Ihn habe es positiv überrascht, dass die Datenschutzbeauftragte des BND so „auskunftsfreudig“ war, sagt Flisek. Ihre Antworten zu den Konflikten innerhalb des BND seien glaubwürdig gewesen. Sie habe couragiert eine andere Rechtsauffassung vor dem Ausschuss vertreten als die, die in der Hausleitung des BND herrsche. Dies betrifft die so genannte „Weltraumtheorie“. Danach findet der Datenverkehr vom Ausland ins Ausland, der bei der Überwachung einzelner Satellitenstrecken anfalle, als so genannter Ausland-Ausland-Verkehr, nicht im Anwendungsbereich des deutschen Datenschutzrechtes statt, selbst wenn die Daten in Deutschland bearbeitet werden.

Die Zeugin sei fachlich kompetent gewesen, habe rechtliche und tatsächliche Zusammenhänge auf den Punkt gebracht und alle Fragen des Ausschusses spontan beantwortet, berichtet Flisek. Einen vergleichbar guten Eindruck habe er aus der Zeugenvernehmung eines Sachgebietsleiters der in Bad Aibling ansässigen BND-Abhörstation im September gewonnen.

Konflikte innerhalb des BND werden sichtbar

Durch die Zeugenbefragung würden Konflikte zutage gefördert und besprochen. Diese zeigten, dass der BND „nichts anderes als eine normale Bundesbehörde“ sei, auch wenn sie einen sehr speziellen Auftrag habe. Dort vertrete „die Datenschutzschutzbeauftragte eine Meinung, aber die Amtsleitung sagt eben irgendwann, „wo es lang geht“, stellt Flisek dar. Dies sei dokumentiert und würde im Untersuchungsausschuss zur Sprache kommen, was für die Ausschussarbeit wertvoll sei. So würden eigene Bedenken ergänzt, die schließlich Grundlage für Empfehlungen des Untersuchungsausschusses seien.

Jedenfalls sei dadurch deutlich geworden, dass hier nichts unter den Tisch gekehrt oder dem Ausschuss vorenthalten werde.

Gesetzliche Nachbesserungen notwendig

Der SPD-Obmann macht deutlich, dass er die so genannte „Weltraumtheorie“ rechtlich problematisch finde. Solche gesetzlichen Interpretationsspielräume gelte es zu schließen. Der BND benötige seiner Auffassung nach eine klarere Befugnisnorm, und es gebe Nachbesserungsbedarf beim Datenschutz. 

Durch die Befragung der Datenschutzbeauftragten seien in Bezug auf das Verhältnis der allgemeinen Datenschutzaufsicht und des besonderen G10-Bereiches neue Fragen entstanden, erläutert Flisek.

Artikel 10 des Grundgesetzes schützt das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis. Das so genannte G10-Gesetz regelt die Befugnisse der deutschen Nachrichtendienste zu Eingriffen in dieses Grundrecht.

Die Datenschutzbeauftragte stelle sich auf den Standpunkt, wenn es sich um eine G-10-Problematik handele, falle dies nicht in ihren Aufgabebereich, sondern in den der G10-Kontrollgremien oder in den Bereich des G-10-Juristen des BND, sagt Flisek. Die Datenschutzbeauftragte sei weisungsunabhängig im Gegensatz zum G10-Juristen. Dabei stelle sich die Frage, ob es sinnvoll wäre, dass auch der G10-Jurist weisungsunabhängig werde, so der SPD-Obmann.

Der G10-Jurist konnte am 9. Oktober vom Untersuchungsausschuss aus Zeitgründen nicht befragt werden, dies wird zu einem anderen Zeitpunkt nachgeholt.

Weitere Fragen zu technischen Abläufen in Bad Aibling

Heute befragt der Ausschuss zunächst in öffentlicher und dann in nichtöffentlicher Sitzung einen Sachgebietsleiter der BND-Abhörstation in Bad Aibling, der von 2003 bis 2007 in dem gemeinsamen Projekt mit der NSA (Joint SIGNIT Activity - JSA) tätig war, sowie dessen Nachfolgerin. Beide waren die Verbindungsglieder zwischen BND und NSA. Bei der Befragung werden die technischen Abläufe in Bad Aibling im Vordergrund stehen.

Flisek will von den Zeugen vor allem wissen, wie mit den Daten, die aus den durch Frankfurt laufenden Kabeln abgefangen worden seien, umgegangen wurde. Ebenso wird es darum gehen, wie die genutzten Filterprogramme funktionieren, wie sich die Zusammenarbeit zwischen BND und NSA gestaltet und ob es dabei Veränderungen geben hat. Und es wird Fragen zum Umgang mit den Metadaten sowie den Inhaltsdaten geben.

 

Anja Linnekugel