Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der Antrag der AfD enthält tatsächlich einen vernünftigen Satz. Das ist mehr, als ich erwartet habe.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: „Der Deutsche Bundestag“!)
Es ist gleich der erste: Der Deutsche Bundestag begrüßt die Freilassung von Deniz Yücel aus politischer Willkürhaft. In der Tat: Das begrüßen wir hier alle.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das ist nicht vom Himmel gefallen, und deswegen auch von meiner Seite und von der Seite meiner Fraktion herzlichen Dank allen, die sich dafür eingesetzt und die Öfentlichkeit erzeugt haben, zuvorderst unserem geschäftsführenden Bundesaußenminister Sigmar Gabriel und der Bundeskanzlerin. Allen, die mitgeholfen haben, einen herzlichen Dank für dieses Engagement! Schön, dass es von Erfolg gekrönt war.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)
Wie man an dieser Stelle sieht, schützt der deutsche Staat seine Bürgerinnen und Bürger im Inneren und sogar dann, wenn sie irgendwo auf der Welt in Gefängnissen landen. Ich fnde, das ist eigentlich ein Zeitpunkt, an dem wir stolz auf unser Land sein und diesem Stolz Ausdruck verleihen könnten, was Sie ja so gerne tun. Das wäre auch für die Kolleginnen und Kollegen von der AfD einmal eine Gelegenheit gewesen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Den ersten Satz, den Sie hier geschrieben haben, wollten Sie eigentlich weiterschreiben. Hier sollte stehen: „Der Deutsche Bundestag begrüßt die Freilassung von Deniz Yücel aus politischer Willkürhaft, in die er von unserem Bruder im Geiste, Tayyip Erdogan, hineingeworfen wurde“;
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der AfD – Karsten Hilse [AfD]: Das ist Ihr Bruder im Geiste!)
denn der Erdogan hat es nicht so mit der Meinungsfreiheit und der Pressefreiheit, und Sie haben es auch nicht so mit der Pressefreiheit und der Meinungsfreiheit.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Er sitzt in der Türkei; das ist schade für die dort. Sie sitzen aber hier im deutschen Parlament, und ich fordere Sie auf, dass Sie Politik auf der Grundlage unseres Grundgesetzes machen
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das machen wir die ganze Zeit! Da können Sie sicher sein!)
und diesen Antrag zurückziehen. Sie können uns hier nicht aufordern, irgendwelche Äußerungen zu missbilligen, die journalistisch fallen. Nun zur Vorzugsbehandlung: Dort sei einer bevorzugt worden, während andere, vergleichbare Leute das gleiche Schicksal erlitten haben und weiterhin in den Kerkern sitzen, weiterhin unschuldig eingesperrt sind. – Da habe ich gedacht: Oha, jetzt wird uns die AfD einmal aufschreiben, was man für diese ganzen anderen Leute machen könnte, die unschuldig irgendwo eingekerkert sind und in den Gefängnissen sitzen.
(Stephan Brandner [AfD]: Sie können es doch offenbar selber!)
Und dann, Pustekuchen, kommt natürlich überhaupt nichts, sondern Sie verwenden diese vergleichbaren Schicksale nur, um auf den einen anderen zu zeigen
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
und uns dann vorzuwerfen: Ausgerechnet dem helft ihr!
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Genau!)
Wissen Sie, an was mich das erinnert? Sie sind doch für das christliche Abendland. Jetzt gebe ich Ihnen einmal christliches Abendland.
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Von Ihnen brauche ich keine Nachhilfe fürs christliche Abendland! Davon verstehen Sie nichts!)
Kennen Sie die Geschichte, in der das teure Salböl vergossen wurde? Dann kam Judas, der später zum Verräter wurde, und sagte: Nein, dieses teure Salböl wollen wir nicht ausgießen. Das wollen wir verkaufen, damit wir das Geld daraus den Armen geben können. – Dann steht als nächster Satz geschrieben: Aber Judas ging es gar nicht um die Armen; denn er war ein Dieb.
(Zuruf von der AfD: Der SPD geht es gar nicht um die Armen!)
Das fnde ich mit dieser Situation sehr vergleichbar.
(Stephan Brandner [AfD]: Das ist sehr kompliziert, was Sie erzählen!)
Sie reden auch manchmal von dem Rentner, der ein Leben lang gearbeitet hat und der nun mit einer kleinen Rente dasteht.
(Stephan Brandner [AfD]: Wer ist denn für die kleine Rente verantwortlich, Herr Castellucci?)
Aber ich habe von Ihnen nicht einen einzigen Vorschlag zur Verbesserung von Renten in diesem Parlament gehört, sondern immer wird nur in der ausländerfeindlichen Suppe gerührt. Das ist verwerfich.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Was hat denn das mit dem Thema zu tun? Haben wir jetzt eine Rentendebatte?)
Vizepräsidentin Petra Pau: Herr Castellucci, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung von Herrn Nolte?
Ich werde mit Ihnen streiten und diskutieren, wenn wir einmal über Sachfragen reden, aber nicht so lange, wie Sie uns solch peinliche Anträge vorlegen, über die wir hier unsere Zeit verlieren. Vergeudete Lebenszeit!
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Herr Curio – wo ist er denn? –, Sie sind doch ein studierter Mann.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na ja!)
Sie können mir doch nicht erzählen, dass Sie nicht in der Lage sind, zwischen einer Satire, aus der Sie hier ständig zitieren,
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Ha, ha, ha! – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das ist Hass, keine Satire! – Weitere Zurufe von der AfD)
und einem normalen Text zu unterscheiden. Das können Sie mir doch nicht erzählen.
(Stephan Brandner [AfD]: Die Satire ist eine Ausrede! Verstehen Sie das nicht?)
Da machen Sie uns doch etwas vor.Wissen Sie was? Ich helfe Ihnen dabei. Wir lernen hier ein bisschen Satire. Wissen Sie, was Deniz Yücel zu Ihrem Antrag sagen würde? Er würde sagen – Achtung Satire! –: AfD? Bester Antrag, wo gibt, von ganze Welt!
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)