Der „Darstellen und Gestalten“-Kurs der Willy-Brandt-Schule in Mülheim an der Ruhr hat in diesem Jahr den Otto-Wels-Preis für Demokratie der SPD-Bundestagsfraktion auf dem ersten Platz gewonnen. Stellvertretend für alle beteiligten Schüler*innen nahmen ihn Angelina Janczewski, Emely Schledorn und Klara Wirth entgegen. 

Es ist bereits das 7. Mal, dass die SPD-Bundestagsfraktion den Preis an junge Menschen zwischen 16 und 20 Jahren verliehen hat. Anliegen des Preises es ist, die Erinnerungen an die Schrecken der Nazi-Herrschaft wachzuhalten und das gesellschaftliche Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die Grundlagen unserer Demokratie und Rechtstaatlichkeit sowie des friedlichen Zusammenlebens immer wieder erneuert und gefestigt werden müssen. „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“ Mit diesen Worten begründete Otto Wels am 23. März 1933 das „Nein“ der Sozialdemokraten zum Ermächtigungsgesetz, das einen Tag später verabschiedet werden sollte. Von den 94 Sozialdemokraten, die geschlossen und als einzige Partei gegen das Ermächtigungsgesetz stimmten, bezahlten 24 mit ihrem Leben. Am 22. Juni 1933 wurde die SPD schließlich durch Reichsinnenminister Wilhelm Frick als „volks- und staatsfeindliche Organisation“ verboten.

Die Preisgewinner des  "Darstellen und Gestalten – Kurses" aus Mülheim an der Ruhr haben in diesem Jahr die Aufgabe übernommen, die Gedenkfeier der Stadt Mülheim und der Jüdischen Gemeinde anlässlich des Holocaust-Gedenktages mitzugestalten – in Form eines Theaterstücks. In diese Arbeit eingeflossen sind Interviews mit Mitschüler*innen des Projektkurses „Erinnern“, die das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz besucht hatten. Auch das Gedicht „Ich war nur ein Korn“ der Holocaust-Überlebenden Halina Birenbaum findet sich im Stück wieder.

Die Auseinandersetzung mit der Erinnerung hat die Jury überzeugt: Den jungen Erwachsenen ist es gelungen darzustellen, dass es unter die Verbrechen der Nationalsozialisten niemals einen Schlussstrich geben kann. Sie sind nicht zuzudecken, sondern für jeden und jede nach dieser Zeit Geborenen eine stetig drängende Herausforderung nicht zu vergessen und nicht erneut geschehen zu lassen. Die Schülerinnen und Schüle,  die von den Abgeordneten Arno Klare und Dirk Vöpel auf den Wettbewerb aufmerksam gemacht wurden. erhielten ein Preisgeld in Höhe von 1.300 Euro.

Platz 2 ging an eine Teilnehmerin, die nicht Buchstaben, sondern die Macht der Bilder als ihr Kommunikationsmittel gewählt hat: Wiktoria Szczurek, die von ihrem Abgeordneten Markus Töns begleitet wurde.

Im Rahmen ihres Kunstunterrichts am Schalker Gymnasium in Gelsenkirchen hat Wiktoria eine ganz besondere Collage erstellt. Wiktoria ist es ein Anliegen, Schubladendenken aufzuzeigen und das wortwörtlich. Sie unterstreicht mir ihrer Schubladen-Collage, dass Rassismus das Resultat von Schubladendenken ist und kein Mensch verdient hat, in eine ebensolche Schublade gesteckt zu werden. In ihrem Begleittext argumentiert die junge Künstlerin, deren Preis mit 700 Euro dotiert ist: „Demokratie braucht den Blick auf die Menschen und nicht den auf das Vorurteil“

Den dritten Platz hat  die SPD-Bundestagsfraktion in diesem Jahr gleich an zwei Wettbewerbs-Beiträge vergeben. Der erste der beiden dritten Plätze geht an Mascha Staudt aus Berlin, die heute Abend hier ist, gemeinsam mit Fritz Felgentreu, in dessen Wahlkreis Maria mit ihrer Familie lebt.

Mascha hat das Thema »Respekt statt Rassismus« gewählt. Die Aufgabenstellung lautete: „Zeigen Sie, warum Respekt, gegenseitige Wertschätzung und Achtung der Menschenwürde keine überholten Werte sind, sondern die Grundlage unserer demokratischen Kultur.“ Mit der sehr persönlichen Darstellung der Geschichte ihrer deutsch-russischen Familie während des Zweiten Weltkriegs ist es Mascha gelungen, aufzuzeigen, dass Rassismus und Intoleranz am Ende nichts bewirken außer Schaden.

Ihr Text ist geprägt von persönlichen Episoden ihrer Familiengeschichte, wie zum Beispiel die ihrer Großmutter, die als Kind zahlreiche Bombenangriffe in Aschaffenburg erlebt hat und wie diese sie bis heute in ihrem Schlaf begleiten. Die Familiengeschichte und die Geschichte des Zweiten Weltkriegs ist ein präsentes Thema in Marias Familie, sie ist damit aufgewachsen und versteht auch deshalb heute, warum durch Rassismus, Unversöhnlichkeit und Vorurteile Menschen Leid erfahren. Daher appelliert Mascha ganz deutlich an ihre Generation: wir müssen uns erinnern, wir dürfen nicht vergessen! Denn, ich zitiere aus dem Text: „Wenn irgendwann alle Überlebenden [des Holocaust] tot sind, wer erzählt und erinnert dann an diese ganzen Schicksale? Ja genau! WIR! Wir sind diejenigen, die dafür sorgen müssen, dass man nicht vergisst. Vergessen ist das schlimmste.“

Die Jury der SPD-Bundestagsfraktion hat der persönliche und eindringliche Text von Mascha bewegt und hält den starken Appell Marias für auszeichnungswürdig. Sie erhielt 500 Euro.

Mit dem dritten Platz wurde außerdem der Wettbewerbsbeitrag von Norman Hohenstein aus Zerbst/Anhalt in Sachsen-Anhalt ausgezeichnet. Norman konnte  nicht persönlich an der Preisverleihung teilnehmen. Norman hat ebenfalls das Thema »Respekt statt Rassismus« gewählt. Sein Text mit dem Titel „Ein kurzes Gespräch über Recht, Demokratie und Respekt“ erinnert in Form und Aufbau nicht weniger als an die großen klassischen Autoren und ihre Verarbeitung wichtiger Fragen in poetischer Form. Auf einer Parkbank im Grünen versuchen ein fragender und ein erwidernder Geist zu erfassen, welche Werte unsere Gesellschaft zusammenhalten. Wir werden hineingenommen in den inneren Konflikt zwischen Freiheit und Gerechtigkeit und lernen mit diesen Geistern, dass beide Werte kein Widerspruch darstellen, sondern einander untrennbar verbunden sind. Es heißt in dieser Arbeit: „Denn Freiheit, der Gerechtigkeit fehlt, ist wie eine Tür ohne Klinke, gleicht einem Park ohne Bäume, entspricht einem Menschen ohne Seele. Erst im Zwillingsbund dieser beiden Größen, kann ernstliche Glückseligkeit erwachsen.“ Außerdem appelliert das Stück daran, sich für eine Erweiterung der europäischen Integration zu engagieren. Denn so entstehe ein – ich zitiere - „rechter Frieden, den wir so sichtlich lieben und schützen müssen“. Auch Norman erhält 500 Euro, die ihm seine Abgeordnete Katrin Budde persönlich überreichen wird.