Die Unterdrucksetzung des Parlaments in der Frage der Griechenlandbeschlüsse ist nicht hinnehmbar. Wochenlang drehen sich die Finanzminister bei ihren Beratungen im Kreis, aber dann soll der Bundestag innerhalb von 48 Stunden zustimmen. Da fehlt jeder Respekt vor dem Parlament. Tatsächlich sind nach dem Beschluss der Finanzminister weder die zugrunde liegenden Berechnungen über die Entwicklung der griechischen Staatsschuld noch die Auswirkungen der Beschlüsse auf den deutschen Bundeshaushalt beim Bundestag eingegangen. Der Bundestag ist kein Abnickparlament.
Wir fragen die Bundesregierung: Worüber soll in dieser Woche eigentlich entschieden werden? Denn die Finanzminister selbst haben zusätzliche Finanzmittel für Griechenland unter dem Vorbehalt beschlossen, dass der Rückkauf von Schulden durch die griechische Regierung gelingt. Davon macht auch der IWF seine weitere Beteiligung am Griechenlandprogramm abhängig. In dieser Woche geht es also vor allem um den Beschluss zur Eröffnung des griechischen Schuldenrückkaufprogramms. Abschließende Entscheidungen über die Griechenlandhilfe werden erst im Dezember folgen, abhängig davon, ob der Schuldenrückkauf erfolgreich und die Beteiligung des IWF gesichert ist.
Wie immer dies ausgeht, eines ist schon lange klar: Bei der Europapolitik von Merkel und Schäuble bleibt es bei demselben unwürdigen Schauspiel. Es wird getrickst und getäuscht, es wird gelogen und betrogen. 32 Milliarden Euro beträgt die Finanzierungslücke für Griechenland. Die Bundesregierung aber verweigert klare Auskunft darüber, wo das Geld herkommen soll. Merkel und Schäuble wissen, dass ein weiterer Schuldenschnitt unausweichlich geworden ist, und sie wissen, dass er den Bundeshaushalt belasten wird. Angela Merkel aber will diesen Offenbarungseid ihrer gescheiterten Euro-Politik um jeden Preis vor der Landtagswahl in Niedersachsen im Januar und vor der Bundestagswahl im kommenden September vermeiden.
Wir müssen die Ursachen der Krise, nicht nur ihre Symptome bekämpfen. Nur so können wir die Steuerzahler auf Dauer schützen und die Stabilität in Europa wiedergewinnen. Wir werden deshalb gemeinsam mit den Grünen unser Konzept zur Beendigung der Staatshaftung bei Bankenkrisen in den Bundestag einbringen. Der Vertrauensverlust im Euroraum ist vor allem auf eine Krise der Banken und der Finanzmärkte zurückzuführen. Um die seit 2008 verlorene Stabilität zurückzugewinnen, die Rezession zu überwinden und Staatsverschuldung zu senken, ist die Bändigung der Finanzmärkte unausweichlich. Wer Risiken eingeht, muss auch haften. Deshalb fordern wir ein europäisches Abwicklungsregime und eine europäische Abwicklungsbehörde für insolvente Banken sowie einen Bankenfonds, in den die Banken einzahlen und mit dem die Eigentümer der Banken, die von Gewinnen profitieren, in Zukunft auch selbst für die Kosten bei Restrukturierung und Rekapitalisierung aufkommen. Wir wollen verhindern, dass der mit dem Geld der Steuerzahler gespeiste Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) zur direkten oder indirekten Kapitalspritze für Banken in Schieflage wird.
Die SPD hat am vergangenen Wochenende – nach ernsthafter Diskussion – mit dem Beschluss des Rentenkonzepts ein klares Signal gegeben: Wir werden Altersarmut nicht hinnehmen. Zuerst und vor allem geht es darum, Erwerbsarmut zu bekämpfen, um Armut im Alter zu verhindern. Denn nur aus guten Löhnen werden gute Renten. Wer aber schon lange Jahre mit geringen Löhnen versichert war, soll nicht befürchten müssen, auf Sozialhilfeniveau zu fallen. Eine Solidarrente von 850 Euro wird mehr Leistungsgerechtigkeit für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bringen. Wer am Ende seines Erwerbslebens nicht mehr kann, soll auf faire und gesicherte Übergänge in den Ruhestand vertrauen können. Wir werden außerdem die Rentenberechnung in Ost und West bis 2020 angleichen.
Die SPD geht mit einem umfassenden Konzept in das Wahljahr 2013. Wir werden zum Thema machen, dass die schwarz-gelbe Koalition sämtliche ihrer rentenpolitischen Versprechen gebrochen hat: Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP hieß es: „Rente ist kein Almosen. Wer sein Leben lang hart gearbeitet hat, der hat auch einen Anspruch auf eine gute Rente.“ Herausgekommen ist ein zynischer Begriff. Was von Schwarz-Gelb als „Lebensleistungsrente“ verkauft wird, soll, so die Koalition, „knapp oberhalb der Grundsicherung“ liegen. Im Klartext: ein paar Euro drauf – ein Almosen eben. Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP hieß es auch: „Wir führen in dieser Legislaturperiode ein einheitliches Rentensystem in Ost und West ein.“ Die Rentenangleichung aber hat Angela Merkel beerdigt. Zuerst große Töne, dann überall Wortbruch – das ist die Bilanz schwarz-gelber Rentenpolitik.
Niemand soll glauben, die Koalition sei untätig. Zum schwarz-gelben Wahlgeschenke-Basar beim letzten Koalitionsausschuss gibt es diese Woche ein absurdes Nachspiel: Nach der „Herdprämie“ des Betreuungsgeldes soll jetzt der Putz-Gutschein kommen, sagt die Unionsfraktion. Das Betreuungsgeld soll jungen Müttern einen Anreiz geben zu Hause zu bleiben. Der Putz-Gutschein für Haushaltshilfen soll nun helfen, dass sie wieder arbeiten gehen. Die Familienpolitik der Koalition ist an Orientierungslosigkeit und Irrsinn nicht mehr zu überbieten. Unter dem Strich kommt immer die Verschwendung von Steuergeld heraus, das uns für Kitas und gute Schulen fehlt. Immerhin: Aus der CDU melden die Haushälter Kritik an, die FDP will die Putzprämie auch nicht und die Sprecher der Bundesministerien für Familie, Soziales und Finanzen dementieren. Schwarz-Gelb erfindet „liquid democracy“ neu. Dagegen ist die Meinungsbildung der Piratenpartei ein geordnetes Verfahren.
Erklären muss sich die CDU im Fall Jens Spahn. Einem Zeitungsbericht zufolge habe der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion seine vertraulichen Kenntnisse der Gesundheitspolitik gezielt benutzt, um sich privat wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Er habe lange Jahre Anteile an einer Lobbyisten-Agentur besessen. Hinzu komme, so der Bericht, dass Spahn seine Beteiligung an der Beratungsfirma über einen Treuhänder zu verschleiern versucht habe. Das sind schwer wiegende Vorwürfe. Die Unionsfraktion muss öffentlich darüber aufklären, ob ihr gesundheitspolitischer Sprecher sein Amt missbraucht hat. Wir werden in dieser Woche die Frage der Korruption im Gesundheitssystem im Plenum aufrufen.