Die jetzigen Pläne der Bundesregierung gefährden nicht nur massiv Arbeitsplätze, sie sind auch eine Katastrophe für die Schifffahrt und die von leistungsfähigen Transportwegen abhängige regionale Wirtschaft.
Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Regierungskoalition will der WSV das Wasser abgraben.
Nach mehreren gescheiterten Anläufen sieht das in dieser Woche erstmals von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer in größerem Kreis vorgestellte Konzept einen Komplettumbau der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung vor, mit massiven Auswirkungen auf die Ämter und die Direktionen vor Ort.
Zwar sollen, so heißt es, alle Standorte „zunächst erhalten“ bleiben – über den Umfang der Dienststellen und also die künftige Zahl der Beschäftigten ist damit aber noch nichts gesagt. Und hier ist mit dem Schlimmsten zu rechnen. Denn die Vorgabe des Ministers ist eindeutig: Weite Teile der WSV sollen zusammengelegt werden.
In den Ohren der Beschäftigten dürfte die offizielle Sprachregelung denn auch wie Hohn klingen, wird doch mit der Umstrukturierung ab 2013 ein drastischer Arbeitsplatzabbau einhergehen. Kein Wunder, dass die Personalvertretungen in die Pläne vorab nicht eingeweiht und auch die Präsidenten der Direktionen überrumpelt wurden.
Denn auch ihnen dürften die Pläne kaum schmecken: Während auf der einen Seite Personal gestrichen wird, baut Ramsauer auf der anderen Seite neue Bürokratie auf.
Die Direktionen – ob nun in Aurich, Mainz oder Magdeburg – sollen zu bloßen Außenstellen einer neuen Zentralstelle degradiert werden, und die Ämter verlieren ihre regionale Zuständigkeit. Grundlage für die neue Verwaltungsstruktur ist die überarbeitete Kategorisierung der Bundeswasserstraßen nach ihrer Transportfunktion – mit der Bundesminister Peter Ramsauer im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages in den vergangenen zwölf Monaten mehrfach grandios gescheitert ist.
Durch die Hintertür will der Bundesminister die Neuordnung des Wasserstraßennetzes nun doch noch umsetzen, indem er mit dem Umbau der Verwaltung Fakten schafft – nur um am Ende die Netzstruktur entsprechend anpassen zu können. Auf diese Weise versucht der Bundesminister – angetrieben von der FDP, die seit Monaten eine Privatisierungskampagne gegen die WSV führt – Bundestag und Bundesrat gezielt zu umgehen.
Die Debatte um die künftige Struktur und Ausrichtung der größten Verwaltung des Bundes wirft ein Licht auf das Demokratieverständnis dieser Regierungskoalition.
Die Mitglieder des Deutschen Bundestages wurden in den vergangenen Monaten mit immer neuen inhaltsleeren Berichten, Zeitplänen, Untersuchungen und Ankündigungen abgespeist. Vorbei an Bundestag und Bundesrat wurden dabei hinter den Kulissen bereits die Weichen für den Kahlschlag gestellt.
Wir als SPD fordern von der Bundesregierung, ihre Pläne endlich dem Parlament vorzulegen – als Basis für alle weitergehenden Entscheidungen über die Zukunft der WSV und den Verkehrsträger Wasserstraße und ein transparentes, parlamentarisches Verfahren, das alle Betroffenen und Beteiligten einbezieht. Ziel muss es sein, die besonderen Stärken der Wasserwege optimal zu nutzen und die vorhandenen Kapazitätsreserven zu erschließen.
Die jetzigen Pläne der Bundesregierung gefährden nicht nur massiv Arbeitsplätze, sie sind auch eine Katastrophe für die Schifffahrt und die von leistungsfähigen Transportwegen abhängige regionale Wirtschaft.
Der Vorgang zeigt aber auch einmal mehr das derzeitige Kräfteverhältnis und die Gemengelage in der Regierungskoalition. Denn die jetzigen Umbaupläne werden entschieden von dem kleinen Koalitionspartner vorangetrieben. Die FDP hält unbeirrt am Totalumbau der WSV fest, ungeachtet aller verkehrspolitischen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten.
Nach Auffassung der FDP könnten rund 80 Prozent der jetzigen Aufgaben der Behörde privatisiert werden. Hierzu gehören unter anderem sämtliche Ingenieursleistungen, der Stahl- und Wasserbau, aber auch die Unterhaltung von Wasserfahrzeugen.
Die Liberalen folgen damit auch im Bereich der Verkehrspolitik – wie zuvor schon in anderen Feldern – erneut einer Privatisierungsphilosophie, die sich letztlich jedoch als nichts anderes als bloße Klientelpolitik entpuppt.
Erst im Mai drohte die FDP dem Bundesverkehrsminister unverhohlen mit einem eigenen Gesetzentwurf, sollte das Ressort nicht bald konkrete Ergebnisse liefern – und hat jetzt gar einen Universitätsprofessor zu prüfen beauftragt, wie der Bundestag mit einem eigenen Reformgesetz den Umbau der Verwaltung erzwingen könnte. Das Gutachten liegt inzwischen vor – und dürfte von den Liberalen als Bestätigung ihrer Linie empfunden werden, die Verwaltungsreform notfalls selbst auf den Weg bringen zu können.
Bundesverkehrsminister Ramsauer folgt in vorauseilendem Gehorsam der Privatisierungsstrategie der Liberalen – ungeachtet massiver Kritik aus den eigenen Abgeordnetenreihen und ohne zu prüfen, welche Aufgaben auf die WSV in der Zukunft zukommen und mit welcher Struktur und welchem Personal diese gelöst werden können.
Die jetzigen Pläne der Regierungskoalition würden die Entwicklung des Wasserstraßennetzes in Deutschland behindern, die Verkehrssicherheit in Deutschland gefährden und die Nutzung der Wasserwege teurer machen – zum Schaden unserer Umwelt, zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit des Verkehrsträgers Wasserstraße und auf Kosten Tausender von Arbeitsplätzen.
Hinweis: Dieser Redebeitrag wurde zu Protokoll gegeben.