Es gebe nicht viel, was man von Schwarz-Gelb lernen könne, aber eines könne man lernen, nämlich dass man sich auf Regierung gut vorbereiten müsse. "Wir haben uns vor 18 Monaten auf den Weg gemacht und auf der Fraktionsklausur in Magdeburg mit dem Beschluss Deutschland 2020 die Grundlagen für den Kongress heute gelegt. Unser Ziel war es, zentrale Herausforderungen für eine gute Zukunft unseres Landes zu bekommen," sagte Thomas Oppermann, 1. Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, zur Eröffnung des Zukunftskongresses.
Anrede,
Warum machen wir diesen Kongress?
Als wir vor knapp 3 Jahren den Gang in die Opposition antreten mussten, wussten wir nicht, was uns erwartet! Große Hoffnungen haben uns dabei nicht begleitet. Viele haben das Schlimmste befürchtet.
Herbert Wehner wurde beschworen, der nach dem Regierungsverlust 1982/83 eine Oppositionszeit von 15 Jahren vorausgesehen hatte.
Viele haben uns 2009 Ähnliches prophezeit: Die SPD werde in der Opposition untergehen, sich in Flügelkämpfen aufreiben, ihren Charakter als Volkspartei verlieren und zu einer Randerscheinung der deutschen Politik werden.
Nichts davon ist eingetreten,
Die SPD hat sich in den vergangenen drei Jahren als Volkspartei der linken Mitte stabilisiert, sie hat Vertrauen und Glaubwürdigkeit zurückgewonnen.
Wir sind nicht nur geschlossener als die Regierungsparteien. Wir sind auch erfolgreicher: in allen 12 Landtagswahlen seit 2009 haben wir es in die Regierung geschafft.Acht Ministerpräsidenten: Hannelore Kraft, Olaf Scholz, Torsten Albig, Stephan Weil und Christian Ude.
Wir haben im Bundestag die Aufgabe der Opposition angenommen, aber wir haben uns nicht in der Opposition eingerichtet – schon gar nicht auf Dauer!
Und hatte nicht auch Franz Müntefering als Partei und Vizekanzler gesagt: „Opposition ist Mist“? Franz Müntefering hatte damals zweifellos Recht:
Aus der Sicht einer Regierungspartei ist Opposition die Zeit nach der Regierung! Aber heute haben wir eine andere Perspektive:
Aus der Sicht der Opposition ist Opposition immer die Zeit vor der Regierung. Also immer die Zeit, in der wir uns auf die Regierung vorbereiten müssen. Wer die Zeit dafür in der Opposition nicht nutzt, dem wird sie in der Regierung fehlen.
Wir hätten uns ja auch darauf beschränken können, die Bundesregierung zu kritisieren und zu verdammen.
Die Verlockung war groß, denn es gab dafür mindestens ein Mal pro Tag Gelegenheit!
Was haben die nicht alles angerichtet?
Inmitten der größten Finanzmarktkrise seit Ende der 20er Jahre, inmitten einer tiefen Rezession und einer wachsenden Staatsschuldenkrise wollten sie milliardenschwere Steuersenkungen mit neuen Schulden finanzieren. Noch nie war ein politisches Projekt so aus der Zeit gefallen, wie die Steuersenkung auf Pump.
Und dann haben sie den Wahlsieg und den Auftrag zur Regierungsbildung mit der Vollmacht verwechselt, schamlos die eigene Klientel zu bedienen. Die Mövenpick-Steuer wurde erfunden, der Inbegriff der Klientelpolitik. Seither glauben die Deutschen, dass nicht diejenigen, die mit guten Argumenten ein legitimes Anliegen vortragen, in der Politik etwas erreichen können, sondern nur diejenigen, die eine starke Lobby haben!
Es wird nicht einfach, den schweren Schaden für das Ansehen unserer Demokratie wieder zu reparieren.
Parallel zur Klientelpolitik wurde die Zick-Zack-Politik erfunden. Erst hat Frau Merkel auf Biegen und Brechen und gegen alle Vernunft die Laufzeiten für Atomkraftwerke verlängert, dann kam nach Fukushima ein überhasteter Ausstieg mit einer bis heute geradezu dilettantisch verstolperten Energiewende.
Und ein letztes Beispiel für eine völlig verkorkste Politik: Frau Merkel will gegen die Mehrheit der Bevölkerung, gegen den Rat aller Experten, gegen den ausdrücklichen Wunsch der Wirtschaft und gegen die Interessen der betroffenen Kinder und Frauen, das Betreuungsgeld durchsetzen. Für Ganztagsschulen und dringend benötigte Krippen- und Kitaplätze ist kein Geld da.
