Mindestlohn wichtig und richtig für Ostdeutschland

Die Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, Iris Gleicke (SPD), betonte in ihrer Rede, dass die Wirtschaftskraft in Ostdeutschland gestärkt werden und sich bei den Löhnen etwas tun müsse.

Video der Rede der Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, Iris Gleicke MdB

 

Hier sei es u. a. wichtig, den Mittelstand zu stärken. Dazu stünden Programme wie das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Wirtschaftsministeriums zur Verfügung. Zur Verbesserung der Löhne sei die Einführung eines einheitlichen, flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohns gerade „für Ostdeutschland richtig und wichtig“. Mit Blick auf zu erwartende Preissteigerungen bemerkte Gleicke, wer selber halbwegs anständig verdiene, werde auch nichts dagegen haben, beim Friseur oder im Blumenladen etwas mehr zu bezahlen. Die Einführung des Mindestlohns sei auch „von großer Bedeutung für die Einführung eines in Ost und West einheitlichen Rentensystems“, betonte Gleicke. Mittlerweile seien die Ost-Renten auf fast 92 Prozent der West-Renten angestiegen. Die vollständige Angleichung solle von 2019 an kommen, so sei es im Koalitionsvertrag mit der Union vereinbart worden. Ob ein Zwischenschritt für eine teilweise Rentenangleichung nötig sei, solle 2016 geprüft werden.

Die Mauer in den Köpfen ist noch da

Die stellvertretende wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Andrea Wicklein, erinnerte in der Debatte daran, dass die Aufbauleistung in Ostdeutschland solidarisch von West und Ost geleistet worden sei. Sie nannte es ein positives Signal, dass laut einer Umfrage von Infratest dimap heute 70 Prozent der Menschen in Ost- und Westdeutschland mit ihrer wirtschaftlichen Situation zufrieden seien.

Video der Rede von Andrea Wicklein MdB, stellv. wirtschaftspolitische Sprecherin

 

Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Wolfgang Tiefensee fordert, zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland neue Programme aufzulegen und Investitionen zu unterstützen.

Video der Rede von Wolfgang Tiefensee MdB, wirtschaftspolitischer Sprecher

 

Die Sprecherin der Landesgruppe Ost der SPD-Fraktion, Daniela Kolbe sagte, dass laut einer aktuellen Forsa-Umfrage 60 Prozent der Befragten meinen, es gebe noch immer eine Mauer in den Köpfen. So glaubten fast zwei Drittel der 45- bis 59-Jährigen, dass die Wiedervereinigung nur auf dem Papier stattgefunden habe. Und auch die Hälfte der 18- bis 29-Jährigen nehme noch eine Kluft zwischen Ost und West wahr. Das zeige deutlich, dass die innere Einheit noch nicht bestehe, deshalb sei es wichtig, dass es weiterhin eine Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Länder gebe.

Video der Rede von Daniela Kolbe MdB, Sprecherin der Landesgruppe Ost

 

Informationen zum aktuellen Bericht

Der aktuelle Bericht ist noch unter der schwarz-gelben Koalition im Hause des damaligen Bundesinnenministers Friedrich verfasst worden. Neben dem wichtigen Thema Wirtschaft beschäftigt sich der aktuelle Bericht mit Themen wie Verteilungsfragen, Bildung, demokratischer Teilhabe, Natur und Kultur.

Positive Entwicklungen in Ostdeutschland erreicht

Fast eine Generation nach der deutschen Wiedervereinigung haben sich die ökonomischen Lebensverhältnisse in Ostdeutschland und vor allem der materielle Wohlstand deutlich verbessert. Auf Grund der wirtschaftlichen Schwäche und der maroden Infrastruktur in der DDR war bereits unmittelbar nach der Wiedervereinigung Deutschlands klar, dass der wirtschaftliche Aufbau in den neuen Bundesländern nur längerfristig gelingen konnte.

Positiv zu bewerten ist die heutige moderne Infrastruktur in Ostdeutschland mit ihren gut ausgebauten Verkehrswegen und leistungsfähigen Energienetzen sowie die Wissenschaftsinfrastruktur aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Dadurch hat sich Ostdeutschland zu einem attraktiven und wettbewerbsfähigen Standort entwickelt. Der Bericht spricht sogar von einer „Reindustrialisierung“ in den neuen Bundesländern. Allerdings habe sich die Angleichung an das Wirtschaftsniveau Westdeutschlands in den letzten Jahren deutlich verlangsamt, heißt es dort.

