Erneut wurde im Gorleben-Untersuchungsausschuss deutlich, dass die Landesregierung Niedersachsen 1977 als Atomendlager Gorleben unbedingt wollte. Ein damaliger Staatssekretär im Landes-Wirtschaftsminiserium bestätigte das durch seine Aussage. Der Endlagergeologie - also Sicherheitsüberlegungen - als Auswahlkriterium wurde in der damaligen Gesamtbewertung nur knapp 13 Prozent beigemessen, berichten Ute Vogt und Sebastian Edathy.

 

Dr. Röhler war während der niedersächsischen Kabinettentscheidung pro Gorleben im Februar 1977 Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Sein Chef damals: Walther Leisler Kiep - unser nächster Zeuge Ende September. Leider haben die Regierungsfraktionen wiederholt einen Zeugen vorgeladen, dessen selektive Wahrnehmung nicht mit der Aktenlage übereinstimmt.

 

Dr. Röhler zitiert angeblich für die Standortauswahl maßgebliche wissenschaftliche Studien, die aber in etwa 1800 Aktenordnern, die dem 1. Untersuchungsausschuss bisher überstellt wurden, nicht zu finden sind. Überdies wurden Ministersprechzettel ins Feld geführt, die der Zeuge "nicht gesehen" hat, die es in seiner Wahrnehmung aber "gegeben haben muss". Begründung: "Wir haben immer Sprechzettel gemacht".

 

Eingeräumt hat der Zeuge allerdings, dass strukturpolitische Erwägungen - sprich: Arbeitsplätze - ein wichtiges Auswahlkriterium für den Endlagerstandort waren. Dass der Endlagergeologie als Auswahlkriterium dagegen gerade einmal 12,8 Prozent in der Gesamtbewertung beigemessen wurde, hielt der Zeuge für "ausreichend". Weitere Standorte aus anderen Bundesländern wurden in der niedersächsischen Kabinettsvorlage im Februar 1977 als nicht geeignet eingestuft. Erneut wurde deutlich: Niedersachsen wollte Gorleben unbedingt. Der Zeuge sprach wörtlich von einem "Stoßtrupp-Verfahren".

 

Letztendlich gab die Aussage im April 1977 von Ministerpräsident Albrecht den Ausschlag: "Entweder Gorleben oder gar kein Standort in Niedersachsen".