Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Am 17. Juni 2005 durfte ich für die SPD-Fraktion den Änderungsantrag zum Abgeordnetengesetz und damit die Transparenzvorschriften, über die wir heute sprechen, einbringen. Damals, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und FDP, waren Sie dagegen. Deshalb bitte ich Sie dringend: Erwecken Sie nicht den Eindruck, als ob Sie für noch mehr Transparenz, für noch mehr Stufen geworben hätten. Das Gegenteil ist und war der Fall.
(Beifall bei der SPD)
Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie seit der Peer-Steinbrück-Diskussion Ihre Position geändert haben.
(Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Sie auch!)
Seit wenigen Tagen vertreten Sie plötzlich die Auffassung, dass Sie dieses Stufenmodell, das Sie seit Beginn dieser Wahlperiode vor drei Jahren erbittert bekämpft haben, toll finden.
(Jörg van Essen [FDP]: Stimmt doch gar nicht!)
Ich nehme es zur Kenntnis; aber das ist eine Änderung Ihrer Position. Die Redlichkeit gebietet es, dies auch so zu sagen.
(Beifall bei der SPD)
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Es ist wichtig, ein Zweites festzuhalten. Wenn wir für Transparenz werben, dann muss eines klar sein: Transparenz muss für alle gelten. Was für den Abgeordneten Steinbrück gilt, das muss auch für den Abgeordneten Riesenhuber, für den Abgeordneten Glos und für den Abgeordneten Döring gelten. Erklären Sie bitte im Deutschen Bundestag, warum es für diese nicht gelten soll! Erklären Sie bitte, warum für den einen Extraregeln gelten sollen, für diese Personen aber nicht.
(Beifall bei der SPD)
Für die Juristen unter uns – ich sehe, dass der Kollege Grosse-Brömer schon gegangen ist –
(Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Er ist zum Ältestenrat!)
– ja, da gehen wir alle noch hin –, will ich Folgendes doch noch einmal sagen: Tun Sie bitte nicht so, als ob das Bundesverfassungsgericht sich gegen Transparenzregeln ausgesprochen hätte. Das Gegenteil ist der Fall. Ich will hier einmal die Gründe nennen, die zur Rechtskraft der vorhandenen Regelung und zu mehr Transparenz geführt haben. Das Bundesverfassungsgericht hat nicht nur gesagt: „Der Wähler muss wissen, wen er wählt“. Es hat auch gesagt: Es entspricht damit einem Grundanliegen demokratischer Willensbildung, Abgeordnete zu verpflichten, Angaben über Tätigkeiten neben dem Mandat zu machen, die auf Interessenverflechtungen und wirtschaftliche Abhängigkeiten hindeuten können. Weiter heißt es:
Das Interesse des Abgeordneten, Informationen aus
dieser Sphäre vertraulich behandelt zu sehen, ist gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erkennbarkeit möglicher Interessenverknüpfungen …
grundsätzlich nachrangig.
Es ist „nachrangig“. Deshalb sind die Transparenzvorschriften verfassungskonform. Deshalb unterstützt das Bundesverfassungsgericht die Vorschläge der SPD-Fraktion, endlich alles auf Heller und Cent offenzulegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das Bundesverfassungsgericht geht sogar noch einen Schritt weiter. Wenn wir weiterlesen – das sage ich den Kolleginnen und Kollegen, die ein Interesse an dem Thema haben –, stellen wir fest, dass darin sogar etwas über uns steht. Darin steht:
Auch Mit-Abgeordnete haben ein legitimes Interesse,
zu wissen, welchen Interessenverbindungen
ihre Kollegen unterliegen, weil dies für die Einschätzung,
nach welcher Richtung hin deren Argumente
besonders wachsamer Prüfung bedürfen, von
Bedeutung sein kann.
Es ist also nicht nur für die Wählerinnen und Wähler, sondern auch für uns von Bedeutung, diese Abhängigkeiten zu erkennen. Deshalb ist die Zeit reif für eine Offenlegung nach Heller und Cent.
(Beifall bei der SPD)
Ich will Ihnen, meine Damen und Herren, und insbesondere Herrn van Essen noch etwas zum Thema Selbstständige sagen. Ja, Sie haben recht: Wir haben hier zu wenig Selbstständige. Wir brauchen mehr Selbstständige.
(Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Dazu trägt diese Regelung aber nicht bei!)
Da bin ich ganz bei Ihnen. Leute wie ich, die Landesbeamte sind, die aus einem Ministerium kommen, haben es da besser. Eines ist aber auch klar: Niemand fordert ein Verbot von Nebentätigkeiten, wie wir es in anderen Ländern haben. Niemand! Wir sind immer der Auffassung gewesen, dass wir das in dieser Wahlperiode für die nächste Wahlperiode beschließen müssen, damit die Kandidaten sich darauf vorbereiten und einstellen können. Das war immer Konsens in diesem Hause, und das ist auch die Position der SPD.
Eines steht auch fest: Wenn es dazu kommt und jemand nicht bereit ist, die Nachrangigkeit seines wirtschaftlichen Eigeninteresses anzuerkennen, dann hat er noch andere Möglichkeiten.
(Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Da geht es auch um Interessenkonflikte!)
Zum Beispiel könnte sein Betrieb treuhänderisch weitergeführt werden usw. Es ist aber wichtig, dass wir das jetzt beschließen, damit das für die nächste Wahlperiode gelten kann.
Ein Letztes: Ich bitte Sie wirklich, jetzt den Weg dafür frei zu machen, dass die Einkünfte aus Nebentätigkeiten auf Euro und Cent offengelegt werden. Ich bitte Sie wirklich, den Weg frei zu machen für die Korruptionsbekämpfung. Die SPD-Fraktion hat einen Antrag zur Änderung von § 108 e Strafgesetzbuch eingebracht. Ich bitte Sie wirklich, den Weg frei zu machen für ein verbindliches Lobbyregister. Auch hierzu haben wir einen Antrag eingebracht. Auch dies ist bislang aufgrund Ihrer Blockade gescheitert. Ich bitte Sie schließlich auch darum, den Weg frei zu machen für eine Regelung für Externe in den Bundesministerien. Viermal zu blockieren ist wirklich zu viel des „Guten“. Ändern Sie Ihre Position, nicht nur im Lichte der Kandidatur von Peer Steinbrück, sondern zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger. Transparenz ist angesagt. Deshalb bitte ich um Zustimmung und Unterstützung für die Anträge der SPD.
Herzlichen Dank.