Die Bundestagsfraktionen von SPD und CDU/CSU haben sich mit der Bundesregierung auf eine Präzisierung der Gesetzesgrundlagen für die Maßnahmen der Länder zur Eindämmung der Corona-Pandemie verständigt. Dazu soll durch ein Drittes Bevölkerungsschutzgesetz, über das der Bundestag am Freitag erstmals beraten hat, ein neuer Paragraf 28a im Infektionsschutzgesetz eingeführt werden.

Das Infektionsschutzgesetz ermächtigt die Länder, die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und zur Eindämmung der Pandemie festzulegen. Diese Maßnahmen greifen teilweise erheblich in Freiheitsrechte ein. Da absehbar ist, dass die pandemische Lage noch länger andauern könnte, soll der Bundestag die Voraussetzungen und Grenzen von grundrechtseinschränkenden Maßnahmen nun gesetzlich präzisieren. Dafür hatte sich die SPD-Bundestagsfraktion gegenüber der Union eingesetzt.

So sollen in dem Gesetz mögliche Schutzmaßnahmen beispielhaft konkretisiert werden, die von den Regierungen von Bund und Ländern ergriffen werden können, solange der Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite feststellt. Dazu gehören etwa Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen im privaten sowie im öffentlichen Raum, die Anordnung eines Abstandsgebots, eine Maskenpflicht oder die Einschränkung des Betriebs bestimmter Einrichtungen. Zugleich sollen Schwellenwerte (Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern) gesetzlich definiert werden, die entsprechende Maßnahmen rechtfertigen. Dadurch soll ein klarer und bundesweit einheitlicher Rahmen für Grundrechtseingriffe zum Schutz der Gesundheit geschaffen werden.

„Wir werden die notwendigen Maßnahmen auf eine sichere rechtliche Grundlage stellen und im Hinblick auf die Rechtsprechung fortwährend prüfen“, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese. Dabei gelte es aber auch sehr deutlich zu betonen, dass die bisher getroffenen Maßnahmen notwendig und auch verhältnismäßig seien.

SPD-Fraktion kann sich weitere Schritte vorstellen

Die SPD-Fraktion hatte am Dienstag ein Positionspapier beschlossen, in dem sie weitere Änderungen im Infektionsschutzgesetz vorschlägt, um die Rolle des Parlaments zu stärken. Konkret schlagen die Abgeordneten vor, dass der Bundestag Rechtsverordnungen der Bundesregierung zustimmen muss, wenn diese wesentlich in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger eingreifen. Die Bundesregierung soll zudem regelmäßig über die Wirksamkeit und Notwendigkeit solcher Rechtsverordnungen berichten. Regelungen, die etwa das Reisen zwischen verschiedenen Bundesländern betreffen, sollten vom Bund deutschlandweit einheitlich geregelt werden.

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese kündigte an, dass die SPD-Fraktion in den jetzt anstehenden parlamentarischen Beratungen „insbesondere die Beteiligung des Parlaments in den Fokus nehmen“ wird. Auch der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, sagte: „Wir können uns darüber hinausgehend weitere Schritte vorstellen.“ Dies könne ein Zustimmungsvorbehalt für das Parlament und das Recht sein, Verordnungen per Bundesgesetz wieder aufzuheben. Darüber habe man sich in der Kürze der bisherigen Beratungszeit noch nicht mit der Union einigen können.

Nach einer Anhörung im Bundestag soll das Gesetz in der Woche vom 16. November vom Parlament verabschiedet werden.