet. Aber gleichzeitig setzt diese Bundesregierung Rahmenbedingungen, die das alles wieder infrage stellen. Sie sind in dieser Frage ich sage einmal kein verlässlicher Partner. Sie sind in dieser Frage von der Bevölkerung inzwischen als unzuverlässig, als nicht nach vorne gerichtet identifiziert worden. Zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik trauen Ihnen nichts mehr zu. Das ist leider Gottes eine so ernste Situation, dass man nur hoffen kann, dass die Monate bis zum September wirklich schnell vergehen, damit wir endlich einmal wieder eine ordentliche Orientierung bekommen, eine Industriepolitik, die stimmig ist, eine Politik, die nach vorne weist und die auch in der Energiefrage endlich Klarheit schafft.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Themen Wirtschaftswachstum, Versorgungssicherheit und Stromkosten sind bei Ihnen ausgesprochen schlecht aufgehoben.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)