Der heute von der Parlamentarischen Staatssekretärin Julia Klöckner angekündigte Dialog über das Verbraucherinformationsgesetz wird nur dazu führen, dass Antworten auf die längst bekannten Defizite des Verbraucherinformationsgesetzes wieder einmal auf die lange Bank geschoben werden. Die Vorschläge der SPD liegen auf den Tisch, jetzt muss schnell ein Gesetzentwurf her, erklärt Elvira Drobinski-Weiß.
Die Parlamentarische Staatssekretärin Julia Klöckner muss endlich handeln. Der heute von ihr angekündigte Dialog über das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) wird nur dazu führen, dass Antworten auf die längst bekannten Defizite des Verbraucherinformationsgesetzes wieder einmal auf die lange Bank geschoben werden. Die Vorschläge der SPD liegen auf den Tisch, jetzt muss schnell ein Gesetzentwurf her. Aber Schwarz-Gelb braucht offensichtlich noch Zeit, um die internen Streitigkeiten zum Beispiel über die Ausweitung des VIG auch auf den Bereich der Finanzdienstleistungen zu klären. Nachdem die schwarz-gelbe Landesregierung in Bayern im Dezember 2009 noch jegliche Informationsfreiheitsrechte beschneiden wollte, ist die FDP plötzlich wieder dafür, Klöckner aber versteckt sich hinter der Evaluation durch die Wissenschaft und traut sich nicht, öffentlich Position zu beziehen. Folge: Die Verbraucher sind am Ende wieder die Dummen.
Die SPD hatte eine Evaluation des Gesetzes zwei Jahre nach dessen Inkrafttreten durchgesetzt, denn für uns waren viele Schwächen bereits absehbar, aber gegen den Widerstand der CDU/CSU nicht zu beheben.
Der Evaluationsbericht soll nun am 19. Mai 2010 vorgelegt werden, eine mehr als dreimonatige Dialogphase soll folgen. Wir sind gespannt, wie die Parlamentarische Staatssekretärin Klöckner zu dem Ergebnis kommt, 80 Prozent der Informationsanfragen würden gut und kostenlos beantwortet. Die Beobachtungen der Verbraucherzentralen, der Deutschen Umwelthilfe, foodwatch, Greenpeace und anderen Organisationen sehen anders aus.
Wir fordern die Bundesregierung auf, offen mit den Schwächen des Verbraucherinformationsgesetzes umzugehen und die Erfahrungen schnell für eine grundlegende Überarbeitung zu nutzen. Wir fordern:
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Die Behörden müssen verpflichtet werden, Untersuchungsergebnisse von sich aus zu veröffentlichen. Damit wären Behördeninformationen im Internet für den Verbraucher kostenfrei und ohne langwieriges Antragsverfahren verfügbar. Hierzu muss Paragraf 40 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) von einer "Soll" in eine "Muss"- Bestimmung umgewandelt und Paragraf 5 Absatz 1 Satz 2 Verbraucherinformationsgesetz (VIG) überarbeitet werden. Eine zentrale Internetseite "www.Lebensmittelwarnung.de" muss endlich eingerichtet werden.
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Wir wollen eine Smiley-Kennzeichnung an Gaststätten und Imbissen, die auf einen Blick über die Einhaltung der Hygienestandards informiert.
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Der Informationsanspruch der Verbraucher muss auf alle Produkte und Dienstleistungen ausgedehnt werden.
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Ross und Reiter müssen genannt werden, damit Verbraucher die Schwarzen Schafe auch erkennen können. So veröffentlicht das Bundesamt für Arbeitsschutz die EU-Schnellwarnungen bei mangelnder Produktsicherheit bereits jetzt unter Nennung des Herstellernamens. Aigners Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit traut sich dies dagegen nicht und hält die Namen unter Verschluss.
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Akteneinsicht muss kostengünstig und in angemessener Frist möglich sein und darf nicht abschreckend wirken.
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Die Ausschluss- und Beschränkungsgründe und die Definition der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse müssen grundlegend reformiert werden, wobei der Ausnahmetatbestand "sonstige wettbewerbsrelevante Informationen" zu streichen ist.
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Auskunft über eindeutige und für den Verbraucher relevante Untersuchungsergebnisse muss auch während laufender Verwaltungsverfahren möglich sein.
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Es muss ein gesetzlicher Informationsanspruch der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber Unternehmen geschaffen werden, da die Wirtschaft selbst bisher keine Bereitschaft zeigt, entsprechende freiwillige Schritte zu tun.
- Das Verbraucherinformationsgesetz muss mit den Informationsfreiheitsgesetzen und den Umweltinformationsgesetzen des Bundes und der Länder in einem konsistenten Rahmen zusammengeführt werden.
Als Konsequenz aus den offenbar gewordenen Schwächen des Verbraucherinformationsgesetzes muss Ministerin Aigner einen Gesetzentwurf vorlegen, der die vorhandenen Mängel abstellt und den Weg frei macht für eine umfassende und unbürokratische Information der Verbraucher. Positive Beispiele wie die Smiley-Kennzeichnung in Berlin-Pankow und die Veröffentlichung der Acrylamid-Belastungen in NRW zeigen: Eine Änderung der Informationskultur in Deutschland ist möglich.