Die SPD-Bundestagsfraktion startet deshalb zum Weltverbrauchertag 2010 ein „Aigner-Schwarzbuch“. In den nächsten Monaten sammeln und dokumentieren wir die Ankündigungsrhetorik der Verbraucherministerin und werden Aigners Worte mit der Regierungsrealität abgleichen.
Hier eine erste Auswahl:
Bußgelder aus Kartellverfahren – Aigner von Koalitionsfraktionen blamiertAm 23.12.2009 forderte Aigner öffentlichkeitswirksam, Bußgelder aus Kartellverfahren für den Aufbau einer Verbraucherstiftung zu verwenden. Als die SPD genau das am 4. März 2010 im Haushaltsausschuss beantragt, stimmt Schwarz-Gelb dagegen und blamiert Ministerin Aigner. Außer Ankündigungen nichts gewesen.
Wir fordern: Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln zum Aufbau eines Stiftungsvermögens zur Finanzierung der Verbraucherarbeit.
Stiftung Warentest – Schaufensterpolitik statt verlässlicher FinanzierungAm 23.12.2009 übergibt Aigner öffentlichkeitswirksam 50 Millionen Euro an die Stiftung Warentest und feiert „einen großen Schritt in die finanzielle Unabhängigkeit der Stiftung Warentest“. Was sie nicht sagt: Tatsächlich stehen der Stiftung Warentest ab 2012 mindestens 1,25 Millionen Euro weniger pro Jahr zur Verfügung. Das Verbraucherministerium kürzt nämlich im Ausgleich für das Stiftungskapital die jährlichen Zuwendungen. Weil das BMELV dabei mit Zinserträgen von 5 Prozent nach Inflationsausgleich kalkuliert hat, tut sich hier eine Finanzierungslücke auf.
Wir fordern: Eine verlässliche Finanzierung der Stiftung Warentest in Höhe der bisherigen 6 Millionen Euro pro Jahr.
Verbraucherschutz bei Finanzdienstleistungen – außer Thesen nichts gewesenAuf Druck der SPD wurde noch im 1. Halbjahr 2009 eine Pflicht zur Dokumentation der Anlageberatung und eine Verlängerung der Verjährung eingeführt. In dem Antrag „Verbraucherschutz bei Finanzdienstleistungen erweitern und durchsetzen“ vom 1. Juli 2009 (Drs. 16/13612) hat der Bundestag gleichzeitig ein Maßnahmenpaket beschlos-sen, mit der Aufforderung an die Bundesregierung, dass „die genannten Maßnahmen umgehend eingeleitet werden sollen“.
Und was ist passiert? Bundesministerin Aigner droht im Zweiwochen-Rhythmus mit gesetzlichen Regelungen, kommt aber über das Thesenpapier vom 1. Juli 2009 und unverbindliche Muster-Produktinformationsblätter nicht hinaus. Ihre Untätigkeit hat nun z. B. dazu geführt, dass die Branchenverbände unterschiedliche Muster entwickelt haben, deren Anwendung noch dazu freiwillig ist. Vergleichbarkeit der verschiedenen Informationsblätter für den Verbraucher? Fehlanzeige! Anstatt endlich einen Gesetzentwurf vorzulegen, „warnt“ Aigner vor einem „Flickenteppich“ unterschiedlicher Beipackzettel.
Wir fordern: Maßnahmenpaket zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei Finanzdienstleistungen endlich umsetzen und einheitliche Kurzinformationsblätter gesetzlich vorschreiben!
Marktwächter Finanzen? – Verbraucher werden nicht gestärktDie Finanzkrise und die kurzzeitig geschaltete Hotline des Verbraucherministeriums haben einen erheblichen Handlungsbedarf beim Anlegerschutz deutlich gemacht. Auf Druck der SPD wurde in dem Antrag der großen Koalition vom 1. Juli 2010 noch gefordert, „dass der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) personell und finanziell gestärkt wird, damit er Hinweise und Erfahrungen der Verbraucher systematisch erfasst und auswertet und auf Fehlentwicklungen hinweist“. Und was hat Aigner unternommen? Nichts.
