Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Tribüne! Ich freue mich, dass wir heute über dieses so wichtige Thema „Gesunde Ernährung für ein gutes Leben“ miteinander sprechen. Der Zeitpunkt könnte wirklich nicht besser gewählt werden: Weihnachten liegt hinter uns, und die Fastenzeit steht unmittelbar bevor. Zudem öffnet die Internationale Grüne Woche mit ihren verführerischen Produkten ihre Pforten. Passend dazu hat Herr Minister Schmidt den Ernährungsreport 2018 vorgelegt. Wir haben also viele gute Gründe, uns darüber zu freuen, dass die Ernährungs- und Verbraucherpolitik endlich einmal wieder im Mittelpunkt des Interesses steht.

Der Wunsch der Bürgerinnen und Bürger bei diesem Thema scheint eindeutig zu sein: Für die überwiegende Mehrheit der Befragten muss Essen schmecken und gesund sein. So steht es jedenfalls in der erwähnten Forsa-Studie. Liest man die Studie allerdings genauer, stößt man auf Hinweise, die diese Zahl durchaus infrage stellen; denn 49 Prozent der Befragten halten es für wichtig, dass Essen einfach und schnell zubereitet werden kann. Gleichzeitig ofenbart die Studie, dass der Verzehr von Obst und Gemüse rückläufg ist. Das können wir ändern, indem wir zum Beispiel die Bundesländer davon überzeugen, am Schulobst- und -gemüseprogramm der EU teilzunehmen. Leider beteiligen sich nur neun Bundesländer daran. Das ist wirklich schade; denn Studien zeigen, dass durch dieses Programm der Verzehr von Obst und Gemüse erhöht werden kann. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Sozialdemokraten wollen die Menschen davon überzeugen, sich gesund zu ernähren. Wir wollen nicht mit Verboten und moralischer Entrüstung arbeiten. Wir werden keine Zuckerpolizei einführen. Von mir aus kann jeder stark gesüßte Produkte essen und literweise gesüßte Limonade trinken. Das liegt im Ermessen eines jeden Einzelnen. Aber wir wollen die Menschen unterstützen, die sich gesund ernähren. Dazu braucht es gesunde Produkte und auch einfache Hinweise auf gesunde Produkte. Stichwort ist hier die Lebensmittelampel, an der ich unbeirrt festhalte. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Darüber hinaus fehlt uns nach wie vor eine zielgenaue Umsetzung der Reduktionsstrategie. Diese haben wir 2015 – Frau Connemann hat es gesagt – gemeinsam beschlossen. Mit gesünderen Lebensmittelrezepturen sollte Verbrauchern eine ausgewogene Ernährung erleichtert und ein Beitrag zum Kampf gegen ernährungsbedingte Krankheiten geleistet werden. Zucker-, Fett- und Salzgehalt sollten dazu schrittweise verringert werden. Eine gute Reduktionsstrategie ist nicht nur ein wichtiger Beitrag zu einer gesunden Ernährung – sie trägt letztlich auch dazu bei, Kosten zu reduzieren, die durch falsche Ernährungsmuster entstehen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Zahlen der Allgemeinen Ortskrankenkassen, die von einer jährlichen Belastung der Gesundheits- und Sozialsysteme in Höhe von 70 Milliarden Euro ausgehen. Dass Kosten durch gesündere Produkte gesenkt werden können, zeigt uns Großbritannien. Hier wurde der Salzgehalt in einigen Lebensmitteln reduziert. Die Folge war: Das Risiko der Bevölkerung für Schlaganfälle und Herzerkrankungen sank beträchtlich. Wir in Deutschland dagegen haben einen stetigen Anstieg der sogenannten Lebensstilkrankheiten zu verzeichnen. Leider musste meine Fraktion feststellen, dass das zuständige Ministerium die Umsetzung der Reduktionsstrategie, sagen wir einmal, mehr als zögerlich betreibt. Die im Mai und Juli 2017 vorgestellten Entwürfe sind meines Erachtens weichgespült. Es fehlen klare Zieldefnitionen zur Reduktion des Zucker-, Salz- und Fettgehalts, und es fehlt auch ein verbindlicher Zeitplan. Herr Minister, es wird Zeit, dass Sie endlich konkret werden. Legen Sie eine Strategie vor, die ihren Namen auch verdient. Ehrlich gesagt: Ihre Hinhaltetaktik nervt ein wenig, und das nicht nur bei diesem Thema. Aber wie sagten Sie so schön: So ist er halt, der Schmidt. Mit meiner Kritik an den vorgelegten Entwürfen stehe ich Gott sei Dank nicht alleine da. Die AOK, die Deutsche Diabetes Gesellschaft und die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten teilen meine Kritik und fordern den Minister auf, endlich zu reagieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Reduktionsstrategie ist für uns so etwas wie ein Paradigmenwechsel. Wir wollen nämlich nicht nur auf eine Verhaltensveränderung bei den Menschen setzen; wir sagen vielmehr deutlich, dass auch die Unternehmen für die Gesundheit der Menschen Verantwortung tragen. Mein Fazit lautet also: Gesunde Ernährung muss erleichtert werden, indem die angebotenen Produkte gesünder werden. Mit der Reduktionsstrategie ermuntern wir – man könnte auch sagen: zwingen wir – die Lebensmittelwirtschaft ein wenig, in diese Richtung zu gehen. Wir tun das, weil wir wissen: Freiwillig passiert da nicht allzu viel. Und weil das so ist, hat meine Fraktion in dieser Woche ein Positionspapier mit dem Titel „Gesunde Ernährung erleichtern“ beschlossen. Wir fordern bessere Lebensmittelrezepturen; denn uns liegt dieses Thema wirklich am Herzen. Die SPD-Bundestagsfraktion will verbindliche Ziele hinsichtlich der Festlegung der Reduktion des Zucker-, Salz- und Fettgehalts. Wir wollen Zielmarken für unterschiedliche Produktgruppen, die von unabhängigen Experten erarbeitet werden. Wir wollen einen verbindlichen Zeitplan zur Umsetzung der Ziele. Wir wollen eine gesetzliche Regelung für den Fall, dass sich Unternehmen nicht freiwillig an der nationalen Reduktionsstrategie beteiligen. Außerdem wollen wir eine wissenschaftliche Begleitung und eine transparente Evaluierung. Sehr geehrter Herr Minister, dass Sie in Ihrer Einleitung zum Ernährungsreport 2018 feststellen – ich zitiere –: „Wir müssen die Ernährungsbildung im Stundenplan fest verankern“, fnde ich ausgesprochen löblich. Nur: Bei schönen Worten alleine darf es nicht bleiben. Ich wünsche mir, dass Bund und Länder Ernährungsund Verbraucherbildung in Kindertagesstätten, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen einführen. Ich wünsche mir auch, dass Kinder und Jugendliche lebensnah den Ursprung des Essens und die Möglichkeiten der Zubereitung vermittelt bekommen. Das verstehe ich unter Ernährungs- und Verbraucherbildung. Damit diese Pläne schnell umgesetzt werden können, müssten wir das Kooperationsverbot kippen. Das wäre wirklich einmal eine mutige Entscheidung. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Wir Sozialdemokraten wären auf jeden Fall dazu bereit. Da ich sehe, dass meine Redezeit zu Ende geht, sage ich noch einmal, dass das Thema „Gesunde Ernährung“ ein wirklich wichtiges Thema ist und dass ich hoffe, dass dieses in etwaigen Koalitionsgesprächen eine gebührende Rolle spielt.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD)