Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Das hatte sich die Haribo-Geschäftsführung so gedacht: So kurz vor Weihnachten, während der Coronapandemie, still und leise, wird sich schon niemand groß darüber aufregen. – Falsch gedacht! Dank einer aktiven Belegschaft, eines wirklich umtriebigen Betriebsrates und der NGG vor Ort wird mittlerweile überall und auch hier darüber gesprochen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Das Land Sachsen hat die Werbegeschenke, gefüllt mit Gummibärchen, lieber an Schulen verschenkt, als weiter mit Haribo-Gummibärchen zu werben.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Und als das ehemalige Werbegesicht, Thomas Gottschalk, sich dazu öffentlich geäußert und das gescholten hat, da war das Knallen dieser Ohrfeige wirklich bundesweit zu vernehmen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])
Liebe Haribo-Geschäftsführung, so macht man das nicht!
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Aber ich will mal einen Schritt zurückgehen, damit man die Aufregung über die Schließung des Kleinstwerkes von Haribo nachvollziehen kann; denn tatsächlich wird bei vielen angesichts der Schließung etlicher ostdeutscher Niederlassungen von westdeutschen Unternehmen doch ein bisschen die Erinnerung an die 90er-Jahre wach. Damals ist sehr vielen Kolleginnen und Kollegen nach jahrzehntelanger Sicherheit und nach einem Leben voller Arbeit und voller Leistung einfach der Stuhl vor die Tür gesetzt worden, und das hat sich für die wie ein Arschtritt angefühlt.
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Na, na, na!)
Sorry, es lässt sich nicht feiner sagen. Das hat vielen den Stolz genommen und auch manchen die Würde. Was ist dann passiert? Statt sich als Beschäftigte gegenseitig unterzuhaken, sich zu wehren, hat damals die Angst gesiegt. Da ist lieber eine Allianz mit dem Chef eingegangen worden. Die nachvollziehbare Denke war: Hauptsache, lieber Chef, mein Arbeitsplatz ist sicher. Dafür bin ich auch still und leise, und dafür fordere ich auch nichts. – Dieses weit verbreitete Phänomen führt mit dazu, dass es im Osten immer noch niedrigere Löhne gibt, schwächere Gewerkschaften, eine niedrigere Tarifbindung und auch eine niedrigere Kaufkraft.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: So ist die Lage!)
Aber, liebe Leute, das hat sich geändert, und das sieht man auch an Haribo in Wilkau-Haßlau. Und die SPD steht an der Seite dieser mutigen Beschäftigten; denn es braucht immer noch Mut – gerade im Osten –, sich zu wehren und in der Art und Weise zu kämpfen, wie das die Kolleginnen und Kollegen dort tun.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Wir versuchen mit Gesetzen – das gestern beschlossene Arbeitsschutzkontrollgesetz ist eins von vielen –, dort zu unterstützen. Ich rufe den Beschäftigten in Ostdeutschland zu: Seid mutig! Das führt zu was! – In dem konkreten Fall führt es zu einem Sozialplan, einem ordentlichen, viel besseren als dem, den Haribo erst vorgelegt hat, immerhin zu einer zeitweisen Beschäftigungssicherung und zu jeder Menge so wichtiger Aufmerksamkeit. An die Adresse der Unternehmen sage ich: So, wie Haribo das gemacht hat, läuft das nicht mehr, liebe Leute. – Martin Dulig hat es auf den Punkt gebracht, als er gesagt hat: Der Osten ist nicht der Reservekanister des Westens. – Wir sind ein geeintes Land. Eure Verantwortung, liebe Unternehmerinnen und Unternehmer, gilt in Ost wie in West.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Haribo mag jetzt glauben: Wir haben ja jetzt was gemacht; die Weihnachtsruhe kommt ja jetzt. – Nein, wir schauen da weiter ganz genau hin. Es wäre am besten, den Schließungsbeschluss rückgängig zu machen, keine Frage. Aber selbst wenn das nicht passiert, wollen wir sehen: Wer sind denn diese potenziellen Käufer, die jetzt genannt sind? Und wir werden genauer hinschauen, dass die Beschäftigten in tarifgebundene neue Beschäftigung kommen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Es geht nicht um eine Abfindungshöhe. Es geht um gute tarifgebundene Arbeitsplätze. Aber in der Tat: Weihnachten steht vor der Tür, und der Weihnachtsmann ist ein Roter. Wenn der Weihnachtsmann blau ist, ist das für keinen gut.
(Beifall bei der SPD)
Der Weihnachtsmann ist ein Roter, und deswegen haben wir in diesem Jahr viele Gesetze auf den Weg gebracht, um Beschäftigte zu schützen – das verbesserte Kurzarbeitergeld, ein Arbeit-von-morgen-Gesetz, das Arbeitsschutzkontrollgesetz –, und im Geschenkesack ist noch jede Menge Respekt und vor allen Dingen Mut für die Beschäftigten, die sich für bessere Arbeitsbedingungen in diesem Land einsetzen, und zwar im ganzen Land.
(Beifall bei der SPD)
Die SPD steht an eurer Seite. Frohe Weihnachten und Glück auf!