„Ein Teil des Ausschusses hat bis zum Schluss nur einen sehr beschränkten Aufklärungswillen bewiesen“, so umschrieb Ute Vogt, SPD-Obfrau im Gorleben-Untersuchungsausschuss, die Haltung von Unions- und FDP-Abgeordneten. Zu Beginn der Ausschussarbeit provozierte der CDU-Abgeordnete Grindel mit einem Namensartikel unter der Überschrift: „Es gibt kein besseres Endlager als Gorleben.“ Und auch die  Bundeskanzlerin verkündete bei ihrer Zeugenvernehmung im Ausschuss, dass sie überhaupt nicht verstehe, warum man Gorleben nicht zu Ende erkunde. Diese Haltung ist typisch für die Methode Gorleben, die ein Zeuge mit „Augen-zu-und-durch“ beschrieb.

Von Anfang an jede Menge Tricks und Täuschungen

Doch die Fakten, die der Ausschuss zu Tage förderte, sind eindeutig: Die Entscheidung, Gorleben als Standort für ein Atommüllendlager 1977 zu erkunden, war politisch vorgegeben. „Gorleben oder kein Standort in Niedersachsen“, hatte der damalige niedersächsische Ministerpräsiden Ernst Albrecht (CDU) verkündet. Er habe wohl gehofft, dass es in einem so dünn besiedelten, strukturschwachen Gebiet wenig Widerstand geben würde, sagte Ute Vogt. Weit gefehlt. Der Widerstand im Wendland besteht seit mehr als 30 Jahren. „Die Menschen dort trauen mittlerweile keinem Politiker und keiner Politikerin mehr“, stellte Kirsten Lühmann, stellv. Ausschussvorsitzende und SPD-Abgeordnete aus der Region, fest. Denn man habe sie 30 Jahre lang getäuscht und bewusst fehlinformiert.

Wissenschaftliche Erkenntnisse passend gemacht

In Gorleben wurde bewusst das falsche Rechtsverfahren angewendet: Bergrecht statt Atomrecht. Dadurch wurde eine Bürgerbeteiligung absichtlich umgangen. 1983 wurde dann politisch Einfluss auf den Bericht von Wissenschaftlern ausgeübt. Sie hielten es für notwendig und sinnvoll, einen alternativen Standort zu Gorleben zu suchen. Diese Sätze wurden aus dem Bericht gestrichen, nachdem ein Abgesandter aus dem Bonner Kanzleramt zu den Wissenschaftlern kam und diese Weisung erteilte. Auch in den 90er-Jahren traf die Kritik an Gorleben auf taube Ohren bei der damaligen Umweltministerin Angela Merkel (CDU). Sie hörte lieber auf die Atomindustrie und entschied, dass Gorleben nicht mehr nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfordernissen erkundet wurde, sondern nur noch dort, wo der Bund das Recht dazu besaß und noch heute besitzt. Also nur noch in einer Richtung des Salzstocks. Dadurch sparte die Atomindustrie satte 365 Millionen D-Mark. Gleichzeitig wurde die Öffentlichkeit mit einer Studie getäuscht, die zwar bundesweit 41 Salzstöcke untersuchte, die Ergebnisse aber nicht mit Gorleben verglich. Trotzdem hieß es bei Merkel: „Gorleben bleibt erste Wahl!“ Sie tat einfach so, als habe ein Vergleich der Standorte stattgefunden. Auch diese Täuschung konnte im Untersuchungsausschuss nicht widerlegt werden.

Absehbare Risiken bewusst in Kauf genommen

Es wurde weiter erkundet in Gorleben, obwohl bekannt war, dass das Deckgebirge nicht stabil genug und Wasserzufluss in das Salz möglich ist, und obwohl Gasvorkommen eine zusätzliche Gefährdung bedeuten. Die Kriterien für die Sicherheit für ein atomares Endlager wurden den jeweiligen Ergebnissen angepasst.

Endlich transparente Endlagersuche beginnen

Heute steht fest, dass dem Standort Gorleben politisch, juristisch und wissenschaftlich jegliche Legitimation abzusprechen ist. Erst im November 2012 hat die Bundesregierung unter dem Druck der Landtagswahlen in Niedersachsen die Erkundungen in Gorleben gestoppt, wozu sie selbst nach der Katastrophe von Fukushima nicht bereit war. Hatte Schwarz-Gelb doch den rot-grünen Erkundungsstopp aus dem Jahr 2000 erst 2010 wieder aufgehoben. Eine unbelastete Erkundung kann in Gorleben nicht mehr erfolgen. Der Standort wird im Standortauswahlgesetz, das sich in der parlamentarischen Beratung befindet, nicht ausgeschlossen, weil es Rechtssicherheit für eine ergebnisoffene Endlagersuche geben soll.

Nun kommt es darauf an, dass die Zusage, die Umweltminister Altmaier (CDU) gegeben hat, auch eingehalten wird: Es dürfen keine Castortransporte mehr nach Gorleben rollen. Nun müssen andere Bundesländer mit AKW-Standorten ihren Verpflichtungen nachkommen. Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg sind bereit dazu. Andere muss Altmaier noch überzeugen. „Wir haben heute die Verantwortung, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen,“ sagte Ute Vogt. Denn wir seien es kommenden Generationen schuldig, ihnen nicht den „Müll vor die Füße zu kippen“. Ziel ist es, ein Endlager in Deutschland zu finden, das dem Stand von Wissenschaft und Technik entspricht. Atommüllexporte ins Ausland kommen nicht in Frage. Nun müssen Bundesregierung, Länder und die Fraktionen im Deutschen Bundestag eine transparente Endlagersuche auf den Weg bringen.

Anja Linnekugel