Seit mehr als 300 Jahren ist rund ein Drittel der Fläche über dem Salzstock in Gorleben im Besitz der Familie von Bernstorff. Dazu gehört, nach niedersächsischem Bergrecht, auch das Recht zum Salzabbau. Andreas Graf von Bernstorff weigert sich seit mehr als 30 Jahren seine Rechte an die Bundesregierung abzutreten. Weder finanzielle Verlockungen noch politischer Druck konnten seine Meinung ändern. Das erklärte er jetzt bei der Vernehmung im 1. Untersuchungsausschuss "Gorleben".
Die Auseinandersetzungen um Gorleben sind sehr stark mit dem Namen Andreas Graf von Bernstorff verknüpft. Seit mehr als 300 Jahren ist rund ein Drittel der Fläche über dem Salzstock im Besitz der Familie von Bernstorff. Dazu gehört, nach niedersächsischem Bergrecht, auch das Recht zum Salzabbau. Graf von Bernstorff weigert sich seit mehr als 30 Jahren seine Rechte an die Bundesregierung abzutreten. Weder finanzielle Verlockungen noch politischer Druck konnten seine Meinung ändern. Damit wurde er zur bekanntesten Persönlichkeit des Widerstandes im Wendland, weshalb seine Zeugenvernehmung mit Spannung erwartet wurde.
Denn was die Familie von Bernstorff in 34 Widerstandsjahren für Gorleben erlebte, war eine Achterbahnfahrt zwischen verlockenden Kaufangeboten bis zum zehnfachen Marktpreis und offenen Drohungen mit Enteignung. Gleich zweimal - 1998 und 2010 - haben schwarz-gelbe Bundesregierungen die Möglichkeit zur Enteignung in das Atomgesetz eingefügt. In Wahrheit ist dieser Passus eine "Lex Bernstorff".
Im Zentrum der Vernehmung stand daher auch ein Aktenvermerk des Umweltministeriums vom Februar 1998. Was dort zu lesen war, war alles andere als vorteilhaft für die Regierungskoalition. Der damalige und heutige Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit im Bundesministerium für Umwelt (BMU), Gerald Hennenhöfer, berichtete seiner Umweltministerin Angela Merkel von einem vertraulichen Gespräch mit Graf von Bernstorff. Einziges Thema: Erwerb der Bernstorff´schen Salzrechte. Hennenhöfer machte dem Gutsbesitzer darin ein Angebot über zwölf Millionen Mark nur für den Verkauf seiner Salzrechte. Gleichzeitig drohte Hennenhöfer mit der Umsetzung der Atomgesetz-Novelle, sprich: Enteignung. Merkels Abteilungsleiter formulierte als Fazit an seine Chefin: "Der Graf sieht, dass seine Felle langsam davon schwimmen." Aber immerhin sei "das Eis etwas gebrochen." Unterm Strich muss man das "Angebot" von Merkels Adlatus folgendermaßen zusammenfassen: Entweder sie verkaufen für zwölf Millionen Mark, oder wir enteignen Sie. Andreas Graf von Bernstorff hat sich auch dieser Androhung nicht beeindrucken lassen und stattdessen standhaft zurückwiesen. Merkel und Hennenhöfer mussten lernen: Nicht jeder ist käuflich. Und: es gibt tatsächlich noch Menschen, die ein Gewissen haben.
Graf von Bernstorff erklärte seine aufrechte Haltung folgendermaßen: Es wäre die Aufgabe der Politik und der Atomwirtschaft gewesen, die Menschen im Wendland von dem Endlager-Projekt zu überzeugen. Dieser Versuch sei jedoch niemals unternommen worden. Es wurden immer mehr Fakten geschaffen und die Menschen wurden dauerhaft übergangen. Deshalb bleibe er bis heute bei seiner Weigerung, seine Salzrechte abzugeben. Die erwiesenen Manipulationen an wissenschaftlichen Expertisen von stattlichen Behörden sowie die Genehmigung der "völlig absurden Veränderung" der Erkundungsbereiche des Salzstocks, habe das Misstrauen der Wendländer gesteigert. "Das Vertrauen der Menschen ist hier restlos zerstört", stellte Graf von Bernstorff klar. Das belege auch der ungebrochene Widerstand bei den jährlichen Castor-Transporten.