Es gibt noch viel zu tun für gleiche Lebensverhältnisse

Obwohl die Arbeitslosigkeit im Osten Deutschlands so niedrig ist wie seit 20 Jahren nicht mehr, liegt die Quote mit 10,7 Prozent immer noch deutlich über derjenigen Westdeutschlands. Auch die Wirtschaftskraft ist in Ostdeutschland etwa 30 Prozent niedriger als im West-Durchschnitt. Das verfügbare Einkommen pro Einwohner macht dort einschließlich Berlin nur 82 Prozent des Niveaus in Westdeutschland aus. Ebenso besteht das Lohngefälle zwischen West- und Ostdeutschland fort. Im Osten verdienen die Menschen im Durchschnitt 20 Prozent weniger als im Westen, und in einigen Branchen sind es sogar 45 Prozent weniger. Auch das Armutsrisiko ist dort größer als im Westen unseres Landes. Doch die Abwanderung der Bevölkerung sei gestoppt, und junge Familien würden wieder in den Osten zurückkehren. Dazu erklärte Iris Gleicke kürzlich gegenüber der Frankfurter Rundschau, dass die Abwanderung zuvor so groß war, dass es kaum noch Menschen gebe, die abwandern könnten.

Ostdeutschland verfügt nur über wenige sog. Wachstumskerne, aber dafür über viele dünn besiedelte Flächen. Zudem gibt es dort kaum Firmenzentralen größerer Unternehmen oder Unternehmen mit eigenen Abteilungen für Forschung und Entwicklung. Ostdeutschland brauche wirtschaftliches Wachstum, Innovationskraft und auch eine stärkere Internationalisierung, heißt es im Bericht. Dazu müsse die kleinteilige Unternehmerlandschaft weiter unterstützt werden, damit ihre Wettbewerbsfähigkeit wachsen könne. Darüber hinaus verfüge Ostdeutschland über ein großes Angebot an Natur- und Kulturschätzen, das die neuen Länder für eine weitere Entwicklung des Tourismus nutzen, was die Bundesregierung fördere.

Der Osten punktet bei der Bildung – hat aber die meisten Schulabbrecher

Außerdem benennt der Bericht, dass sich bei den Bildungsabschlüssen in den neuen Ländern ein zweideutiges Bild zeigt: Auf der einen Seite nehmen die ostdeutschen Länder vordere Plätze im Vergleich mit den alten Bundesländern ein, aber auf der anderen Seite liegen auch die drei Länder mit den meisten Schulabbrecher/innen in Ostdeutschland. Die Schulabbrecher und auch die Langzeitarbeitslosen benötigten wegen des Fachkräftemangels besondere Aufmerksamkeit auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels.

Finanzierungsinstrumente für die Zeit nach 2019 schaffen

Der bis 2019 geltende Solidarpakt II und auch die Strukturfonds der Europäischen Union bleiben eine wichtige Säule für die Finanzausstattung Ostdeutschlands. In der EU-Förderperiode, die am 1. Januar 2014 begonnen hat, erhalten die Höchstfördergebiete immerhin noch 64 Prozent der bisherigen Fördermittel. Gleichzeitig müssen die ostdeutschen Länder ihre Haushalte konsolidieren, auch um bis 2019 die Schuldenbremse einhalten zu können. Das sind große Herausforderungen. Es wird darauf ankommen, nach 2019 geeignete Finanzierungsinstrumente für strukturschwache Regionen in Ost- und Westdeutschland zu schaffen. Dies muss in dieser Legislaturperiode angepackt werden. Iris Gleicke will dazu an „einem festen Bündnis Ostdeutschlands mit den strukturschwachen Gebieten im Westen“ arbeiten: „Entweder wir tun uns zusammen und sind gemeinsam stark, oder wir gehen getrennt voneinander unter.“

Auch wenn sich in Ostdeutschland vieles positiv entwickelt hat, es bleibt noch viel zu tun.