Die wenigen Beispiele zeigen: Noch nie wurde Deutschland so schlecht regiert wie von Angela Merkels Chaos-Truppe. Dieses Land hat eine bessere Regierung verdient. Und deshalb sage ich: „Wir können, wir wollen und müssen Deutschland besser regieren!“
Aber der schwerste Vorwurf an Angela Merkel und ihre Bundesregierung ist, dass sie nichts tun, um unser Land auf die Zukunft vorzubereiten.
Deutschland ist stark, unser Land steht im Vergleich sehr gut da:
- die Arbeitslosigkeit ist gesunken
- die Steuereinnahmen sind gestiegen
- die Sozialversicherungen haben Überschüsse
Eines ist sicher: Das kam nicht von selbst und es bleibt auch nicht automatisch so. Es ist das Ergebnis harter anstrengender rot-grüner Reformarbeit.
Wir könnten jetzt aus einer Position noch vorhandener Stärke die Weichen stellen, aber nichts passiert. Angela Merkel wartet einfach ab und schaut untätig zu, wie sich ganz langsam die Lage in Deutschland verschlechtert.
Frank-Walter Steinmeier hat es in der Haushaltsdebatte auf den Punkt gebracht: Diese Regierung lebt von der Substanz, sie lebt von Vorräten, die andere angelegt haben. Deutschland hat 2011 die zweithöchsten und 2012 die höchsten Steuereinnahmen in seiner Geschichte.
Und nicht einmal in diesem Jahr gelingt es Frau Merkel, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Im Haushalt 2012 müssen mehr als 10 Prozent der Ausgaben mit neuen Krediten finanziert werden.
Wenn wir in Rekordsteuereinnahmejahren so leichtfertig Schulden machen, wie soll das werden, wenn die Zeiten wieder schlechter werden?
Es gibt nicht viel, was man von Schwarz-Gelb lernen kann, aber eines kann man lernen, nämlich dass man sich auf Regierung gut vorbereiten muss.
Mit Oppositionsrhetorik und populistischen Wahlkampfforderungen kann man ein Land nicht verantwortungsvoll regieren. Von diesem folgenschweren Fehler hat sich Schwarz-Gelb bis heute nicht erholt und dafür werden sie in 12 Monaten auch abgewählt werden!
Das ist sicher! Und sicher ist auch, dass wir nicht unvorbereitet in die Regierung gehen.
Wir haben uns vor 18 Monaten auf den Weg gemacht und auf der Fraktionsklausur in Magdeburg mit dem Beschluss Deutschland 2020 die Grundlagen für den Kongress heute gelegt.
Unser Ziel war es, zentrale Herausforderungen für eine gute Zukunft unseres Landes zu bekommen. Wir haben uns gefragt:
- Wo stehen wir heute?
- Was kommt auf uns zu?
- Was können wir tun, damit Deutschland 2020 ein lebenswertes, gerechtes und wirtschaftlich modernes Land mit einer selbstbewussten Demokratie sein wird?
8 Projektgruppen haben dazu in den vergangenen 18 Monaten intensiv gearbeitet und legen heute und morgen ihre Ergebnisse vor.
Schriftlich finden sie die Ergebnisse auch in der Kongressbroschüre, die vor Ihnen liegt.
Ich möchte mich bei den Leitern und allen Mitgliedern dieser Projektgruppen bedanken.
Unserer Dank gilt Wissenschaftlern, Gewerkschaften, Unternehmern und Verbänden, die in diesen Projektgruppen mitgewirkt haben.
Vielen von denen sind heute hier. Herzlich willkommen!
Unser Dank gilt nicht zuletzt den Projektmitarbeitern, die wir für diese Projektgruppen eingestellt haben und von denen wir sehr profitiert haben.
Wir haben jetzt eine Blaupause.
Die Blaupause ist nicht perfekt.
Sie deckt auch nicht alle Bereiche ab.
Sie ist der erste Beitrag der Fraktion für das Regierungsprogramm 2013.
An diesem Programm können Sie mitarbeiten. Das wollen wir an diesem Wochenende beginnen und in den nächsten Monaten in vielen Veranstaltungen in ganz Deutschland fortsetzen.
Wir haben nicht mehr viel Zeit. In spätestens 371 Tagen ist die Bundestagswahl. Wir wollen dann wieder regieren. Und darauf wollen wir uns mit ihnen vorbereiten. Ich wünsche uns eine gute Veranstaltung.