Vertrauen enttäuscht

Viele Menschen, darunter auch viele, die im vergangenen Jahr Union und FDP gewählt haben, reagieren mit Enttäuschung auf die Politik von Schwarz-Gelb. Die einzigen, die die Regierungsarbeit noch loben, seien Kanzlerin Merkel und FDP-Chef Westerwelle, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende.

Verantwortung verweigert

Regieren bedeutet, Verantwortung fürs gemeinsame Ganze zu übernehmen. Doch diese Verantwortung zu tragen, falle vielen in der Regierung sehr schwer, so Steinmeier. Das „Kabinett der Eitelkeiten“ habe die „Ernsthaftigkeit des Regierungsauftrags gar nicht begriffen.“ Die Koalitionäre „streiten wie die Kesselflicker: Brüderle gegen Röttgen, Ramsauer gegen Brüderle und Röttgen, Westerwelle gegen Merkel, Seehofer gegen alle.“ Der Grund: „Diese Koalition verbindet nichts: Kein Projekt, keine gemeinsame Idee.“

Versprechen gebrochen

Die Menschen laufen der Koalition „scharenweise davon,“ stellte Steinmeier fest. Wenn das Vertrauen in eine Regierung derart erodiere wie bei Schwarz-Gelb in den letzten Monaten, dann habe dies nicht nur mit „stilistischen Fehlern“ zu tun. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es jemals eine Regierung gegeben hat, die so schlecht vorbereitet war, die so unernsthaft ans Werk gegangen ist und die so viele Versprechen gebrochen hat.“ Als Beispiel für eine „handfeste Wahllüge“ nannte Steinmeier das schwarz-gelbe  Steuersenkungsversprechen. Union und FDP hatten sowohl im Wahlkampf als auch in den ersten Monaten kaum ein Thema so in den Mittelpunkt gestellt wie das Versprechen einer steuerlichen Entlastung unterer und mittlerer Einkommen – obwohl die versprochenen Steuersenkungen angesichts der krisenbedingten Belastungen der öffentlichen Haushalte von Anfang an unrealistisch waren. Während Schwarz-Gelb die Hoteliers bei der Umsatzsteuer um Milliarden entlastete, kassierte Kanzlerin Merkel das Versprechen breiter Steuersenkungen nach der verlorenen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen wieder ein. Am Ende, so Frank-Walter Steinmeier, standen „Steuersenkungen für ein paar Wahlhelfer aus dem Hotelgewerbe“, aber keine Steuersenkungen für den großen Rest – stattdessen eine immer höhere Abgabenbelastung, unter anderem durch steigende Krankenkassenbeiträge. Als weitere Beispiele für verfehlte Politik nannte Steinmeier die Energie- und Wirtschaftspolitik sowie die Sozial- und Gesundheitspolitik.

„Das Jahr war Pfusch“

 Steinmeiers Fazit: Es war ein verlorenes Jahr für Deutschland. „Das Jahr war Pfusch. Das war nichts und das wird nichts. Dieser Herbst werde nicht zum „Herbst der Entscheidungen“, sondern zum „Herbst dieser Regierung.“

Lobbyismus und Spaltung

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel ergänzte, die Regierung denke im Wesentlichen darüber nach, welche Lobbyinteressen zu bedienen sind – statt die großen Herausforderungen anzupacken. Schwarz-Gelb kümmere sich nicht darum, die kreativen Potenziale unseres Landes zu heben, um durch Bildung und Weiterbildung dem Fachkräftemangel vorzubeugen. Zudem hätten Union und FDP keine Wachstumsstrategie, die die Binnennachfrage stärkt, dafür sorgt, dass sich Arbeit lohnt, und eine gerechte Steuerpolitik umsetzt. Mit Blick auf die Debatten um das Bahnprojekt „Stuttgart 21“, die Atomproteste sowie die Zuwanderungsdebatte sagte Gabriel, Schwarz-Gelb habe keine Idee, wie man „das Land wieder zusammenbringt.“