Die Entwicklungspolitik unter Dirk Niebel war bislang konzeptlos, ideenlos und mutlos. Jetzt gibt es zwar zumindest so etwas wie ein Konzeptpapier - die Ideen- und Mutlosigkeit aber bleibt. Wer sich von dem Papier Antworten auf die drängenden Fragen der zukünftigen deutschen Entwicklungspolitik erhofft hat, der wird enttäuscht.

Alles in allem bleibt das Konzept oberflächlich und inhaltsleer. Von einigen richtigen Ansätzen, wie der Förderung der guten Regierungsführung, dem Ruf nach Einhaltung der Menschenrechte und einem wenigstens halbherzigen Bekenntnis zur Budgethilfe abgesehen, arbeitet sich das Papier eher an einer Situationsbeschreibung ab, als dass es etwas wirklich Neues liefert. Floskelhaft wird von Innovation und Zukunftsorientierung gesprochen, ohne aber die Begriffe konkret mit Leben zu erfüllen.

Kaum verwundert die Wirtschaftslastigkeit des Konzepts. Niebel bewegt sich auf seinem Weg, die deutsche Entwicklungspolitik eng mit eindeutig außenwirtschaftlichen Interessen zu verknüpfen und nur noch dort zu helfen, wo es - etwa im Rohstoffsektor - im Interesse der deutschen Wirtschaft liegt, auf sehr dünnem Eis. Es ist traurig, dass dem Minister gerade in diesen Tagen, wo in Somalia, Äthiopien und Kenia Millionen Menschen hungern, nicht mehr zu Afrika einfällt als die dortige Privatwirtschaft zu unterstützen. Wirtschaftliches Wachstum ist eine Säule von Entwicklung, es ist aber nur eine von vielen Säulen.

Niebel rüttelt mit seiner nationalen und allein an materiellen Interessen ausgerichteten Verengung an den Grundfesten der von seiner Vorgängerin Heidemarie Wieczorek-Zeul eingeführten erfolgreichen globalen Strukturpolitik. Geradezu absurd wirkt in diesem Zusammenhang sein wenig glaubwürdiges Bekenntnis zur multilateralen Zusammenarbeit. Unter Niebel hat sich die deutsche Entwicklungszusammenarbeit immer mehr auf eine bilaterale "Projektitis"-Zusammenarbeit beschränkt, und es ist Fakt, dass die deutsche Entwicklungspolitik im internationalen Konzert nicht mehr die erste Geige spielt.

Wenn sich Niebel jetzt, wie er sagt, an "internationalen Agenda-Setting-Prozessen" beteiligen will, dann verkennt er, dass der Zug längst ohne ihn abgefahren ist. Und das nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die Bundesregierung ihr Versprechen, bis 2015 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen, brechen wird. Das Konzept spricht sich zwar erneut für das 0,7-Ziel aus, in diesem Punkt ist es aber das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt ist, denn es zeigt keinen Weg auf, wie das Ziel erreicht werden soll.

Angesichts des massiven Einbruchs von Vertrauen in die deutsche Entwicklungspolitik auf internationaler Ebene muss man Minister Niebel einen zunehmenden Realitätsverlust attestieren, wenn er sich in Interviews auch noch als neuer "Globalisierungsminister" feiern lässt und im gleichen Atemzug die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Hauses beleidigt, die bislang im "Almosenministerium" gearbeitet hätten. Herr Niebel, das ist stillos.