Dirk Heidenblut (SPD):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Mehr Transparenz der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen“, so lautet der Titel des plakativen Antrags, der heute eingebracht wurde.
Ich denke, es ist gar keine Frage: Das System der Selbstverwaltung mit seiner enormen Verantwortung für fast 200 Milliarden Euro Versichertengelder – auch ich will hier nicht vergessen: einschließlich der Steuergelder – baut vor allen Dingen darauf, dass die Versicherten auf das Verantwortungsbewusstsein der Handelnden vertrauen dürfen und dass diese die Mittel im Bewusstsein der Verantwortung zielgerichtet, wirtschaftlich, sparsam und mit der gebotenen Effizienz gerade auch im Verwaltungshandeln – das ist hier ja häufig der strittige Punkt – verwenden. Immer wieder liest oder hört man, dass dies womöglich nicht geschieht – der Kollege Meier hat schon darauf hingewiesen – oder verbesserungsbedürftig ist. Meist sind es die Verwaltungen der Selbstverwaltung, die dabei in der Diskussion stehen. Es gibt aber auch konkrete Erkenntnisse – wie zuletzt bei der KBV –, dass etwa die Wirtschaftlichkeit und die erwartete zielgerichtete Verwendung nicht gegeben sind. Neben solchen konkreten Erkenntnissen oder zumindest begründeten Verdachtsmomenten gibt es auch so etwas – ich denke, das ist bei diesen Summen ganz klar – wie ein gesundes Misstrauen.
Das ist hier quasi systemimmanent. Umso mehr ist der Wunsch nach größtmöglicher Transparenz und einer darauf fußenden effektiven Aufsicht und Aufklärung von möglichen Problemen verständlich und – um das auch zu sagen – zunächst einmal durchaus berechtigt. Transparenz schafft Vertrauen, beseitigt vor allen Dingen das unwohle Bauchgrummeln und hilft nicht zuletzt, vor tatsächlichen Problemen zu schützen oder schnell zur Klärung von Sachverhalten beizutragen. Daher kann man nicht deutlich genug sagen: Die Forderung nach Transparenz – gerade in Bezug auf das Finanzgebaren aller Beteiligten – findet ganz sicher politische Zustimmung, muss aber eigentlich auch ein klares Anliegen der Selbstverwaltung sein.
Der von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung letztlich selbst aufgedeckte Fall belegt, dass das auch so ist. Strittig bei der Diskussion zu diesem Antrag kann aber sicherlich sein, wie tatsächlich mehr Transparenz geschaffen werden kann, nicht nur scheinbare Transparenz aufgrund einer völlig verwirrenden Informationsflut. Da haben wir im Gesundheitsbereich durchaus das eine oder andere Beispiel, wo am Ende für den Versicherten und auch den Betreuten keine Transparenz mehr vorhanden war. Natürlich ist auch die Frage, wie man die vorhandene Transparenz bewertet und deren Wirksamkeit einschätzt.
Dass Fehlverhalten offenkundig wird und letztlich zu Korrekturen führt, ist ein Zeichen dafür, dass wir hier keinesfalls über ein komplett intransparentes System reden. Das signalisiert erfreulicherweise auch der Antrag; denn „mehr Transparenz der Selbstverwaltung“ heißt ja: Es gibt bereits Transparenz im System. Die Diskussion über Transparenz sollte nicht als grundsätzliches Misstrauen in die durchaus gut aufgestellte Selbstverwaltung missdeutet werden. Die Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der Grünen, die diesem Antrag letztlich zugrundeliegt, macht deutlich – da muss ich Ihnen widersprechen –, dass die Aufsicht keineswegs blind ist. Alle Abschlüsse der Körperschaften werden extern von renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geprüft. Ergeben sich daraus Beanstandungen oder weiterer Prüfungsbedarf – das macht der zuletzt erkennbar gewordene Fall sehr deutlich –, werden ergänzende Prüfungen beauftragt, und es wird eine Klärung herbeigeführt. Diese kann natürlich eine gewisse Zeit dauern.
Das zuständige Ministerium reagiert ebenfalls in angemessener Form. Wie der Antragsteller aus der umfassenden und sehr detaillierten Antwort der Bundesregierung, die mehr als deutlich macht, wie ernst das Ministerium seine Aufsicht nimmt und wie klar die Erkenntnisse sind, schließen kann, dass die Bundesregierung an mehr Transparenz nicht interessiert sei, erschließt sich zumindest mir nicht wirklich. Der Hinweis, dass mehr Transparenz, also etwa die Offenlegung von Jahresabschlüssen, eine gesetzliche Regelung nicht entgegensteht, kann so kaum gedeutet werden. Vielmehr macht das zuständige Ministerium in seiner Antwort deutlich, wie gut die Erkenntnisse sind, wie damit umgegangen wird und dass die Bundesregierung die Aufgaben, die sich aus der schon lange bestehenden Transparenz ergeben, sehr ernst nimmt. Selbstherrlichkeit im Umfang mit Versichertengeldern – da sind wir absolut sicher – wird keinesfalls geduldet.
Es ist sicherlich auch richtig und im Sinne der Interessen der Versicherten, dass Transparenz nicht nur für die Körperschaften selbst, sondern auf jeden Fall auch für deren Beteiligungen gelten muss, soweit hier nicht unwesentlich Mittel der Körperschaft eingesetzt oder in Haftung genommen werden oder in Haftung genommen werden können, wobei sich hier, je nach Art der Beteiligung, zum Teil aus anderen gesetzlichen Regelungen schon Vorschriften ergeben können.
Wir haben ein gutes Gesundheitssystem, gerade auch wegen der Besonderheit der Selbstverwaltung. Aber wir haben auch dafür Sorge zu tragen, dass Mittel, die von Versicherten aufgebracht werden, nur insoweit erhoben werden, wie sie für das Gesundheitssystem tatsächlich nötig sind, und daher auch nur genau dort eingesetzt werden. Das schränkt den Spielraum für die Mittelverwendung ganz klar und deutlich ein. Es ist unsere Pflicht, immer wieder genau hinzuschauen, ob sich die Selbstverwaltung an diese Vorgabe hält. Wir werden uns im Ausschuss mit dem Antrag eingehend auseinandersetzen. Ob er letztlich tatsächlich ein Mehr an Transparenz ermöglicht, ob das dort Beschriebene dem wirklich gerecht wird und wie das im Verhältnis zu bestehenden Regelungen, aber auch zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen am Ende zu bewerten ist, das wird die weitere Diskussion zeigen.
Uns ist wichtig: Die, die am Ende die Kosten zu tragen haben, müssen neben allem nötigen Vertrauen in die Selbstverwaltung – ohne das geht es im Gesundheitssystem nicht – auch die Sicherheit haben, dass das bereitgestellte Geld dem richtigen Zweck dient. Wir als SPDFraktion und damit auch die Große Koalition setzen – das macht der Koalitionsvertrag mehr als deutlich – auf eine gute und fortschrittliche Weiterentwicklung des Gesundheitswesens.
Wir setzen auf Qualität und Transparenz und damit ganz klar auf eine ordnungsgemäße Mittelverwendung, die genau diesen Kriterien entspricht. Vielen Dank.