Wir fordern: Marktwächter Finanzen umgehend einrichten!
GentechnikVor der Wahl untersagt Aigner öffentlichkeitswirksam die Aussaat von genveränder-tem MON810-Mais und kündigt an, sich für die gentechnikfreien Regionen einzuset-zen. Und sie präsentiert stolz das „Ohne-Gentechnik-Logo“. Und nach der Wahl? Die zugesagte Aufklärungskampagne zu „Ohne Gentechnik“ bleibt aus, und von der Unterstützung der gentechnikfreien Regionen und ihrer rechtlichen Absicherung ist keine Rede mehr. Das bisherige Verbot von nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Konstrukten soll aufgegeben werden, und Deutschland stimmt für die Zulassung weiterer Genmais-sorten und die Industriekartoffel Amflora. Und: Das Anbauverbot für MON810-Mais kann schon im nächsten Jahr fallen, denn ein Gerichtsverfahren, welches das Verbot voraussichtlich bestätigt hätte, wird auf Wunsch des betroffenen Agrarkonzerns und mit Einwilligung des Aigner unterstellten zuständigen Bundesamtes ruhen gelassen.
Wir fordern: Anbauverbot für genveränderten Mais aufrecht erhalten, die gentechnikfreie Lebensmittelproduktion sichern, Konsequente Einhaltung des Vorsorgeprinzips, keine Aufweichung des Verbots von nicht zugelassenen GVO!
Nährwertampel – Politik gegen die Wünsche der VerbraucherVerbraucherinnen und Verbraucher wollen die Nährwertkennzeichnung mit Ampelfarben, denn sie ist leicht verständlich, macht Produkte schnell vergleichbar und ist damit eine wichtige Hilfe bei der Zusammenstellung einer ausgewogenen Ernährung. Aber trotz der wachsenden Problematik ernährungsbedingter Krankheiten und trotz der Unterstützung der Ampel durch ein breites Bündnis von Organisationen aus dem Gesundheits- und Verbraucherbereich: Aigner hört lieber auf die Lobbyvertreter der Lebensmittelindustrie und unterstützt deren Verschleierungstaktik.
Wir fordern: Verpflichtung zur Einführung der Nährwertampel
Kennzeichnung von länger haltbarer Milch – Aigner tatenlosVerbraucher können den Unterschied zwischen Frischmilch und länger haltbarer Milch meist nicht erkennen. Auch 30 Tage haltbare Milch darf Frischmilch genannt werden. Im Wahlkampf hatte Aigner irreführender Lebensmittelkennzeichnung den Kampf angesagt – aber die Kennzeichnung von Milch nicht klar gesetzlich geregelt, obwohl sie es national könnte.
Wir fordern: Verbrauchertäuschung beenden – klare gesetzliche Regelung zur Kennzeichnung von Milch
Google Street View – Aigner von Kanzlerin ausgebremstErst fährt Aigner öffentlichkeitswirksam schwere Geschütze gegen Google Street View und fordert eine vorherige Einwilligung durch die betroffenen Hauseigentümer und eine Verpixelung aller Hausnummern. Kurz darauf fällt die Kanzlerin Aigner in den Rücken und erteilt Google Street View ihren Segen.
Wir fordern: Eine konsistente Internet-Strategie der Bundesregierung statt populistischer Pressearbeit.
Verbraucherschutz im Gesundheitsbereich - Aigner kommt nicht vorOb in der Diskussion um ein Patientenrechtegesetz, die dauerhafte Einrichtung einer Unabhängigen Patientenberatung, IGEL-Leistungen oder die Überarbeitung des sog. PflegeTÜVs. Die Weichen für eine moderne Verbraucherpolitik im Gesundheitsbereich werden ohne Aigner gestellt. Sie kommt schlicht nicht vor.
Wir fordern: Den Gesundheitsmarkt verbraucherfreundlich gestalten, starke Patientenrechte und einen Ausbau der unabhängigen Patientenberatung